Tichys Einblick
Klima-Protest gegen Grüne in Düsseldorf

Die Grünen stecken in der Lützerath-Klemme

Die in Düsseldorf mitregierenden Grünen versuchen den Drahtseilakt: Sie müssen die Räumung von Lützerath gegen ihre eigene Klientel mittragen – und können nur Verständnis äußern und einfordern. Die Linke hat das Problem nicht und sucht den Schulterschluss mit den Klima-Radikalen.

Fridays for Future Demonstrant in München mit Plakat gegen die Grünen, 06.01.2023

IMAGO / aal.photo

Für die Grünen, vor allem die nordrhein-westfälischen, wird die Eskalation des Klima-Protests gegen den Braunkohletagebau in Lützerath immer unangenehmer. Aus Protest gegen die Haltung der Grünen zur Räumung hat ein Bündnis von Aktivisten am heutigen Dienstag 250 Kilo Braunkohle-Briketts vor der nordrhein-westfälischen Parteizentrale in Düsseldorf abgeladen. Wir wollten den Grünen den Spiegel vorhalten, dass sie nicht mehr die Partei der Klimaschützer sind, sondern die Kohle-Partei“, sagte ein Sprecher des Bündnisses am Dienstag laut Presseberichten. Es setzt sich zusammen aus diversen Organisationen, neben Klimaschützern auch soziale Initiativen“, wie dpa laut Presseberichten meldet. Vermutlich kann man darunter eher linke bis linksradikale Vereinigungen verstehen. Die Grünen sprechen laut dpa von 60 Demonstrierenden, die Initiatoren von bis zu 100. Ein Gesprächsangebot des Landesparteivorsitzenden Tim Achtermeyer sei nicht angenommen worden, die Grünen seien aber weiter dazu bereit, sagte ein Sprecher der Partei. 

Ampel fördert Radikalisierung:
In Lützerath heißt Grüne Randale ziviler Ungehorsam
Lützerath ist für die Grünen ein Drahtseilakt, bei dem sie gleichzeitig als Regierung handeln müssen, aber gleichzeitig weiter als politische Stimme des Klima-Aktivismus erscheinen wollen. Einerseits gehört die Protestbewegung zum Kern ihrer Wählerschaft und ist sozusagen die Avantgarde der Transformation, die sie Deutschland verordnet haben. Andererseits sind die Grünen unter Mona Neubaur in Nordrhein-Westfalen wieder Regierungspartei – und sie haben die Regelung explizit mitgetragen, die RWE das Abbaggern der Kohle unter dem längst evakuierten Ort Lützerath gestattet. 

Das Unwohlsein der Grünen mit der Situation ist spürbar in den jüngsten Aussagen der neuen NRW-Co-Vorsitzenden Yazgülü Zeybek, die die Klimaaktivisten zur friedlichen Aufgabe ihres Widerstands aufgefordert hat. Gewalt in jeglicher Form ist nicht akzeptabel“, sagte sie der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (Montagsausgabe). Aber gleichzeitig appelliert siean alle Seiten, deeskalierend zu wirken und eine geordnete Räumung möglich zu machen“. Das soll wohl heißen, dass man eben doch nicht ganz hinter den Polizisten steht, die sich auf einen robusten Einsatz vorbereiten, um das Recht durchzusetzen. Und: „Ich finde es bitter, dass Lützerath als letzte Siedlung im Rheinischen Revier noch geräumt werden muss“, sagte Zeybek. „Das haben sich die Grünen weder gewünscht noch ausgesucht.“ Doch die Rechtslage sei „klar und längst ausgeurteilt“.

Der Kohlewiedereinstieg
Früher Windräder gebaut – jetzt Kohlekraftwerker
Ganz ähnlich musste auch Grünen-Bundeschef Omid Nouripour am Dienstagmorgen im ZDF-Morgenmagazin beschwichtigen: Der Streit sei „ausgeurteilt durch alle Instanzen“ und der Energiekonzern RWE habe einen Rechtsanspruch auf das Abbaggern der unter Lützerath liegenden Kohle, sagte Nouripour. Und seine Vorsitz-Kollegin Ricarda Lang erklärte: „Trotzdem habe ich Verständnis für Menschen, die jetzt dort demonstrieren, für Frust und vor allem auch für Druck für mehr Klimaschutz“, sagte Lang am Montag am Rande einer Klausur des Bundesvorstandes der Partei in Berlin. Ganz so wie ihre NRW-Parteifreundin forderte sie die „Deeskalation aller Beteiligten“ bei den Protesten. Als ob die regierenden Grünen nicht selbst beteiligt wären!

Die Grünen geraten durch den Lützerath-Konflikt in die Rolle des Zauberlehrlings, der die Geister nicht mehr los wird, die er rief – und die ihm schließlich selbst gefährlich werden. Auf den Protest-Plakaten in Düsseldorf stand unter anderem: „Im Wahlkampf den Klimaschutz plakatieren. Nach der Wahl mit RWE paktieren!“ und „Das ist keine Anpassung an neue Gegebenheiten. Das ist Wahlbetrug“. Mit einem Holzkreuz wurden symbolisch „Grüne Ideale“ zu Grabe getragen.

Die Linke in NRW kann es sich da als Nichtregierungspartei einfacher machen und schlägt sich ganz und gar auf die Seite der Besetzer. Mit Argumenten, die ebenso fanatisch wie unglaubwürdig sind: „Zahlreiche Gutachten belegen, dass der weitere Braunkohleabbau nicht nur die Überschreitung der 1,5 Grad-Grenze bedeutet, sondern auch das Zwei-Grad-Ziel des Pariser Abkommens und den Artikel 20a des Grundgesetzes verletzt“, schreiben Parteivorstandsmitglied Didem Aydurmus und NRW-Landessprecher Sascha Wagner in einer gemeinsamen Erklärung, in der sie sogar die Polizei auffordern, „sich nicht zu Handlanger*innen der Zerstörung zu machen“.

(mit Material von dts)


Die mobile Version verlassen