Die Energiekrise stellt die deutsche Süßwarenindustrie vor unüberwindbar scheinende Hürden. Die Kostensteigerungen haben Bäcker wie Konditoren schon in die Knie gezwungen. Nun sieht es auch für mittelständische Industrien wie die Aachener Marke Lambertz – dem weltgrößten Hersteller für Saisongebäck wie zum Beispiel Lebkuchen oder Printen – düster aus.
Im Gespräch mit der Welt erklärt Inhaber Hermann Bühlbecker, dass viele US-Lebensmittelhändler die durch Energie- und Rohstoffkosten stark gestiegenen Preise von Lambertz nicht akzeptieren wollen. Sie akzeptierten diese „allenfalls zur Hälfte“. Die „German Cookies“ hätten sich in den USA ihren Platz erkämpft – und drohten diesen nun zu verlieren. Die USA gehörten laut Bühlbecker mit einem Exportumsatz im mittleren zweistelligen Millionenbereich zu den wichtigsten Märkten.
Teilweise kosteten die Backzutaten mittlerweile das Doppelte. Verpackungsmaterial, Logistik und Personal hätten sich drastisch verteuert. Vor allem die Energiekosten machten der Firma zu schaffen. Lambertz befeuert 28 Backstraßen in acht Werken mit Gas. „Als Produktionsstandort hat Deutschland in den vergangenen Monaten dramatisch an Wettbewerbsfähigkeit verloren“, klagt der 72-Jährige Familienunternehmer gegenüber der Welt. „Viele Hersteller werden in existenzielle Schwierigkeiten geraten – auch wir haben zu kämpfen.“
Neben den akuten Problemen leide Deutschland aber auch unter hausgemachten Standortnachteilen. Bastian Fassin, Hauptgesellschafter des Süßwarenherstellers Katjes, kritisierte gegenüber dem Blatt: „In vielen Ländern profitieren die Unternehmen entweder von einem stabileren Energiemarkt, beziehungsweise mit Blick auf die EU von bereits gedeckelten Strom- und Gaspreisen oder aber umfangreichen Wirtschaftshilfen zur Kompensation der Energiekosten.“ Europäische Wettbewerber hätten deswegen Produktionsvorteile.
Bühlbecker bestätigt diese Erfahrung. „Auf den Exportmärkten verstehen viele Handelspartner gar nicht, warum unsere Preise so viel stärker steigen müssen als bei Süßwarenherstellern aus anderen Ländern.“ Rund die Hälfte der Produktion der deutschen Süßwarenindustrie werde ins Ausland verkauft. Es drohe ein „Kahlschlag in der Branche“. „Kein Unternehmen überlebt auf Dauer, wenn es nahe am oder gar im Minus produzieren und seine Ware dann mit Defizit verkaufen muss“, so Bühlbecker. Die Maßnahmen der Bundesregierung reichten nicht aus und gewährten keine Planungssicherheit. Deswegen nehme derzeit der gesamte Mittelstand „großen Schaden“.