Tichys Einblick
Warum erst jetzt?

Aral testet neue Kraftstoffe: Doch die Politik bremst beim Klima-Sprit

Aral bietet testweise zwei neue Kraftstoffe an, die die CO2-Emissionen um ein Viertel senken können. Im übrigen Europa ist Klima-Sprit schon seit langem angekommen. Hierzulande ist der Vertrieb von synthetischem Kraftstoff (eFuel) oder Bio-Sprit (HVO 100) bislang nicht zugelassen.

IMAGO / Bihlmayerfotografie

Vor wenigen Tagen machte in den Medien die Schlagzeile die Runde: „Neuer Klima-Sprit senkt CO2-Ausstoß um ein Viertel.“ Dahinter verbirgt sich die Meldung, dass der größte deutsche Vertreiber von Kraftstoffen mit blau-weißem Emblem und Sitz in Bochum (NRW) in Berlin und Düsseldorf zwei neue Kraftstoffe testet, die die CO2-Emissionen herkömmlicher fossiler Benzin oder Diesel-Kraftstoffe um mindestens ein Viertel senken können.

„Aral Futura Super 95“ und „Aral Futura Diesel“ heißen die beiden neuen klimafreundlichen Kraftstoffe. Die Spritsorten enthalten laut Hersteller Aral mindestens 30 Prozent nicht-fossile Anteile aus erneuerbaren Quellen. Ein Auto, das mit dem Klima-Sprit betankt wird, verursache in der Bilanz rund 25 Prozent weniger CO2 als ein normaler Diesel oder Benziner. Was bei leidgeprüften Autofahrern die Fragen aufwirft: Warum erst jetzt? Und: Warum erst als Test?

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Die erste Frage lässt sich leicht beantworten: Deutschland steht bei Öko-Kraftstoffen auf der Bremse, die deutsche Klimapolitik hat bisher einseitig und technikfeindlich nur Elektroautos als klimafreundlich eingestuft. Der Vertrieb von Öko-Sprit als synthetischer Kraftstoff (eFuel) oder als Bio-Sprit (HVO 100) war bislang nicht zugelassen. Völlig unverständlich, angesichts der Tatsache, dass zur Verbreitung der Elektromobilität der Staat trotz schmaler Kassen zweistellige Milliardenbeträge in Kaufprämien, Tankstelleninfrastruktur und das Hochrüsten der Leitungsnetze investieren muss, während Klima-Sprit mit dem vorhandenen Tankstellennetz auskommt und von der gesamten Alt-Flotte an Verbrennern (48 Millionen) problemlos vertankt werden kann.

Die deutsche Politik hält an ihrer Fehlentscheidung bis dato fest, wohl wissend – und durch wissenschaftliche Studien bis zum Abwinken belegt –, dass Elektroautos zu allem Übel in Deutschland ausschließlich mit „dreckigem“ Kohlestrom betrieben werden können, weil es an nachhaltigem Strom auf Jahre hinaus fehlt. Zudem ist der Kauf und Betrieb von E-Autos nur bestimmten gutverdienenden Käuferschichten überhaupt möglich; während der Besuch der ebenfalls hochsubventionierten Kulturstätten (wie der Oper) keine Besucher-Privilegierung kennt, und mit öffentlichen Verkehrsmittel erreichbar ist – nur um einem beliebtem Einwand zu begegnen.

Wegen all dieser Gründe spielen bislang Elektroautos in den meisten europäischen Ländern nur eine Nebenrolle. Und sie sind zur Verbrennermobilität bis dato keine Alternative, da die Geographie des Landes oder die mittelalterliche Struktur der Städte Elektromobilität nicht zulässt. Und natürlich ausreichend nachhaltiger Zusatz-Strom nicht immer zur Verfügung steht.

Ausnahme ist Norwegen. Mit staatlichen Subventionen wurde Norwegen erster Staat der Welt mit einer Elektroauto-Quote bei den Neuzulassungen von über 50 Prozent. Im Jahr 2021 erreichte der Anteil reiner Elektroautos an den gestiegenen Neuzulassungen den neuen Höchstwert von 64,5 Prozent, 10,2 Prozentpunkte mehr als 2020. Der Elektroauto-Anteil im norwegischen Bestand von 2,8 Millionen Pkw näherte sich damit der Marke von 20 Prozent.

Für den Boom ist vor allem die Politik verantwortlich: E-Autos sind in Norwegen fast komplett von der Steuer befreit, so dass sie bei den Kosten mit Diesel und Benzinern mithalten können. Überdies wurden E-Autos in Oslo mit Parkplätzen und freier Fahrt auf Busspuren privilegiert. Von den knapp über 2,8 Millionen Pkw in Norwegen (zum Vergleich Bayern: 8,1 Millionen) sind fast 40 vH in Oslo unterwegs. Anders als in Deutschland wird der für die E-Autos nötige Strom in Norwegen fast ausschließlich mit Wasserkraft erzeugt. Ziel der norwegischen Regierung ist, dass ab 2025 nur noch Elektro-Autos verkauft werden.

Schweden hat den „Klimabonus“ komplett abgeschafft

Genau diese Klimaüberlegungen sind der Grund, warum immer mehr Länder neben der Elektro-Mobilität via Batteriestrom auf Klima-Sprit zur CO2-Reduzierung setzen. Nur eben Deutschland nicht, aus ideologischen Gründen und ohne sachliche Rechtfertigung.

In Schweden etwa stammt bereits mehr als ein Drittel des getankten Diesels aus erneuerbaren Quellen, nämlich aus Bio-Sprit (HVO), der in reinster Form völlig fossilfrei (und auch fast rußfrei) als HVO 100 betankt werden kann oder als Beimischung mit verschiedenen Quoten (HVO 10 bis 50 ff.). Bis 2030 soll so eine CO2-Minderung um rund zwei Drittel beim Diesel und um ein Drittel bei Benzin erreicht werden. Das kommt vor allem der Umwelt zugute, weil es den Altbestand an Pkw trifft. Denn trotz aller hoher Zuwachsraten bei den Neuzulassungen von Elektroautos ist vor allem der Bestand an Benzin- und Diesel-Fahrzeugen für die CO2-Emissionen verantwortlich. Insgesamt wurden im Jahr 2021 in Schweden 301.006 Pkw neu zugelassen (+ 2,8 Prozent), darunter 57.489 Elektroautos (+ 105,5 Prozent) mit einem Anteil von 18,5 vH.

Schweden fuhr seit dem 1. Juli 2018 ein eigenes Förderprogramm für Pkw und leichte Lkw/Busse mit einem CO2-Ausstoß von maximal 60 g/km. Diese Fahrzeuge erhielten bei Neuzulassungen einen Klimabonus als Kaufanreiz von 60.000 schwedischen Kronen (circa 5.900 Euro /Juni 2021). Der Bonus wurde sechs Monate nach der Zulassung des Fahrzeugs direkt an den Eigentümer ausgezahlt, um so den Verkauf des Fahrzeugs innerhalb dieses Zeitraums zu verhindern (Quelle: greencarmagazin).

Diese Förderung ist inzwischen auch in Schweden Vergangenheit. Nachdem dort 2022 bereits jedes vierte neu zugelassene Fahrzeug elektrisch aufladbar war, reine Batteriefahrzeuge (BEV) und Hybride (PHEV), hat die schwedische Regierung aus Finanznot pragmatisch ihren Subventionskurs geändert. Während in Deutschland noch (bald wieder) über die Beendigung des Umweltbonus diskutiert wird, haben die Schweden den sogenannten Klimabonus nun komplett abgeschafft. Alle ab dem 8. November 2022 bestellten Fahrzeuge mit Plug-in-Hybrid und batterieelektrischem Antrieb sind dann nicht mehr antragsberechtigt. Ende Gelände!

Auch im US-Bundesstaat Kalifornien spielt der Öko-Sprit eine zentrale Rolle bei den CO2-Reduzierungszielen, hier der Schwerpunkt bei Lkw, da Diesel-Pkw nach dem VW-Skandal wieder verpönt sind. Schätzungen zufolge werden im Jahr 2030 in Kalifornien noch 80 Prozent aller Nutzfahrzeuge mit Dieselantrieb verkauft. Begründung: Im Vergleich zur Elektrifizierung der Flotte sei die „Dekarbonisierung“ des Verkehrs mit Klima-Kraftstoffen wesentlich schneller und billiger möglich.

Ein Betrieb verkauft HVO 100 aus Fässern, weil via Tankstelle verboten

Was die Firma Aral als Traditionsunternehmen jetzt also in Deutschland beginnt, ist nicht neu, sondern kommt eher verspätet. Im übrigen Europa ist Klima-Sprit schon seit langem angekommen (siehe Schweden). Insgesamt gibt es in Europa inzwischen 8300 Tankstellen (Europa Gesamtbestand: ca. 130.000), an denen der Ökosprit HVO getankt werden kann, davon 1.150 mit HVO 100, der Rest mit Beimischungen. In Deutschland ist HVO 100 aus biologischen Abfällen bislang verboten, ebenso synthetische Kraftstoffe aus Wasser- und Kohlestoff. HVO 25 wird in München an sechs Tankstellen angeboten, ein Betrieb verkauft HVO 100 aus Fässern, weil via Tankstelle verboten.

Allerdings keine Rose ohne Dornen: An der Zapfsäule sind die Klima-Kraftstoffe für die Kunden zunächst teurer als fossile Kraftstoffe, vor allem als Diesel. Aus Umweltgründen wäre es daher sinnvoll,

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