„Wir respektieren dieses Urteil“, sagte Franziska Giffey in ihrer Stellungnahme, nachdem der Berliner Verfassungsgerichtshof gerade entscheiden hatte, dass die Wahl des Abgeordnetenhauses komplett ungültig sei. Statt dieses nach Großmut klingenden Satzes hätte man eigentlich einen Akt der Demut erwartet, eine Bitte um Entschuldigung (auch wenn Giffey selbst keine unmittelbare Verantwortung trägt) und einen Hinweis darauf, dass „wir“ nur noch geschäftsführend regieren würden. Schließlich ist die „Regierende Bürgermeisterin“, die da sprach, von einem ungültig gewählten Parlament gewählt worden, besitzt also keine einwandfreie demokratische Legitimation. Stattdessen sprach Giffey von diesem Urteil, als gehe es um irgendeine Rüge und nicht darum, dass ihr Mandat als Regierungschefin ungültig sei.
Sie versprach: „Wir bringen Berlin gut durch die Krise, wir kümmern uns um die Aufgaben, die jetzt anstehen.“ Bemerkenswert ist dabei, dass sie mit dem Begriff „Krise“ den Eindruck eines von „höherer Gewalt“ erzeugten Ereignisses vermittelte. Und bemerkenswert ist vor allem, dass zu diesem sich nun kümmernden „Wir“ auch ein Regierungsmitglied gehört, das für diese „Krise“, die tatsächlich ein Verwaltungsversagen erster Güte ist, auch jener Mann gehört, der für das Debakel der gescheiterten Organisation der Wahlen im September 2021 die höchste politische Verantwortung trägt. Es geht um den damaligen Innen- und heutigen Bausenator Andreas Geisel.
In ihrer am Donnerstagmorgen im Abgeordnetenhaus abgegebenen Regierungserklärung sprach Giffey zwar von Konsequenzen, von einer „Taskforce“ für die am 12. Februar zu wiederholende Wahl – man habe „schon Wahlhelfende angeworben, Räume für Wahllokale angemietet, das Personal bei der Landeswahlleitung aufgestockt“. Nur von einer eigentlich naheliegenden Konsequenz war keine Rede: Andreas Geisel wird offensichtlich weiter dem Senat angehören.
„Wir machen Krisen- und Zukunftspolitik in dieser Stadt“ sagte Giffey – also ob sie sicher davon ausgeht, dass ihrem illegitim gewählten Senat diese Aufgabe zustehe. Sie versprach Verlässlichkeit, Stabilität und Kontinuität, als ob die auch während der Chaos-Wahl regierende SPD nicht genau an diesen Versprechen gescheitert wäre.
CDU-Landeschef Kai Wegner kritisierte Giffeys Regierungserklärung. „Ich hätte mehr Demut erwartet. Den Berlinern sind Sie eine klare Entschuldigung schuldig geblieben.“ Und er forderte das Naheliegende: „Es ist höchste Zeit für Verantwortliche, jetzt auch Verantwortung zu übernehmen. Herr Geisel, treten Sie zurück!“
Die Geschichte des Versagens von Geisel, das er durch seine nachträglichen Eingriffe noch zu vertuschen versuchte, ist lang. In einem TE exklusiv vorliegendem Schriftverkehr wird klar, dass die strukturellen Fehler der Wahl in Berlin direkt beim Senator lagen. Wir haben auf TE mehrfach darüber berichtet: