Tichys Einblick
Wirtschaftsminister komplett überfordert

Habeck bei Illner: „In einer Krise muss man das tun, was die Krise gebietet“

Oben rechts in der Ecke wird dauerhaft – wie das ZDF-Firmenzeichen links oben und der Maybrit-Illner-Schriftzug links unten – ein neues Logo eingeblendet: „ENERGIEKRISE“, daneben eine Flamme. Denn diese Illner-Folge steht unter dem Motto der ZDF-Themenwoche, die eben diesen Titel trägt. So was gab’s in den Corona-Jahren nicht.

Screenprint ZDF / Maybrit Illner

Eine „sehr besondere Sendung in sehr besonderen Zeiten“, so Illner, erwartete uns am Donnerstagabend. Zu Gast in dieser Sendung sind nur zwei Gäste – wir müssen eben alle den Gürtel enger schnallen: Christian Sewing, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, und Robert Habeck, Spezialist für Hühner, Schweine, Kühe und Bürger melken (bis zum letzten Tropfen ist da seine bevorzugte Strategie).

Auch ganz besonders: Oben rechts in der Ecke wird dauerhaft, wie das ZDF-Firmenzeichen links oben und der Maybrit-Illner-Schriftzug links unten ein neues Logo eingeblendet: „ENERGIEKRISE“, daneben eine Flamme. Denn diese Illner-Folge steht unter dem Motto der ZDF-Themenwoche, die eben diesen Titel trägt. Ich kann mich nicht nicht an kleine Corona-Logos erinnern – das sollte uns wohl zu bedenken geben, dass die Krise wirklich sehr ernst ist. Oder das ZDF muss irgendwelche horrenden Summen für Grafiker rechtfertigen und expandiert in seinem Hauptgeschäft: Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen.

Robert Habecks Mission
Setzt Habeck fremde Interessen in Deutschland durch?
„Was ist das für eine Wirtschaft, die in jeder Krise gerettet werden muss?“, die erste Frage geht an den Banker. Meiner Meinung nach der erste Fehler der Sendung, denn diese Frage hätte an Habeck gehen sollen. Warum? Weil unsere Wirtschaft nicht darunter leidet, dass sie von Grund auf schwach ist oder weil deutsche Geschäftsleute so sehr dafür bekannt sind, schlecht vorzusorgen, oder was auch immer. Die Krise wurde künstlich gemacht.

Was ist ist das für eine Wirtschaft, die in jeder Krise gerettet werden muss? Eine Wirtschaft, die 16 Jahre Merkel-Politik durchmachen musste und jetzt ohne Erholungspause von der Ampelregierung durch die Scherben schlechter Politik geschleift wird – von einer künstlichen Krise zur nächsten. Irgendwann gibt es aber ganz einfach kein Fleisch mehr, das die Scherben zerreißen könnten, irgendwann ist auch die robusteste Wirtschaft nur noch bis auf die Knochen abgetragen.

Bei der ersten Frage an Habeck habe ich gerade nicht zugehört, aber ich glaube, er auch nicht, oder er musste das für seine Antwort nicht, denn die fing an mit: „Also erstmal ist Krieg in Europa …“, was schonmal Politikerdeutsch ist für: „Ihr könnt froh sein, dass ich überhaupt zur Arbeit komme.“ Das beweist er auch direkt mit seinem zweiten Satz: „Das heißt, wir sind wirklich in einer Sondersituation und ich finde, trotz alledem hat dieses Land sich außerordentlich bewährt.“ Kein Ding, ist ja nicht die erste Sondersituation, die wir durchmachen.

Wenn man mit einem Krieg einleitet, muss schon so richtig die Hölle in Deutschland los sein, dass das im Kontrast zu dieser Wahnsinnseinleitung noch schlimmer klingt. Als Metapher könnte man sagen, wir sitzen drinnen in unser Wohnung, die Heizung ist aus, der Strom auch, aber wir haben ein Meer an Teelichtern an und sind unter zehn Decken eingekuschelt und schauen mit einer heißen Tasse Tee aus dem Reisekocher aus dem Fenster – draußen herrscht Bombenhagel und wir denken uns: „Ein Glück, dass ich nicht da draußen bin.“

Konjunkturprognosen bewahrheiten sich
Die Rezession rückt näher
Neben solchen einfachen, aber effektiven Manipulationsstilmitteln greift Habeck auch ganz klassisch auf einen Oldtimer zurück, den Sie alle wiedererkennen werden: „Und es sind eben auch viele Entscheidungen getroffen worden, die jetzt dafür gesorgt haben, dass die Situation beherrschbarer – relativ gesprochen, ja, man kann hier noch gar nicht durchatmen und sagen: Die Krise ist vorbei -, aber auf jeden Fall beherrschbarer zu Beginn des Winters, als sie hätte sein können, wenn wir nicht so gehandelt hätten, als Land.“

Er gibt den Tatkräftigen.

„Wir haben die EEG-Umlage abgeschafft.“
Tatsächlich werden die Wind- und Solarstrom-Subventionen jetzt aus Steuermittel und nicht mehr allein durch die Stromkunden bezahlt. Weiß der Wirtschafts- und Energieminister das nicht, oder hofft er darauf, dass die Zuschauer schon weggehämmert sind und zu jedem Quatsch nicken? Mit Fakten hat er es nicht so.

Na, erkannt? Lassen Sie mich Ihnen einen Tipp geben: „Die Maßnahmen, die die Ministerpräsidentenkonferenz getroffen hat, haben jetzt dafür gesorgt, dass die Inzidenzen wieder beherrschbarer geworden sind – relativ gesprochen, die Pandemie ist noch lange nicht vorbei, wir können den Lockdown noch nicht aufheben, sonst kommt die nächste Welle – aber auf jeden Fall ist das Virus jetzt beheizbarer, als wenn wir nicht so gehandelt hätten.“

Da meldet sich aber Illner wieder: „Meine Frage erinnern Sie: Glauben Sie, dass die Menschen in diesem Land Ihnen noch vertrauen?“ Ach, deshalb wollte er die Frage so dringend überhören. Die würde ich auch nicht beantworten wollen, wenn ich so schlechte Arbeit wie er abgeliefert hätte. „Der Bundesregierung?“, fragt er nach. „Ihnen persönlich, dem Bundeswirtschaftsminister“, setzt Illner hinterher. „Die Frage ist: Mache ich meinen Job für das Land? – Und ich tue das.“ Keine Antwort ist wohl auch eine Antwort. Christian Sewing kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. Zuerst dachte ich, dass Illner einfach zur nächsten Frage übergeht, doch dann fällt auf, dass sie sie einfach nur geschickt so umgestellt hat, dass sie konkreter wird und nicht mehr so plakativ, dass Habeck Angst hat, darauf zu antworten: „Wenn Sie sich eben für die Sorgen der Menschen befassen wollen, die haben in allererster Linie eine sehr große Sorge und das ist die Bezahlbarkeit ihrer Energiekosten. Denken Sie, dass diese größte Sorge adäquat und schnell und effizient gelöst wurde von der Bundesregierung und auch ihrem Wirtschaftsminister?“

Glosse - Glosse - Glosse
Das schöne Deutschland nach der rotgrünen Transformation in die erwerbsfreie Gesellschaft
Sie schaut bei all diesen Fragen ganz unschuldig und naiv aus der Wäsche. Doch hier muss ich zugestehen, dass sie das gar nicht so schlecht macht. Im Grunde haben alle Fragen an Habeck einen Kern: Glauben Sie, dass die Leute glauben, dass Sie gute Arbeit machen? Nicht, ob er selbst glaubt, gute Arbeit zu machen, die Antwort ist klar. Gestellt an Habeck ist diese Frage schon gemein. Robert war immer der Liebling. Gerade im Vergleich zu seinen Parteikollegen war er immer der Vorzeigbarste, der mit den besten Beliebtheitswerten, vor allem im weiblichen Publikum, oberes mittleres Alter. Er weiß schon, dass er sich viel davon verspielt hat. Das merkt man daran, wie beleidigt er die ganze Zeit ist, wenn die Leute ihn nicht anhimmeln, wie viel er betont, dass er in einer Ausnahmesituation ist und wie wenig er jetzt noch seine Habeck-Show abzieht. Indem er immer wieder betont, wie am Ende er ist, dass er seine Wäsche nicht mehr waschen kann und nicht genug zu Essen bekommt und überhaupt einfach nur noch mental am Ende ist, bereitet er seine Anhängerschaft auf eine Enttäuschung vor, die er präventiv abzufedern versucht. Damit sie dann sagen: „Ja, das war nicht so gut, aber für die Situation, in der er war, hat er das schon erstaunlich gut gemeistert.“

Auch die neu umgestellte Frage will Habeck nicht beantworten. Stattdessen hinterfragt er, welche Sorgen die Leute denn eigentlich hätten und philosophiert, ob nicht mehrere Sorgen gleichzeitig bestehen. Er stellt dann wieder auf die Sorge vor dem Krieg, sogar die Angst vor einem Atomkrieg, ab. Wieder stellt er alles in viel größere, gruselige Verhältnisse und seine Verfehlungen werden plötzlich ganz klein. Dann leitet er um darauf, dass er ja all diese Ängste von vornherein berücksichtigt und bekämpft habe. Illner fragt, ob die Bürger sich denn daran auch noch erinnern können, darauf antwortet er: „Egal.“ Schließlich wäre ja das Einzige, was zählt, dass er schnell gehandelt habe.

Auf eine so subjektive Fragestellung: „Glauben Sie, dass die glauben“, auf die es gar keine falschen Antworten geben kann, weiß er keine Antwort, sondern will lieber auf unbestreitbare Tatsachen umstellen. Eine eindeutige Flucht vor einer bösen Ahnung, die sich in ihm bereits breit gemacht hat. Auf der Gefühlsebene schneidet er so gar nicht gut ab, ein ganz neues Erlebnis für ihn. „Es kann sein, dass sie das nicht mehr erinnern, aber trotzdem wurde ja gehandelt“, sagt er schlussendlich, Illner hat ihn tatsächlich klein gekriegt. Das war aber auch nicht schwer, denn dort im Studio sitzt ein gebrochener Mann. Ich hätte eigentlich nicht gedacht, dass man so weiche und schwabbelige Dinge wie Waschlappen brechen kann, aber es ist möglich.

Mangelndes Politikvertrauen
Leser zur Sendung: Vertrauen futsch – die Schwindeleien der Politik
An die Stadtwerke richtet er sich dann mit der Botschaft: „Dann müssen wir vielleicht mal ein bisschen großzügig mit den Abschlägen sein, beziehungsweise auch Mut zur Lücke haben. Wir werden in dieser Krise nie agieren können, wenn wir immer nur agieren, wenn wir 100-prozentig bis auf die Kommastelle hinaus sicher sind, dass alles richtig und ausgerechnet ist.“ Spitz abgerechnet werden soll später, jetzt muss es schnell gehen. Und schon wieder original Corona-Sprech. Auch da sollte immer alles schnell gehen, muss ja nicht so genau sein, Hauptsache handeln. Vorschnell handeln sollte man wohl eher sagen.

Schade nur, dass der ganze Witz an Regelungen und Vorschriften ist, dass sie auch in „besonderen Situationen“ gelten, gerade dann. Bei Sonnenschein brauchen wir sie ja nicht. Regelungen und Bürokratie immer dann über Bord zu werfen, wenn sie gerade ganz dringend sind, untergräbt ihren Zweck. Und ja, ich bin auch der Meinung, dass gerade die deutsche Bürokratie an vielen Stellen zu weit geht. Aber diese Reform muss besonnen eingeleitet werden. Und am besten dann, wenn es uns passt. Aktuell ist es doch so: Wenn uns diese ganzen Strukturen im Weg stehen, ist das egal. Aber kaum macht es das Leben der Politik schwer, wird alles über den Haufen geworfen. Ich muss wohl nicht betonen, weshalb das höchst kritisch zu sehen ist.

Aber mit sowas hat der Vizekanzler es nicht so genau. An der Stelle hat er von Scholz gelernt. Der hatte mit Regeln und Vorschriften schon seine ganz eigene Beziehung, als er noch nicht so viel Macht hatte. Daran hat sich jetzt nichts geändert. „In einer Krise muss man tun, was die Krise gebietet“, sagt Habeck da einfach und dann ist er damit durch.

Anzeige
Die mobile Version verlassen