Tichys Einblick
Dänemark rückt nach rechts

Neue dänische Regierung schlägt Asylzentren außerhalb der EU vor

Statt einer erneuten linken Tolerierung hat sich Mette Frederiksen für ein Bündnis mit zwei rechtsliberalen Parteien entschieden. Ihre entschiedene Ausländer- und Immigrationspolitik kann sie so fortsetzen. Die neue Regierung in Schweden ermutigt die Dänen darin, von den Nachbarn im Süden mehr zu fordern.

Jakob Ellemann-Jensen, Vorsitzender der Liberalen (Venstre), Mette Frederiksen, Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei, und der Vorsitzende der Moderaten Lars Løkke Rasmussen, Pressekonferenz in Marienborg in Dänemark am 14. Dezember 2022

IMAGO / Xinhua

Rot und Blau waren lange Gegensätze in Dänemark. Nun sollen sie in einer Regierung koexistieren. In Dänemark kann die Sozialdemokratin Mette Frederiksen nach leichten Gewinnen bei den Wahlen vom 1. November weiterregieren. Sie hat nun allerdings eine formelle Koalition geschlossen, die entgegen dänischem Brauch die Links-Rechts-Kluft überspannt. Einige Punkte im neuen Regierungsprogramm seien „klassisch rote, andere klassische blaue Politik“, sagte Frederiksen bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags.

Hilfreich dürften die neu gegründeten „Moderaterna“ des ehemaligen Premierministers Lars Løkke Rasmussen gewesen sein, die sich genau in der ‚Mitte‘ des alten Parteiensystems niederließen. Aus deutscher Sicht greifen freilich alle drei Parteien von der Mitte aus tief ins rechte Spektrum aus. Denn in der Fortsetzung der strikten Null-Zuwanderungspolitik der dänischen Sozialdemokraten dürften sich alle drei einig sein. Rasmussen war vorher Mitglied der liberal-konservativen Venstre-Partei gewesen. Sie ist mit ihrem Vorsitzenden Jakob Ellemann-Jensen der dritte Partner der neuen Koalition. Übrigens spricht es sehr für die Fairness der Dänen, dass die Venstre-Liberalen sofort mit ihrer eigenen Abspaltung koalieren und nicht etwa Strafmaßnahmen bevorzugen.

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Die nationalkonservative Dansk Folkeparti, einst eine der großen Parteien, wurde auf 2,6 Prozent und fünf Abgeordnete reduziert. Sie wurde quasi durch die neu gegründeten Dänemarkdemokraten (Danmarksdemokraterna) von Inger Støjberg ersetzt, die mit 8,1 Prozent aus dem Stand zur fünftgrößten Fraktion wurden. Der Name der neuen Partei erinnert an die Schwedendemokraten im Nachbarland. Støjberg war ebenfalls einmal Venstre-Mitglied und Integrationsministerin unter Lars Løkke Rasmussen, in welcher Rolle sie durch eine Vielzahl von Gesetzesverschärfungen bekannt wurde.

Wegen eines Amtsvergehens musste sie sich letztes Jahr vor dem Reichsgericht verantworten und wurde zu 60 Tage Haft verurteilt. Sie hatte minderjährige Ehefrauen getrennt von ihren Ehemännern untergebracht. Nun steht sie mit ihrer neuen Partei für EU-Skepsis, weniger Bürokratie, eine Balance von Umweltschutz, Wirtschafts- und Landwirtschaftspolitik sowie eine Migrationspolitik, die sicherstellt, dass das freiheitliche Fundament der dänischen Gesellschaft nicht zerstört wird.

Vereinbart: Steuersenkungen und ein weiterer Umbau des Asylsystems

Insofern ist das eindeutig rechte Lager zwar durch die Novemberwahl geschrumpft, aber es bleibt als Stimme im Parlament erhalten, während zwei Mitte-rechts-Parteien Teil der Regierung werden. Theoretisch wäre sogar die Fortführung der von linken Parteien gestützten Minderheitsregierung der Sozialdemokraten denkbar gewesen. Doch diese (vielleicht wacklige) Möglichkeit schlug Frederiksen aus. Nun hat sie sich auch schon auf Steuersenkungen mit den beiden rechtsliberalen Koalitionspartnern geeinigt. Dafür verzichten die darauf, Frederiksen einem parlamentarischen Reichsgerichtsverfahren zu unterziehen, weil sie im Zuge der Corona-Pandemie die dänische Nerzindustrie keulte. Millionen Tiere wurden aus Furcht vor Infektionen getötet, wobei Frederiksen „irreführende Informationen“ verbreitet habe. Aber Geschichte wird von den Siegern geschrieben, und eine regierende Wahlsiegerin kommt nicht so leicht vor Gericht, zumindest nicht vor ein politisches.

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Verdanken tut Frederiksen ihren Sieg sicher zum Teil ihrer erfolgreichen Ausländerpolitik, die auch im Innern voranschreitet mit dem Rückbau problematischer Siedlungen nach dem dänischen Anti-Ghetto-Gesetz. In Dänemark gab es im letzten Jahr 2.099 Asylanträge, eine deutliche Steigerung gegenüber dem Tiefstand 1.515 von 2020. Beide Zahlen stehen aber in keinem Verhältnis zu den Antragszahlen in Deutschland, die um ein Vielfaches höher liegen, ob absolut oder relativ zur Bevölkerung betrachtet. Die neue dänische Regierung schlägt vor, Asylzentren außerhalb der EU zu errichten, um den Zuzug wirksamer zu kontrollieren. Auch die neue schwedische Regierung ermutigt die Dänen hier zu einem erneuten Überzeugungsversuch.

Das eigene dänische Asylsystem wird im Koalitionsvertrag als „unmenschlich und dysfunktional“ bezeichnet. Jedenfalls will auch die neue dänische Regierung den Rahmen der „internationalen Konventionen“ und der EU-Verpflichtungen Dänemarks voll ausschöpfen, um den „Zufluss von Flüchtlingen und Migranten“ zu verringern, von denen viele kein Recht auf Schutz hätten.

Dänemark müsse „grundlegend zur Bekämpfung der Ursachen von Migration und Flucht beitragen“. Neben der Klimapolitik soll vor allem eine nachhaltige ökonomische Entwicklung in Afrika hier Dienste leisten. Was sich etwas nach protestantischer Selbstkasteiung anhört, wäre vielleicht auch für deutsche Migrationspolitiker ein sinnvoller Denkansatz: Mit der dänischen Methode könnte man auch hierzulande das Sterben auf dem Mittelmeer, Arbeits- und Perspektivlosigkeit sowie Kriminalität in Deutschland auf einen Schlag bekämpfen.

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