Der Präsident des Deutschen Bundestags ist nach Protokoll die Nummer 2 im Lande – noch vor dem Bundeskanzler. Gerade weil die Bundestagspräsidenten sich traditionell eher als Dompteure des Parlaments, denn als Meinungsmacher oder gar Regierungsmitglieder sehen, haben sie sich zwar auch pointiert zur Tagespolitik geäußert, jedoch dabei stets einen zurückhaltenden Stil gewahrt.
„Machen wir uns nichts vor: Wenn wir jetzt neue Brennstäbe kaufen würden, laufen die alten Kernkraftwerke womöglich noch 20 Jahre“, sagte sie gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung. Das ist ein auf vielen Ebenen entlarvender Satz. Es geht ihr also nicht vorrangig um die Energiesicherheit Deutschlands, sondern darum, die Kernkraft loszuwerden. Bas scheut auch nicht davor zurück, zu sagen, dass die Risiken „zu hoch“ seien, wie die „Massiven Probleme in Frankreich“ zeigten.
Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Deutschland steckt an der französischen Steckdose und könnte ohne Stromimporte wohl den Industriestandort morgen dichtmachen. Aber nach Ansicht von Bas ist das nicht etwa die Schuld der verkorksten deutschen Energiewende, sondern des französischen Zulieferers. Nicht die stehenden Windräder und nutzlos daliegenden Solaranlagen im Winter sind das Problem, sondern wenn der Franzose es versäumt zu liefern. Dass die Blackout-Debatten prioritär in Deutschland und nicht in Frankreich stattfinden, kann man da leicht vergessen.
Die Antwort der SPD-Politikerin lautet erwartungsgemäß: mehr Solaranlagen und Windräder. Wie Bas diese Forderung erhebt, ist allerdings bezeichnend. „Wir sollten es definitiv bei der letzten Verlängerung bis April 2023 belassen, diese Debatte beenden und den Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigen.“ Die Energiewende sei viel zu lange blockiert worden, „weil wir uns auf Putins billiges Gas und Öl verlassen haben“, beklagte Bas und mahnte: „Ein Festhalten an der Atomkraft würde die notwendige Transformation erneut ausbremsen.“
Bas zeigt sich in diesem Interview ihres Amtes als Bundestagspräsidentin unwürdig: Der Bundestag, dem sie vorsitzt, ist wie jedes demokratische Parlament der zentrale Ort der politische Debatten. Sie dagegen will eine zentrale Debatte im Interesse der Exekutive beenden. Statt diese Aufgabe des Parlamentes zu betonen, sucht sie das Rampenlicht, um ihrer eigenen Partei im Kleinkrieg mit dem Koalitionspartner FDP beizuspringen. Sie zeigt sich auch als Demagogin, die sich keiner falschen Ausrede zu schade ist, um ihren ideologischen Kurs zu untermauern.
Die Sozialdemokratin macht damit klar: wie schon im Vorjahr ist die Hintertreibung der Beschaffung neuer Brennstäbe von ihrer Partei politisch so gewollt. Dass sie damit das zweithöchste Amt der Republik beschädigt, sollte niemanden verwundern. Sie hat von ihrem Parteikollegen Frank-Walter Steinmeier gelernt, wie man solche Institutionen zugunsten von Parteiinteressen fröhlich abreißt. Was ist schon die politische Integrität wert, wenn die Partei am Ende verliert?