Von den bei den Berliner Silvester-Krawallen meist männlichen und jungen festgenommenen Tatverdächtigen sind rund zwei Drittel Ausländer, ein Drittel deutsche Staatsangehörige. Die Berliner CDU will nun wissen, welche Vornamen die deutschen Tatverdächtigen haben und gerät mit dieser Frage unter Verdacht des „Rassismus“.
Wie ein Kind heißt, hängt nicht von ihm ab: Sein Nachname ist nach deutschem Namensrecht durch den der Eltern, juristisch: „Sorgeberechtigten“, vorgegeben, und der Vorname wird von diesen gewählt. Diese Wahlfreiheit – grundsätzlich muss der Vorname nur „geschlechtseindeutig“ sein, ansonsten ist jeder Vorname jeder Sprache zulässig – führt aber nicht zu einer zufälligen Namenswahl. Vielmehr folgt die Vornamengebung in Deutschland bestimmten Tendenzen; der Vorname enthält deshalb auch indirekte Informationen über den Namensträger wie Alter, Religion, soziale Herkunft, Nationalität: Wer heute „Josef“ heißt, ist wahrscheinlich über 70 Jahre alt, ein „Franz“ katholisch, „Kevin“ stammt aus einfachen Verhältnissen und „Mehmet“ ist türkischstämmig.
Die eigentliche (datenschutzrechtlich aber vermutlich nicht zulässige) Frage, die hinter dieser Anfrage der Vornamen steht, lautet: „Wie haben die deutschen Tatverdächtigen ihre Staatsangehörigkeit erworben?“
Für die vor dem Jahr 2000 Geborenen gab es dazu nur zwei Möglichkeiten: durch Geburt (mindestens ein Elternteil ist Deutscher) oder durch Einbürgerung. Ab 2000 ist eine dritte Möglichkeit hinzugekommen, um – so die amtliche Begründung – die Integration der ausländischen Bevölkerung zu fördern: In Deutschland geborene Kinder von ausländischen Eltern, die hier länger als acht Jahre leben und eine unbeschränkte Aufenthaltsgenehmigung haben, erhalten automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit (unabhängig davon, ob sie zusätzlich noch eine andere besitzen).
Diese drei Gruppen von deutschen Staatsangehörigen unterscheiden sich deutlich in den Vornamen: Die Herkunftsdeutschen führen in Deutschland übliche Vornamen, die eingebürgerten Deutschen ausländische Vornamen, die sie in ihrem Geburtsland erhielten. Bei der dritten Gruppe, den Deutschen mit doppeltem Migrationshintergrund, schwankt die Vornamengebung: Manche Eltern bevorzugen deutsche Vornamen, andere solche ihrer Muttersprache (Statistiken hierzu gibt es nicht); bei mehreren Vornamen kann man beide Sprachen auch kombinieren: „Helmut Carlos“ bzw. „Carlos Helmut“.
Bei herkunftsdeutschen Eltern besteht aktuell die Tendenz, den nationalen Namensbezug überhaupt zu vermeiden und dem Kind einen international verbreiteten Vornamen zu geben: (englisch) „Henry“, (französisch) „Louis“, (italienisch) „Matteo“ u. Ä. 2021 gehörten Matteo und Louis deutschlandweit zu den zehn am häufigsten vergebenen männlichen Vornamen (die aber insgesamt nur 12 Prozent aller neugeborenen Jungen tragen). Auch in Berlin waren Matteo und Louis unter den Top 10, zusätzlich Henry; auf Platz 2 stand „Mohammed“ (zum Vergleich: in München Platz 55), ein typischer Migrantenvorname, den herkunftsdeutsche Eltern nicht vergeben.
Zurück zur Anfrage der Berliner CDU: Nehmen wir an, die Mehrzahl der 45 festgenommenen Deutschen hat keinen herkunftsdeutschen Vornamen, sondern einen migrantischen (Mohammed, Ali usw.). Dann folgt daraus, dass die deutschen Tatverdächtigen entweder eingebürgert wurden (bei unter 25-Jährigen weniger häufig) oder bei Geburt den deutschen Pass erhielten, weil ihre nichtdeutschen Eltern länger als acht Jahre in Deutschland lebten. Im letzteren Fall hat das ab 1. Januar 2000 geltende „Gesetz zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts“ seinen Integrationszweck verfehlt: Die neuen Mitbürger wurden „Passdeutsche“, welche die Vorteile der deutschen Staatsangehörigkeit nutzen, aber ansonsten den Staat nicht anerkennen und – in der Terminologie des Verfassungsschutzes – „delegitimieren“.