Obwohl er einen der größten Medienkonzerne weltweit leitet, kommt jeder Ärztepräsident öfter in Medien vor als Norbert Himmler. Mal beantwortet der eine kritische Frage nicht, dann wehrt er sich gegen die Fusion des ZDF mit der ARD. Was nachvollziehbar ist, schließlich würde der Intendant dann wieder zum Abteilungsleiter degradiert. Ansonsten lehnt Himmler noch kritische Fragen ab und gibt dafür selbst Jubel-Pressemitteilungen raus, deren Worte so schön umständlich und selbstverliebt sind, dass sie 1988 in Ost-Berlin als Parole an einer Wand hätten hängen können:
„Das Publikum schätzt unsere Angebote auf allen Ausspielwegen. Das bestärkt uns darin, mit allem Engagement unser Ziel weiter zu verfolgen: Ein ZDF für alle Menschen in Deutschland. Mit einem Programm, das mit anspruchsvoller Unterhaltung ebenso punktet wie mit unabhängiger Information.“ Berührend. Gänsehaut. Erich Krenz hätte es nicht besser formulieren können.
Dann zählt Himmler vieles auf, was ihm wichtig ist – und natürlich total erfolgreich: ZDFneo, der Heimatsender der Schwarzwaldklinik-Wiederholungen, oder die ZDF-Mediathek. Die soll übrigens nicht mit der ARD-Mediathek zusammengelegt werden. Nachvollziehbar. Denn dann wäre wieder eine Abteilungsleiter-Stelle weg – und darum geht es schließlich im öffentlich-rechtlichen Fernsehen.
Dessen Nachrichten genießen hohes Vertrauen, formuliert Norbert „Generalsekretär“ Himmler: „Bei der Frage nach der Glaubwürdigkeit der Fernsehnachrichten rangiert das ZDF laut einer Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen von November 2022 gemeinsam mit der ARD unangefochten an der Spitze. Entsprechend hoch ist die Akzeptanz beim Publikum.“ Wozu Himmler schweigt: Die Umfrage fand im Auftrag des ZDF statt. Nichts soll den Glanz trüben, der auf den Herren vom Lerchenberg niederkommt.
Fußball erwähnt Himmler auch noch, die Weltmeisterschaft, tolle Zahlen. Jetzt nicht im Vergleich zu den Zahlen früherer Weltmeisterschaften. Aber die verschweigt der Intendant daher lieber gleich. Kritik und so… Auch lässt Himmler weg, wie viel an Gebühren das ZDF der Fifa für dieses Vergnügen bezahlt hat. Genau jener Fifa, die seine Leute dann während des Turniers als so wenig vertrauenswürdig dargestellt haben, dass seriöse Menschen keine Geschäfte mit ihr machen würden. Das ZDF hat sein Geld indes gerne der Fifa gegeben. Gut, es ist das Geld der Gebührenzahler. Aber den Unterschied macht auf dem Lerchenberg schon längst keiner mehr.
Fußball, Filme, Shows, Nachrichten – alles kommt in Himmlers Jahresrückblick vor. Nur einer nicht. Das prominenteste Gesicht des ZDF. Der Mann, der mit „Sche…aufen“ und „Ziege…cker“ das zweitklassige Sprachniveau des Lerchenbergs vorgibt. Jan „Wenn es zu viel Ärger gibt, war’s halt Satire“, ihr „Sche…aufen“ Böhmermann. Dem woken Vordenker der Cancel Culture, der das TV-Verbot von Virologen fordert – die dann wenige Monate später zum Berater der Bundesregierung werden.
Himmler verteidigt Böhmermann. Nicht, indem er sich vor ihn stellt. In all seinen Selbst-Beweihräucherungen erwähnt der Intendant seine Chef-Fäkalienschleuder nicht einmal. Dafür ist Himmler zu sehr TV-Apparatschik: mausgrau bleiben, immer lächeln und bloß nicht auffallen, außer an der richtigen Stelle gegenüber dem richtigen Entscheidungsträger. Mit wohl studierter Selbstbeweihräucherung. Die Konsequenz ist, dass Jan Böhmermann weiter die öffentlich-rechtliche Bühne betreten darf, um deren Finanziers zu beleidigen. Himmler wird ihn nicht stoppen.
Mit Durchgreifen ist es wie mit dem Beantworten kritischer Fragen: Es fördert die Karriere nicht. Dann lieber noch ein Paar „Rosamunde Pilcher“ in Auftrag geben, das vorm Fernseher verbliebene Publikum vor bunter Kulisse weitersiechen lassen und dank deren Treue die nächste Jubelmeldung in Auftrag geben. Ohne zu erwähnen, dass nicht mal jeder Zehnte jünger als 50 Jahre ist, der sich diesen Müll anschaut. Das wäre Kritik. Und die kommt einem Norbert Himmler nicht unter.