Israelische und US-amerikanische Archäologen trauten ihren Augen nicht. Zum ersten Mal in der Geschichte wurde ein zusammenhängender Satz in canaanitischer Sprache gefunden und entziffert, der sage und schreibe 3.700 Jahre alt ist. Der Text steht auf einem Läusekamm aus Elfenbein, der in der Negevwüste im Süden Israels ausgegraben wurde. Es hat Jahre gedauert, bis sich die Wissenschaftler unter Leitung von Madeleine Mumcuoglu über die Worte einig waren: Möge dieser (Elfenbein) Stoßzahn die Läuse aus Haaren und Bart entwurzeln („May this [ivory] tusk root out the lice of the hair and the beard”).
Wie das Jerusalem Journal of Archaeology berichtet, wurde das Alphabet (Hebräisch: Aleph-Beth), das später von den meisten Sprachen übernommen wurde, um das Jahr 1800 vor unserer Zeitrechnung erfunden und von den Canaaniten genutzt. Bis vor kurzem waren in dieser Sprache nur einige Worte bekannt. Jetzt ist ein ganzer Satz mit einer Aussage mitten aus dem Leben auf einem Kamm aus Elefanten-Elfenbein entdeckt, entziffert und historisch eingeordnet worden. Die Wissenschaftler der Hebräischen Universität Jerusalem und der Southern Adventist University in den USA rätseln noch darüber, wie Elfenbein in die Nahost-Region gekommen sei. Denn Tiere mit Stoßzähnen aus dem wertvollen, damals fast unbezahlbaren Material gab es zwischen Mittelmeer und Euphrat im heutigen Irak nicht. Vermutet wird, dass der Elfenbein-Kamm aus Ägypten nach Lachish exportiert wurde. In den letzten Jahren sind rund 20 Kämme, allerdings aus Holz gefertigt, in der Lachish-Region gefunden worden.
Dieser Kamm mit der Inschrift hat die Maße 3,5 mal 2,5 cm. Die Zähne von unterschiedlicher Stärke haben nur teilweise die 3.700 Jahre überlebt. Eine Seite mit sechs dickeren Zähnen wurden genutzt, um verknotetes Haar zu entwirren, und die 14 dünneren Zähne waren zum Entlausen gedacht. Die Wissenschaftler sind sich sicher, dass damit auch die Eier der Läuse aus Haar und Bart entfernt wurden. Ähnlich wie die zweiseitigen Kämme, die auch heute verkauft werden.
Unter dem Mikroskop wurden Reste von Kopfläusen in einer Größe von 0,5-0,6 mm entdeckt. Die moderne DNA-Technologie ermöglicht das Erkennen der Parasiten aus der Gattung der Insekten. Wegen des trockenen Klimas in dieser Region sind die Chitin-Membrane der Kopfläuse erhalten geblieben.
Trotz der geringen Größe des Kamms enthält die Inschrift eine ganze Reihe von aussagekräftigen Eigenschaften, die Wissenslücken über die Kultur in Canaan schließen, schreiben die Experten. Zum ersten Mal sei ein ganzer Satz mit 17 Worten in einem Dialekt aufgetaucht, wie er damals in Lachish, dem Fundort im heutigen Israel, gesprochen wurde. Damit können die Sprach-Gelehrten die angewandten Worte mit anderen Quellen in der Region vergleichen und haben dadurch einen Einblick in das Leben der Canaaniter gewonnen. Haarpflege und das Entfernen von Läusen seien damals ein Thema im Alltagsleben auch bei begüterten Familien gewesen. Aus dem babylonischen Talmud ist der Satz überliefert: “Und er schickte ihr einen Kamm, der Läuse tötete“. Auch Rückschlüsse über die Fähigkeiten, wer im Bronze-Zeitalter in Canaan lesen und schreiben konnte, seien damit möglich.
Aus den jahrelangen Ausgrabungen weiß man inzwischen, dass Lachish im zweiten Jahrtausend vor der Zeitrechnung die zweitgrößte Stadt im biblischen Königreich Judah nach Jerusalem war. Bis heute sind zehn kleinere Inschriften in Lachish gefunden worden, mehr als bei all den anderen Ausgrabungen in Israel. Lachish war über 600 Jahre von 1800 bis 1150 BCE das Hauptzentrum für den Gebrauch und den Erhalt des Alphabets. Im Buch Joshua wird Lachish als eine der Städte erwähnt, die von den Israeliten zerstört wurde, weil sich die Bewohner den Gibeoniten (Joshua 10:31-33) angeschlossen hätten. Das Gebiet wurde später dem Stamm Judahs zugesprochen und sei Teil des Vereinigten Königreichs Israel geworden.