Impfen war das beherrschende Thema des Jahres 2021. Mit 2G- und 3G-Regeln übte der Staat massiven Druck auf Ungeimpfte aus – die Aussagen mancher Politiker, Funktionäre und Showstars wirkten wie eine regelrechte Hetzjagd. Und gerade jetzt verteilt Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) über 100 Millionen Euro Steuergeld an ihm geneigte Zeitungen und Funkmedien, um fürs Impfen zu werben. Doch der Wert dieser Vorsorge scheint immer weniger einzuleuchten. Das lässt sich aus einer Studie der Krankenkasse DAK-Gesundheit schließen. Das wirkt sich vor allem auf die Bekämpfung anderer Krankheiten aus.
Die DAK veröffentlicht jedes Jahr einen Bericht zur Lage der gesundheitlichen Versorgung von Kindern und Jugendlichen. In diesem Jahr hat sich die Kasse in einer Sonderanalyse das Thema Impfen angeschaut. Das Ergebnis ist ernüchternd: Im Jahr 2021 hat es im Vergleich zu 2019 elf Prozent weniger geimpfte Kinder gegeben. Das entspricht 680.000 Jungen und Mädchen. Bei den Krankheiten Diphtherie, Keuchhusten, Tetanus und Kinderlähmung sank die Zahl der Erstimpfungen mit 31 Prozent besonders stark.
Schon vor der Pandemie sei die Zahl geimpfter Kinder tendenziell zurückgegangen, sagt DAK-Vorstands-Chef Andreas Storm: „In der Corona-Pandemie hat sich dieser negative Trend verstärkt.“ Die Zahl der Erstimpfungen sei stärker rückläufig als die der gesamten Impfungen. In diese sind auch die Impfungen eingerechnet, die eine Auffrischung erfordern. Nun müsse gehandelt werden. „Sonst wird die Gesundheit von vielen jungen Menschen plötzlich wieder durch Krankheiten bedroht, die als fast ausgerottet galten.“ Die DAK schlägt eine Aufklärungskampagne vor.
„Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte kann die Analyse-Ergebnisse bestätigen“, sagt deren Präsident Dr. Thomas Fischbach. „Die anhaltend hohen Infektionszahlen haben sicherlich auch negative Auswirkungen auf die Impfraten, die teilweise zweistellig gesunken sind.“ Nicht nur die Zahl der Impfungen ist laut der Studie rückläufig, sondern auch die der Arztbesuche. Demnach gingen bundesweit hochgerechnet rund 1,3 Millionen weniger Mädchen und Jungen in die Praxen als vor der Pandemie. Das entspricht einem Rückgang von vier Prozent.
Für den Kinder- und Jugendreport untersuchten Wissenschaftler der Universität Bielefeld die Daten von 782.000 Kindern und Jugendlichen, die bei der DAK versichert sind. Insgesamt versichert die DAK 5,5 Millionen Menschen und ist somit die drittgrößte gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland.