Tichys Einblick
Molotowcocktails gegen Polizisten

Die Räumung von Lützerath hat begonnen – wie es dazu kam

Der Aufmarsch der Klima-Besetzer in Lützerath ist nicht zuletzt auch ein Kampf der grünen Vorfeldorganisation um ihre Bedeutung, für die Organisationen wie für ihr Führungspersonal.

Erster Räumungstag im Ort Lützerath, 11.01.2023

IMAGO / Kirchner-Media

Die Räumung des von Klimaaktivisten besetzten Braunkohleorts Lützerath durch die Polizei hat begonnen. Die Polizei berichtet auf Twitter von Gewalttaten der Besetzer gegen die Beamten. Es werden demnach Molotow-Cocktail, Steine und Feuerwerkskörper auf die Polizisten geworfen.

— Polizei NRW AC (@Polizei_NRW_AC) January 10, 2023

Zur Erinnerung, wie es dazu kommen konnte, dass der Staat womöglich von Klimaextremisten, Möchtegernweltrettern, grüngefärbten Neomarxisten und Protesttouristen aus aller Welt vorgeführt wird: Die desaströse Wirtschafts- und Energiepolitik der Bundesregierung (Weigerung, den Bereich der Kernenergie auszubauen, und die Entscheidung, sich ab April auch noch vollständig aus der Kernenergie zu verabschieden) und der Mangel an Erdgas (und bald schon an Erdöl) führten zu einem seriösen Mangel an Energie, weil die Zufallsenergien, die wohltönend Erneuerbare genannt werden, den Energiebedarf des Landes nicht decken können. Robert Habeck behauptet, dass letztlich der fehlende Speicher für den Strom aus Erneuerbaren Energien der Wasserstoff sein wird. Grüner Wasserstoff soll durch Strom produziert werden, der in Spitzenzeiten an Wind und Sonne anfällt, um den Wasserstoff zur Stromproduktion zu nutzen, wenn zu wenig oder kein Strom mittels Windkraft oder Photovoltaik produziert werden kann. Doch um die Wassersoff-Utopie zu verwirklichen, also Gaskraftwerke und Gasnetz wasserstofffähig zu machen und entsprechende Elektrolysekapazitäten im In- und vor allem im Ausland wie in Namibia aufzubauen, wird Zeit benötigt. In dieser Übergangszeit soll die Braunkohleverstromung verstärkt werden. Habeck hat mit RWE den Kompromiss ausgehandelt, dass RWE mehr Braunkohle verstromen darf, aber dafür die Ausstieg aus der Kohleverstromung nicht erst 2038, sondern in NRW bereits 2030 erfolgen soll – auch um die grünen Vorfeldorganisationen wie Fridays for future oder Letzte Generation ruhig zu stellen. Den Kompromiss akzeptieren aber die Klimaextremisten nicht. 

Flugs wurde das längst verlassene Örtchen Lützerath mit wohlwollender medialer Unterstützung der öffentlich finanzierten Medien zum Symbolort für die große Klimaschlacht ausgerufen. 

Für Organisationen wie Friadys for Future und „Letzte Generation“, die durch die Regierungsübernahme durch die Grünen, eigentlich überflüssig geworden sind, stellt der Kampf um Lützerath eine wichtige Marketing-Aktion dar, um ihre Existenzberechtigung unter Beweis zu stellen. Lützerath ist nicht zuletzt also auch ein Kampf der grünen Vorfeldorganisation um ihre Bedeutung, für die Organisationen wie für ihr Führungspersonal von Luisa Neubauer bis Carla Reemtsma. Auch Politiker der woken Linken wie Janine Wissler zieht es nach Lützerath wie zu einem Jungbrunnen, an dem ihre dümpelnde Partei genesen könnte. Wissler und Neubauer eint der Antikapitalismus, der persönlich durch und durch kapitalistische Umgang mit dem Kapitalismus, denn wie sagte Neubauer: „Menschen, die sich mit der Klimafrage beschäftigen, stellen irgendwann auch die kapitalistische Wirtschaftsweise infrage.“  

Neubauer behauptete, dass für die „Energiesicherheit in der Krise es die Kohle unter Lützerath nicht“ brauche. Das würden unabhängige Gutachten zeigen, zitiert die Tagesschau diensteifrig Neubauer. Die Tagesschau verwies dabei auf die „Expertenberichte der Coal Research Group“ und auf Marcel Fratzschers Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung. 

Beide Institutionen als „unabhängig“ zu bezeichnen, stellt schon eine beeindruckende Phantasieleistung der ÖRR dar. Wie unabhängig das DIW ist, hat vor kurzem wieder Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt im DIW Berlin, unter Beweis gestellt, als sie schrieb: „Lützerath muss und darf nicht zerstört und abgebaggert werden, wenn die Klimaziele eingehalten werden sollen und die Energiewende wie geplant umgesetzt wird.“ Von jemandem, der sich so eindeutig festlegt, wird man kaum ein unabhängiges und objektives Gutachten erwarten dürfen. DIW-Chef Fratzscher hat übrigens am 3. Februar 2022 seine ökonomische Analysefähigkeit auf Twitter besonders eindrucksvoll unter Beweis gestellt, als er schrieb: Die #Inflation könnte bis Ende 2022 wieder auf das 2,0% Ziel sinken…“ Das haben wir alle erlebt. 

Dass auch der von der Tagesschau genannte Klimaforscher Stefan Rahmsdorf vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung sich gegen die Räumung von Lützerath ausspricht, überrascht ebensowenig.

Jedenfalls steht die Räumung von Lützerath nun unmittelbar bevor. Sowohl das Verwaltungsgericht Aachen als auch das Oberverwaltungsgericht NRW in Münster bestätigten das Betretungsverbot für Lützerath. Das Oberverwaltungsgericht stellte klar, was dem obersten deutschen Verfassungsschützer Thomas Haldenwang, der in einem anderen Zusammenhang den zivilen Ungehorsam der Letzten Generation als demokratisches Verhalten gelobt hatte, unbekannt zu sein scheint: nämlich dass sich die Besetzer von Lützerath nicht auf den „zivilen Ungehorsam“ berufen können. Denn, so das Gericht: „Das staatliche Gewaltmonopol als Grundpfeiler moderner Staatlichkeit ist einer Relativierung durch jegliche Formen des zivilen Ungehorsams grundsätzlich nicht zugänglich.“

Die Polizei hat inzwischen eine erste Barrikade weggeräumt und zwei Klimaextremisten von einer Art Hochsitz mit einer Hebebühne heruntergeholt. 300 Klimaextremisten haben eine Sitzblockade gebildet, bei der sich einige bis zu einem halben Meter tief eingegraben haben. Was die Polizei bei der Räumung erwartet, ist höchst unklar, denn es wurden auch Gasflaschen einbetoniert. 

Aus dem ganzen Bundesgebiet wurden Polizisten nach Lützerath beordert. Medienberichten zufolge haben sich rund 1000 Besetzer aus aller Welt in Lützerath verbarrikadiert. Bisher wird damit gerechnet, dass die Räumung am 12. Januar beginnt, doch es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Polizei bereits am Mittwoch, dem 11. Januar, mit der Räumung beginnt, um zu vermeiden, dass noch mehr Klimaextremisten in Lützerath eindringen oder der Bau von Fallen und Barrikaden weitergeht. 

Es steht zu befürchten, dass die Räumung zur Eskalation der Gewalt seitens der Besetzer führt. Und wie immer in solchen Lagen kann man sich durchaus fragen, warum der Steuerzahler den Polizeieinsatz bezahlen muss und nicht Besetzer und unterstützende Gruppierungen finanziell zur Verantwortung gezogen werden. 

Sollte es zur Eskalation kommen, tragen dafür neben den Tätern auch diejenigen eine Mitverantwortung, die mit ihrer Klima-Propaganda zu dieser Radikalisierung erheblich beigetragen haben. Man wird sehen, ob es den Besetzern gelingt, in Lützerath den Staat vorzuführen oder ihn nach den Worten des Verfassungsschutzpräsidenten Haldenwang zu „delegitimieren“. 


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