Nach Wochen der Wirtschafts-, Ukraine- und Energiekrise ist Frank Plasberg wieder beim Thema Corona angekommen. Es wurde auch mal wieder Zeit, denn vor seinem Abtritt hat Plasberg noch vier Sendungen vor sich. Da muss auch einmal Corona dabei sein.
Das Thema der Sendung lautete „Corona-Brennpunkt Krankenhäuser: Zermürbt und angeschlagen“. Tatsächlich beginnt die Sendung mit einem Geplänkel zum Thema Corona. Karl Lauterbach warnt wie gewohnt vor einer neuen, hochansteckenden Variante, fordert Maßmahmen der Politik wie eine Masken- oder Testpflicht in Innenräumen. Contra gibt ihm überraschenderweise Martin Machowecz, Redakteur der Zeit. Sein Standpunkt: Die Coronavarianten sind ungefährlicher geworden, nun kaum mehr als eine Grippe. Die Politik kann und sollte nicht versuchen, jeden Krankheitsfall zu verhindern. Es ist unmöglich, lohnt nicht und rechtfertigt nicht die dafür notwendigen Grundrechtseingriffe. Die Meinung ist in diesem Format unerwartet in ihrer Staatsskepsis.
Dafür verteidigt Christina Berndt den Gesundheitsminister. Sie ist Wissenschaftsjournalistin bei der Süddeutschen Zeitung, und mit ihren Antworten voraussehbar.
Machowecz setzt dem Gesundheitsschutz sogar das Thema Lebenslust entgegen. Er wagt zu fragen, ob man in der Vielzahl der Krisen zur Zeit die Bürger wirklich mit der einer Coronakrise belasten muss, wenn sie so dramatisch doch nicht mehr ist. Das Primat des Gesundheitsschutzes, das die Coronadiskussion lange beherschte, ist endgültig gebrochen.
Insgesamt ist das Thema Corona-Pandemie aber schnell abgebügelt. Lauterbach fährt die bekannten Warnungen auf: vor einer massiven Überforderung des Gesundheitssystems durch SARS-CoV-2. Eine neue Variante kommt, warnt er, die in kürzester Zeit viele Menschen infizieren wird. Reumütig gibt er zu, das KITA-Schließungen unnötig waren, zieht aber keine öffentlichen Konsequenzen. Neues? Fehlanzeige.
Denn tatsächlich ist die Pflege, überhaupt die Krankenhausversorgung mit einem massiven Personalproblem konfrontiert. Die Pandemie – Lauterbach lehnt die Umfirmierung in Endemie weiter kategorisch ab – verschärft die alten Struktur-Probleme nur.
Schlagheck hat für ihre Klinik in 79 Tagen Streik eine Veränderung herbeigeführt. Neue Pfleger werden eingestellt, abends zwei Mitarbeiter eingesetzt. Gewerkschaftsarbeit, wie sie im Buche steht. Vor allem darauf will Schlagheck im Zukunft auch ihre Hoffnung setzen. Denn von der Politik erwartet sie nicht, dass sie die Situation verbessern kann.
Eine nachhaltige und deutschlandweite Lösung des Problems verspricht derweil Karl Lauterbach. Das Krankenhauspflegeenlastungsgesetz (KHPflEG) soll den Betrieb von Krankenhäusern „entökonomisieren“. Soll heißen: Das Gesundheitssystem gibt in Zukunft vor, welche Leistungen und OPS bestimmte Krankenhäuser anbieten dürfen. Für diese Leistungen wird ein Personalschlüssel vorgegeben. Erreicht ein Krankenhaus den Personalschlüssel nicht, darf sie lukrative Behandlungen, z.B. Knie-Operationen nicht durchführen.
Mangelverwaltung statt Mangelbeseitigung
Lauterbachs Lösung: Das Gesundheitsministerium schreibt vor, wie viel Zeit jeder Pfleger auf bestimmte Aufgaben verwenden darf und außerdem einen Mindestpersonalschlüssel für viele Stationen.
Das soll neue Kräfte für die Pflege gewinnen und bestehende Pfleger halten. Es droht aber, ein Bürokratiemuster zu werden, das die Situation nur noch weiter verschlimmert. Planstellen schaffen keine neuen Arbeitskräfte.
Statdessen soll mit einer Art Fünfjahresplan zur Versorgung der Kranken Abhilfe geschaffen werden: Das bedeutet wenig Raum für atypische Patienten, deren Versorgung nicht explizit vom Gesundheitsminsiterium geregelt wird.
Wie in jedem echten Fünfjahresplan geht es als vor allem um Mangelverwaltung.
Aber es bleibt dabei, Lauterbach will „entökonomisieren“ und „die Marktwirtschaft zurückdrängen“. Dabei übersieht er völlig: Die allermeisten Krankenhäuser werden von Wohlfahrtsverbänden oder Kommunen betrieben. Der Anteil privater Krankenhäuser stieg in den letzten Jahren auf gut 38 Prozent. Die problematischen Krankenhäuser sind deutlich mehr. Jedes Gewinnmotiv soll ausgemerzt werden. Wie wird da Missbrauch vorgebeugt? Eher gar nicht, weswegen Lauterbach die Beiträge der Beitragszahler weiter anheben will, er rechnet jetzt schon fest damit.
Die dann noch verbleibende Lücke stopft der Steuerzahler. Opfer ist, wer sozialverischerungspflichtig arbeitet. Denn er muss die Reform über seine Beiträge und seine Steuern bezahlen. Einmal abkassieren reicht Lauterbach nicht.