Kaum hat man sich einen Überblick über die rund hundert, zumeist toxischen Gesetzesvorhaben der „Ampel“ verschafft, kommen schon die nächsten Pläne zur Transformation der Republik in eine DDR 2.0 zum Vorschein: Innenministerin Faeser will Beamte allein aufgrund eines Verdachts entlassen können. Und Justizminister Buschmann arbeitet an einem „Hinweisgeberschutzgesetz“.
Der Reihe nach: In der Sendung „Maischberger“ vom 7. Dezember sagte Faeser im Zusammenhang mit der „Reichsbürger“-Operetteninszenierung unverhohlen, sie wolle die Beweislast für Beamte beim Thema Verfassungstreue umkehren. Das heißt: Ein Verdacht würde reichen, um einen Beamten zu entlassen. Faeser will in Kürze (offenbar bereits in wenigen Tagen) im Bundeskabinett einen Gesetzentwurf vorstellen, mit dem es leichter werden soll, Staatsdiener, die angeblich nicht mehr verfassungstreu sind, aus dem Dienst zu entlassen. Liegt ein entsprechender Verdacht vor, sollte künftig diese Person ihre Verfassungstreue dem Staat beweisen müssen und nicht umgekehrt, erklärte Faeser zudem im Bundestag. Am Rande nur: Vereine, die sich im „Kampf gegen rechts“ Millionen an Staatsknete holen, müssen seit 2014 und seit einer Familienministerin Schwesig (SPD) nicht einmal mehr eine Extremismusklausel unterschreiben.
Namhafte Rechtswissenschaftler haben denn auch zu Recht deutlich gegen Faesers Pläne Stellung genommen: Professor Ulrich Battis von der Humboldt-Uni Berlin sagte: „Die Forderung einer Beweislast-Umkehr ist juristischer Unsinn. Bisher muss der Dienstherr ein Gericht bemühen, um Beamte rauszuwerfen. Nun soll dies per Verwaltungsakt möglich sein. Bedeutet: Zukünftig müssen Beamte klagen, wenn sie im Dienst bleiben wollen.“ Verfassungsrechtler Josef Franz Lindner (Uni Augsburg) sagte: „Was die Innen- und Verfassungsministerin hier erklärt, ist aus rechtsstaatlicher Sicht erschreckend … Die Beweis- oder Feststellungslast für das Vorliegen der Entlassungsgründe trägt in einem Rechtsstaat selbstverständlich der Dienstherr und nicht der entlassene Beamte“, so Lindner.
Mit anderen Worten: Was Faeser hier betreibt, ist ein Regieren mit der „Herrschaft des Verdachts“ (Hegel). Sie scheint bei Ex-Stasi-Chef Erich Mielke in die Lehre gegangen zu sein. Denn sie hebelt ein essentielles rechtsstaatliches Prinzip aus, nämlich dass der Ankläger die Beweislast hat und nicht der Beschuldige seine Unschuld belegen muss. Faeser, die per definitionem zugleich Verfassungsministerin ist, wird damit selbst zum brandgefährlichen Sicherheitsrisiko und zur Gefahr für die Verfassung. Der ihr treu ergebene Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, müsste sie eigentlich entsprechend seiner Definition von „verfassungsschutzrelevanter Delegitimierung des Staates“ unter Beobachtung stellen.
Oder ein Polizist hat einen „Kleber-Aktivisten“ mit einigen deftigen Worten von der Straße entfernt. Der „Aktivist“, der eigentlich nichts anderes als ein Gesetzesbrecher ist, unterstellt dem Polzisten nun grobe Handgreiflichkeiten und verletzende, extremistische Worte. Raus aus dem Dienst! Berlin hat übrigens schon entsprechende „Regeln“: Wenn sich ein Polizist angeblich „diskriminierend“ gegen einen Beschuldigten geäußert haben soll, muss er den Gegenbeweis antreten. Der damalige „grüne“ Justizsenator Dirk Behrendt hatte das entsprechende „Antidiskriminierungs“-Gesetz (mit Paragraph 7 „Vermutungsreglung“) im Mai 2020 durchgedrückt.
Nun ist Faeser nicht Dienstherr über die Polizei und die Lehrerschaft der 16 Bundesländer. Insofern hat sie hier keinen direkten Zugriff. Aber wir wetten mal, dass die rot-grün regierten Länder ihre Beamtengesetze rasch anpassen werden. Und noch eine Prognoses: Faeser Pläne müssten eigentlich vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe landen. Aber was bedeutet das heute und nach endlos vielen regierungsfreundlichen Urteilen der letzten Jahre noch!?
DDR 2.0 als Deutsche Denunzianten-Republik?
Weit haben wir es gebracht in diesem unserem Land. Nachbarn schwärzen Nachbarn an, weil sie in Zeiten von Corona zu viele Gäste im Haus hatten. Kommunen richten entsprechende Meldeportale ein. Ein anderer Nachbar meint, der Kamin eines anderen Nachbarn rauche zu auffällig. Die Beispiele sind Legion. Und jetzt eben auch noch der „Beobachtungstatbestand“ einer „verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates. Man fühlt sich an das Strafgesetzbuch der DDR von 1968, zuletzt geändert am 14. Dezember 1988, erinnert. Dort heißt es in § 106 unter „Staatsfeindliche Hetze“:
„Wer mit dem Ziel, die sozialistische Staats- oder Gesellschaftsordnung der Deutschen Demokratischen Republik zu schädigen oder gegen sie aufzuwiegeln, Schriften, Gegenstände oder Symbole, die die staatlichen, politischen, ökonomischen oder anderen gesellschaftlichen Verhältnisse der Deutschen Demokratischen Republik diskriminieren, einführt, herstellt, verbreitet oder anbringt; … Repräsentanten oder andere Bürger der Deutschen Demokratischen Republik oder die Tätigkeit staatlicher oder gesellschaftlicher Organe und Einrichtungen diskriminiert; … wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.“
Ganz so weit sind wir (noch?) nicht. Wer sich aber mit einer Meinung einen Zentimeter rechts neben der linken Mitte aus dem Fenster lehnt, muss mit dem sozialen oder beruflichen Tod rechnen. „Kontaktschuld“ reicht! Die „Qualitätspresse“ mischt dabei mit beim Rückfall in Zeiten, als es wenigstens noch mutige Stimmen gegen das Denunziantentum gab. Dem Dichter des Deutschlandliedes Hoffmann von Fallersleben (1798–1874) wird folgender Vers zugeschrieben: „Der größte Lump im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant.“ Und 1884 erschienen im Satireblatt „Der Wahre Jakob“ die Verse: „Verpestet ist ein ganzes Land, wo schleicht herum der Denunziant … Der Menschheit Schandfleck wird genannt der niederträchtige Denunziant.“
Bekommen wir demnächst also die Gesinnungs-Piranhas als „schwimmende Saubermänner“. Wie Rauchmelder melden sie Fälle von Nazi-, Rassismus-, Sexismus-, Nationalismus-, Klimaleugner- und Homophobie-Verdacht. Fälle aus der Nachbarschaft, Funde in den (a)sozialen Netzwerken usw. Deutschland – das Land der Zensoren? Günter Scholdt ist einer, der sich 2018 mutig mit der „Anatomie einer Denunzianten-Republik“ befasst hat. Er fragt: „Kennst du das Land, wo die Zensoren blühn?“ Er spricht von „McCarthyisten“, „denunziatorischen Trüffelschweinen“ und „alimentierten Gesinnungsindustrien.“ Vor allem die Kämpfer für Wokeness und Co. sehen sich als selbsternannte Seuchenbeauftragte. Dabei sind sie selbst die Seuche.
Marko Buschmann (Achtung: FDP!) mischt in diesem Spiel voll mit. Angeblich unter Berufung auf eine EU-Vorgabe, arbeitet er seit rund einem halben Jahr an einem entsprechenden Gesetz. Dazu verkündete er: „Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber übernehmen Verantwortung für die Gesellschaft und verdienen daher Schutz, wenn sie Missstände bei ihren Arbeitgebern melden.“ Nun denn, gute Nacht! Nicht nur FDP! Sondern ganz Deutschland!