Der Bundesrechnungshof hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) vorgeworfen, die wahre Haushaltslage des Bundes zu verschleiern. Anders als behauptet werde Lindner im kommenden Jahr die Schuldenbremse doch verletzen, sagte Präsident Kay Scheller dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Mittwochausgabe). Nach Berechnungen des Rechnungshofs sei die für 2023 geplante Schuldenaufnahme mit fast 107 Milliarden Euro mehr als doppelt so hoch wie die offiziell ausgewiesene Neuverschuldung von knapp 46 Milliarden Euro. Einen so hohen Wert lasse die im Grundgesetz verankerte Schuldenregel nicht zu. „Die Regierung unterläuft die Schuldenbremse“, sagte Scheller. Aufgabe der Regierung sei es, die Haushaltslage offen und ehrlich darzustellen.
„Stattdessen verschleiert sie die Lage. Viele Nebenhaushalte und eine immer kreativere Buchführung sorgen für Intransparenz“, kritisierte der oberste Rechnungsprüfer. Das gelte auch für den Wirtschaftsstabilisierungsfonds, der für die Energiepreisbremsen noch in diesem Jahr Schulden von 200 Milliarden Euro aufnehmen kann.
„Eine Schuldenaufnahme auf Vorrat widerspricht allen Haushaltsregeln“, so Scheller. Nötig sei, bei den Ausgaben zu priorisieren und an anderer Stelle zu sparen. Er verlangte zudem den Abbau von Subventionen: „Wer die Zukunft gestalten will, muss sich von Finanzhilfen trennen, die einfach nicht mehr in die Zeit passen“, sagte Scheller.
Seit Jahren passiere beim Thema Subventionsabbau aber nichts. „Zwar lässt das Finanzministerium Subventionen wissenschaftlich evaluieren, setzt dann aber die Ergebnisse nicht um. So darf es nicht weitergehen“, beklagte er.
Auch Lindners Pläne für eine „Aktienrente“ und die Reform des Beschaffungswesens bei der Bundeswehr kritisierte der oberste Rechnungsprüfer.
Er hält die geplante Aktienrente für „bedenklich“, weil das Volumen von zehn Milliarden Euro deutlich zu klein sei, um die Rentenversicherung spürbar zu entlasten. „Aber mein eigentlicher Kritikpunkt: Wird die Aktienrente über Schulden finanziert, zahlen am Ende diejenigen die Zeche, die eigentlich entlastet werden sollen, nämlich die künftigen Generationen“, so Scheller. „Damit ist überhaupt nichts gewonnen“, fügte der oberste Rechnungsprüfer hinzu.
Der Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) wirft Scheller vor, noch immer nicht für einen effizienten Einsatz der Gelder aus dem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr gesorgt zu haben. „Damit die Mittel aus dem Sondervermögen wirken können, muss das Verteidigungsministerium Prozesse und Strukturen für das Beschaffungswesen straffen“, sagte er. Obwohl der Rechnungshof regelmäßig auf Mängel hingewiesen und Vorschläge vorgelegt habe, sehe er bei dieser Frage „keine großen Fortschritte“, sagte Scheller und warnte: „Ohne Veränderungen wird sich die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr trotz der zusätzlichen Milliarden nur wenig verbessern.“ Geld allein sei nie ein Erfolgsrezept. „Die 100 Milliarden Euro in ein schwerfälliges System zu geben, macht wenig Sinn.“
(DTS Nachrichtenagentur)