Tichys Einblick
Verstoß gegen die Marktgesetze

Der EU-Gaspreisdeckel kommt: Brüssel glaubt nicht an den freien Markt

Die Idee hinter dem Gaspreisdeckel lautet, dass sich alle EU-Staaten auf einen Höchstpreis für den Einkauf von Gas festlegen und sich nicht gegenseitig überbieten. Er wird allen Bürgern Europas auf die Füße fallen, weil er gegen die Gesetze des Marktes verstößt.

Olaf Scholz beim EU-Gipfel in Brüssel, 15.12.2022

IMAGO / Le Pictorium

Der EU-Gipfel am Donnerstag hat wenig überraschend den europäischen Gaspreisdeckel gebracht. Für den Gaspreisdeckel haben sich vor allem Griechenland, Belgien, Polen und Italien engagiert. Die Idee hinter dem Deckel lautet, dass sich alle EU-Staaten auf einen Höchstpreis für den Einkauf von Gas festlegen und sich nicht gegenseitig überbieten.

Auf den ersten Blick sieht das Ganze wie ein Akt der Gerechtigkeit und der Fairness aus, denn Deutschland kann andere Preise bezahlen als Italien. Kann Deutschland das wirklich? Italien bekommt 200 Milliarden Euro aus dem 750 Milliarden Topf „Next Generation EU“, für den Deutschland mithaftet. Man könnte auch fragen, wie weit her es eigentlich mit Gerechtigkeit und Fairness in der EU ist?

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Da aber moralische Fragestellungen keine wirtschaftliche Frage beantworten, zeigt sich bei Licht besehen, dass die EU einen dreisten Markteingriff vorhat, zudem in einem Markt, den sie nicht einmal ansatzweise zu beherrschen oder zu regulieren vermag, denn der Markt wird immer noch beherrscht von dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage. Die größten Gas-Importeure der Welt sind Europa, China, Japan und Südkorea, die größten Exporteure: USA, Katar, Australien und Russland, das allerdings wegen der Sanktionen zum Sonderfall wird. Russland hat jedoch das Gas-Embargo durch die Sanktionen und die gesprengten Leitungen nicht geschadet, ganz im Gegensatz zu Deutschland.

Doch ganz davon abgesehen gestaltet sich die Situation brutal einfach: Was Europa nicht kauft, kauft Asien, was Asien nicht kauft, kauft Europa. Die USA, Katar und Australien können sich also aussuchen, wem sie zu welchem Angebot ihr Gas liefern. Vorsorglich hat das amerikanische Intercontinental Exchange (ICE), das die Gas-Börse TTF in den Niederlanden betreibt, schon einmal mitgeteilt, dass es die Niederlande verlassen wird, wenn der Gaspreisdeckel kommt.

Und er wird kommen. Die EU behauptet, dass sie langfristige Verträge mit zuverlässigen Partnern schließen möchte. Der Gaspreisdeckel wird jedoch kaum die Bereitschaft zuverlässiger Partner vergrößern, langfristige Verträge mit der EU einzugehen. Wenn man bedenkt, dass die EU 40 Prozent des Erdgases aus Russland bezog und dieses Volumen durch Importe aus Katar, den USA oder Australien ersetzt werden muss, dann wird deutlich, wie abenteuerlich die Idee des Gaspreisdeckels ist.

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Norwegens Premierminister Jonas Gahr Store hat im Interview mit der WELT festgestellt, dass Norwegen in naher Zukunft „nicht noch mehr Gas exportiert“. Zudem äußerte er sich kritisch zum Gaspreisdeckel: „Ich habe volles Verständnis dafür, dass die europäischen Länder nach Möglichkeiten zur Marktregulierung suchen, um die Preise zu senken und die Volatilität zu verringern. Aber wir müssen aufpassen, kein System zu erschaffen, das die Nachfrage nach einer Ressource erhöht, von der weniger verfügbar ist als zuvor. Das könnte die Energiesicherheit gefährden, statt sie zu schützen.“ Explizit wies er darauf hin: „Nicht ich als Regierungschef fördere das Gas, es sind die Unternehmen, die Lizenzen auf dem norwegischen Schelf erhalten haben.“

Der Gaspreisdeckel kann auch ohne Deutschlands Zustimmung kommen, weil für diesen Beschluss eine qualifizierte Mehrheit ausreicht. Obwohl Deutschland bisher den Gaspreisdeckel abgelehnt hat, erklärt Olaf Scholz nun: „Der Preisdeckel wird so hoch sein, dass ich hoffe, dass er niemals relevant wird.“ Angeblich ist von einer Preisgrenze zwischen 160 bis 220 Euro pro Megawattstunde im Gespräch. Deutschland präferiere einen Wert von 180 Euro je Megawattstunde.

Am Montag jedenfalls werden die europäischen Energieminister klären, wie hoch der Deckel sein wird. Man wird sehen, welcher Marge Robert Habeck zustimmt. Für die deutsche Wirtschaft und für die deutschen Bürger wird es in jedem Fall ein schwarzer Tag, einer von vielen, die wir bereits erlebten und die wir noch erleben werden.

Man könnte es als erstaunlich empfinden, dass ausgerechnet deutsche Politiker wie Ursula von der Leyen am robustesten gegen deutsche Interessen vorgehen, doch die Wahrheit lautet, dass die Interessen der deutschen Bürger, der deutschen Familien nicht einmal mehr von der deutschen Politik vertreten werden. Doch der Gaspreisdeckel wird allen Bürgern Europas auf die Füße fallen, weil er gegen die Gesetze des Marktes verstößt.

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