Gern wird die Mär kolportiert, dass wir aufatmen können, weil die Rezession, wenn überhaupt, Deutschland nur touchieren wird. Doch schaut man in die einzelnen Bereiche der Wirtschaft, stellt man sich die Frage, worauf sich diese Hoffnung gründet. So wird Deutschlands drittgrößte Industriebranche, die chemische Industrie, im Jahr 2022 um sechs Prozent geschrumpft sein. Eine Mitgliederbefragung im Verband offenbart eine erschreckende Perspektive, denn fast 40 Prozent der Firmen drosseln die Produktion oder planen die Senkung der Produktion, um Energie und große Verluste zu sparen. Auch die Bauwirtschaft schrumpft, rosig sieht die Zeit auch nicht für die metallverarbeitende Industrie und für die Stahlbranche aus. Vor allem machen die hohen Energiepreise Deutschland zu schaffen.
Den Zusammenbruch der logistischen Infrastruktur kann jeder beim Reisen bewundern. Wenn im Januar das freiwillige Erdölembargo durch die Bundesrepublik erfolgt, ist bis zur Stunde noch unklar, woher das Erdöl für Schwedt kommen soll, denn, sobald man genauer hinhört, es erweisen sich die Lösungen noch als Absichtserklärungen.
Nun hat die Deutsche Bundesbank die ohnehin zu optimistische Prognose für die Inflation 2023 korrigieren müssen. Hatte die Bundesbank im Juni für den November eine Inflation von 7 Prozent prognostiziert, lag sie bei 10 Prozent. Im Monatsbericht der Bundesbank, der gestern veröffentlicht wurde, heißt es: „Die Inflationsrate dürfte vorerst sehr hoch bleiben.“ Im Jahresdurchschnitt lag die Inflation 2022 bei 8,5 Prozent. Für das nächste Jahr geht die Bundesbank von einem Jahresdurchschnitt von 7 Prozent aus. Als Inflationstreiber machte die Bundesbank steigende Lohnkosten aus.
Das Statistische Bundesamt stellte fest, dass die Erzeugerpreise um 3,9 Prozent gesunken seien, weil die Preise für Erdgas und elektrischen Strom zurückgegangen sind. Doch ist das eher eine Momentaufnahme, denn Erdgas kostete im November 2022 92,6 Prozent mehr als im November 2021. Nicht zu unterschätzen ist, dass die Preise für Wiederverkäufer um 100,1 Prozent und für Handel und Gewerbe sogar um 114 Prozent gestiegen sind im Vergleich zum November 2021. Die Stromkosten hatten sich im Vergleich zum November 2021 um 74,9 Prozent erhöht. Rechnet man die Energie heraus, dann übertrafen die Erzeugerpreise im November 2022 die vom November 2021 um 12,7 Prozent.
Die Teuerung bei Nahrungsmitteln wird 2022 bei 20 Prozent liegen. Die Bundesbank geht in ihrer Prognose davon aus, dass die Inflationsrate bei Nahrungsmitteln im Jahr 2023 bei 11 Prozent liegen wird, im Vergleich dazu lag sie 2021 bei 4 Prozent.
Wenn die Bundesbank einschätzt, dass neben den steigenden Lohnkosten weiterhin die Energiekosten ein Inflationstreiber bleiben, legt sie den Finger in die Wunde, weshalb die Prognosen mit Vorsicht zu genießen sind. Was euphemistisch Kampf gegen den Klimawandel genannt wird, sind im Grunde die enormen Kosten, die durch die große Transformation verursacht werden. Zum einen versucht die Regierung, die Explosion der Energiekosten durch Subventionen, durch eine Rekordverschuldung zu bremsen; zum anderen wird, selbst wenn man den grünen Träumen der neuen, schönen Wasserstoffwelt glaubt – und es besteht dafür nicht der geringste Grund – sowohl 2023 als auch 2024 mit einem Anstieg der Energiekosten und der Kosten für Erdöl zu rechnen sein. Allein der Verzicht auf die Pipelines und die Umstellung, von Tankern beliefert zu werden, wird zu einer heftigen Kostensteigerung führen. LNG-Gas ist teurer als Erdgas, aber auch die Preise für Tanker sprengen jede Dimension. Die Hoffnung, dass die Rezession um Deutschland einen Bogen macht, basiert auf den erwünschten Wirkungen von Wumms und Doppelwumms, die aber lediglich zu teuer Zeit kaufen.
Die Regierung hat für ihr Handeln das Prinzip Hoffnung zugrunde gelegt, sie glaubt, dass sie nur eine gewisse Zeit irgendwie durchhalten muss, bis die große Transformation die von ihr halluzinierten Früchte zeigt. Das Problem aller Prognosen besteht in der Fragilität der Verhältnisse, die bestimmt werden durch die stattfindende Neuordnung der Welt. Das eigentliche Problem ist kein wirtschaftliches, sondern ein politisches.