Jens Spahn fühlt sich von Markus Lanz überrumpelt. Der CDU-Bundestagsabgeordnete wollte eigentlich zu seinen neuen Lieblingsthemen Klima und Energie sprechen, doch Lanz konfrontiert ihn plötzlich mit seiner alten Rolle als Gesundheitsminister. Eine gefühlte Ewigkeit lang löchert er ihn, stellt unangenehme Fragen. Und auch wenn – typisch Lanz – längst nicht die wichtigsten Fragen auf den Tisch kommen, so reicht es doch, um es für Spahn zu einem ungemütlichen Abend zu machen. Der Ex-Minister fühlt sich von Minute zu Minute unwohler, bis es aus ihm herausbricht: „Ich bin zur Energie-/Klima-Politik eingeladen worden! Hätten Sie mir vorher gesagt, dass wir darüber sprechen, hätte ich mich vorbereitet.“
Diese Fakten, diese Bilder sind es, zu denen Spahn plötzlich Stellung beziehen soll. Er versucht es lächelnd wegzustecken. Doch seine scheinbar gleichgültige Fassade wird immer mehr zur Maske, je länger der Abend dauert. „Als steuerzahlender Bürger dieses Landes“, sagt Lanz, „fragt man sich: Wer verhandelt da eigentlich?“ Das Bundesgesundheitsministerium habe 700 Mitarbeiter – Spahn korrigiert: „mittlerweile an die Tausend“ – und Lanz fährt fort in seiner Empörtheit: „Und dann werden Beratungsfirmen noch von außen hereingeholt. Für viel, viel Geld. Und dann kommen solche Deals dabei heraus, bei denen sich jemand 48 Millionen“ – Lanz zelebriert das Aussprechen der Zahl – „an Provisionen in die Tasche steckt!“
Der Name „TIB Molbiol“ fällt. Die Firma, die Millionen, wenn nicht Milliarden, mit dem PCR-Test machte. Sie gehörte Olfert Landt, Best-Buddy von Corona-Papst Christian Drosten. Landt verkaufte sie am Ende mit sattem Gewinn an Roche. Spahn behauptet, den Namen nicht einmal zu kennen. „Sie zitieren da irgendjemanden. Der Herr, wie heißt er noch?“, sagt Spahn allen Ernstes. Lanz lässt ihn damit davonkommen. Andere werden es vermutlich nicht tun.
So gibt die Sendung einen kleinen Ausblick darauf, was ein Jens Spahn zu befürchten hat, wenn er eines Tages wirklich einmal – vielleicht im Rahmen eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses – mit den wirklich harten Fragen konfrontiert werden sollte. Dann wird es weit über die Sinnhaftigkeit von Corona-Maßnahmen hinausgehen. Dann wird ein Satz wie „Ich habe keinen Zugang mehr zu den Unterlagen“ dem Ex-Minister nicht mehr helfen.
Dann nämlich wird die Frage zu klären sein, warum die Briefkastenfirma zweier CDU-Nachwuchsfunktionäre Masken für 410 Millionen Euro an das Gesundheitsministerium liefern konnte, warum das Ministerium weitere Masken für fast eine Milliarde Euro ausgerechnet bei jenem Lobbyisten kaufte, mit dem Jens Spahn verheiratet ist. Und warum eine weitere knappe Milliarde ausgerechnet an ein Logistikunternehmen aus der Heimatregion Spahns, die Firma Fiege, ging. Warum ausgerechnet bei diesem Vertrag das Ministerium auf sämtliche üblichen Liefer- und Qualitätsgarantien verzichtete, sogar Vorkasse leistete ohne Anspruch auf Rückzahlung im Falle der Nichterfüllung. Emix, Fiege, Simple Breath, fast jeder dieser Deals riecht irgendwie auffällig.
Und dann, die pikanteste Frage überhaupt: Warum sich ein Minister mit seinem Ministergehalt mitten in der schlimmsten und für einige Menschen lukrativsten Pandemie aller Zeiten eine Villa für mehr als vier Millionen Euro kaufen konnte.
Ziemlich viele Auffälligkeiten also, und ziemlich viele offene Fragen. Irgendwann wird sie jemand stellen. Härter als Lanz.