Tichys Einblick
Ein Kommentar

Oberbürgermeister Peter Feldmann ist eine Schande für die Stadt Frankfurt

Frankfurts Oberbürgermeister steht vor Gericht. Im Versuch, dem Gefängnis zu entgehen, äußert er das Unsagbare: Er wollte seine Tochter abtreiben. Dass sie geboren wurde, war gegen seinen Wunsch. Jeden Tag, an dem er im Rathaus verbleibt, ist ein Tag der Schande für die Stadt.

Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann

imago images / Hartenfelser

Peter Feldmann ist der Oberbürgermeister Frankfurts, und er will es bleiben. Einen Rücktritt schließt er aus. Feldmann ist ein Bürgermeister der Schande: Er hat die betrügerische Arbeiterwohlfahrt (AWO) begünstigt und ihren politiknahen Funktionären einen Raubzug sondergleichen ermöglicht. Die wirtschaftlichen Schäden gehen in die Millionen. Eine Clique – man möchte sie schon als kriminelle Vereinigung bezeichnen – um das Ehepaar Jürgen und Hannelore Richter, bereicherte sich an sozialen Einrichtungen und Steuergeldern. Überzogene Gehälter, Arbeitsverträge ohne Arbeitsleistung, 600-PS-Jaguar-Dienstwagen sind dabei nur die Spitze des Eisbergs.

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Viele Betrügereien lassen sich Jahre später nicht mehr juristisch rekonstruieren, existieren nur noch als Vorwürfe von Insidern. Berichte über Kitas, in denen Küchen aus Pressspan eingebaut wurden, aber Gastronomie-Qualität in Edelstahl berechnet wurde. Abrechnungen für Lehrmaterial – iPads und Zubehör –, bei denen Fantasiepreise berechnet wurden. Es wurde teurer nächtlicher Objektschutz für Seniorenheime abgerechnet, aber der ursprüngliche Dienstleister blieb – die Differenz wurde eingesackt. Es wurden der Stadt tausende Euro in Rechnung gestellt für Fußballausrüstung für Flüchtlinge – doch die Bälle, Leibchen und Tore haben die freiwilligen Helfer am Ende selbst bezahlt. Es geht um Vorstandsmitglieder, die für sich selbst oder ihre Ehepartner Beratungsdienstleistungen in Rechnung stellten – neben Traumgehältern.
Raub an der Gesellschaft

Die Liste ist lang, absurd bis in kleinste Details: Die AWO bezahlte Jürgen Richter eine Teemaschine für 1.200 Euro – er stellte diese in seiner Privatwohnung auf. Eine AWO-Mitarbeiterin fuhr einen Diesel-Dienstwagen und rechnete fast 1.000 Euro Benzinkosten über ihre Tankkarte ab. Keine Position zu klein, ohne dass sich jemand daran bedient hätte.

All das ermöglicht von einer blinden Stadtverwaltung, deren oberster Herr Peter Feldmann ist. Er ist kein Opfer eines korrupten Systems: Er ist Erfinder, williger Teilnehmer und Patriarch desselben. Für ein Paar Euro für die Wahlkampfkasse, einen Job bei der AWO für sich und Günstlinge, war er bereit, sämtliche Ehre und alle Loyalität für die Bürger seiner Stadt in den Wind zu schreiben.

Mark Twain soll gesagt haben: „Politiker und Windeln müssen regelmäßig gewechselt werden; und zwar aus dem gleichen Grund.“ Ein vulgärer Satz, aber zutreffend: Und dieser Kommentar über eben diesen Politiker kann nicht ohne Vulgarität auskommen. Doch der Mann Peter Feldmann hat sich als noch unhaltbarer als der Politiker Peter Feldmann entpuppt.

Der Liebhaber Feldmann ist noch untragbarer als der Politiker

Es ist nicht die Rede von Sexismus-Vorwürfen: als er sich in einem Flugzeug vor einer Fußball-Reisegesellschaft mehr als unangemessen über die Flugbegleiterinnen äußerte. Es geht nicht um seine Profilierungssucht in der Stadtpolitik oder den Versuch, den Europa-League-Sieg der Eintracht Frankfurt für sich zu vereinnahmen.

Wird Peter Feldmann abgewählt?
Wenn ein Bürgermeister vor Gericht steht
Es geht um den vergangenen Donnerstag, als Peter Feldmann vor Gericht – er wird der Vorteilsnahme im Amt beschuldigt – seinen Anwalt ein Statement vorlesen ließ. Es ist sein Versuch, bis zu vier Jahren Haft zu entgehen. Seine Frau hat ein massiv überhöhtes Gehalt und einen nicht gerechtfertigten Dienstwagen bezogen. Dies war Teil der stillschweigenden Übereinkunft, dass Feldmann die AWO-Abkassier-Interessen besonders berücksichtigt, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft.

Feldmanns Strategie am Donnerstag: sich von seiner Frau lossagen, alle Verantwortung auf sie wälzen. Er will nichts von ihrem Gehalt gewusst haben, die Ehe wäre kaum mehr als ein Theater gewesen. Feldmann stellt die Beziehung zu ihr so dar: Sie war eine „Liebelei“ und mehr wollte er von ihr nicht. Die Beziehung war keine Lebensgemeinschaft. Im Zuge dessen stellte er sie auch dem Ehepaar Richter vor, die die AWO in Frankfurt und Wiesbaden kontrollierten. Die Beziehung endete, Zübeyde Temizel wurde Leiterin einer deutsch-türkischen AWO-Kita; war es die Abfindung? Kurz danach kam es zu einer Wiederannäherung, Temizel wurde schwanger.

Feldmann verrät Frau und Kind, um dem Gefängnis zu entgehen

Feldmann, so lässt er kühl und kalkuliert vortragen, bestand auf einer Abtreibung. Das ist kein Hörensagen, kein Gerücht: Es ist die von seinem Anwalt vorgelesene Aussage Feldmanns. Zübeyde Temizel konnte dies aber nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren und trug das gemeinsame Kind aus. Ein Kind, das heute sechs Jahre alt ist. Es lernt lesen, hört Radio, in den Nachrichten kommt dieses Kind vor.

Peter Feldmann heiratete Zübeyde Temizel schließlich, um „dem Kind die Möglichkeiten einer Familie zu geben“, und mit Hinblick auf ihren „kulturellen Hintergrund“. Die Ehe sei fragil gewesen, man unterhielt zum Beispiel strikt getrennte Bankkonten. Ein Nebeneinander- statt Miteinander-Leben, auch wenn Feldmann Frau und Kind für werbewirksame Auftritte als Familienvater gerne zu nutzen wusste. Dafür waren Frau und Kind ganz offensichtlich gut genug. Die Fotos dieser Zeit zeigen eine strahlende Braut und einen dazu passenden Ehemann, das Stadtoberhaupt.

Man kann es nur so ausdrücken: Im Versuch, eine Strafe für seine Vergehen zu vermeiden, ist Feldmann willens, Frau und Kind zu verraten. Beide öffentlich in Feldmanns beispielloser Schamlosigkeit mit einer solchen Aussage zu demütigen.

Die Strategie ist perfide. Indem er vor Gericht das Bild einer fragilen Scheinehe konstruiert, will er nachweisen, dass er nicht um die Einkünfte und Verträge seiner „Liebelei“ und späteren Frau wusste. Er will suggerieren, dass sie es war, die ihn, den aufrechten Bürgermeister ausnutzte. Und ja, Temizel profitierte von der Beziehung. Und das wusste Feldmann. Es bleibt ein absurder Versuch, die Schuld von sich zu weisen, die die Bürger Frankfurts auf die Straßen und bald auch an die Wahlurnen treiben müsste. Ein Versuch, in dem ein Vater seiner Tochter sagt, dass er sie lieber abgetrieben hätte.

Können Eltern ihren Kindern eine brutalere Wunde zufügen? Peter Feldmann versuchte sich am Freitag bei seiner Tochter zu entschuldigen. Mit einem Facebook Post.

Screenshot via Facebook / Oberbürgermeister Peter Feldmann, 29.10.2022

Peter Feldmann ist nicht mehr zu halten. Er hat versagt: als Politiker, als Bürgermeister und – schlimmer noch – als Familienvater. Der einzige Skandal, der Feldmanns Agieren noch übertreffen könnte, wäre, wenn Feldmann im anstehenden Bürgerentscheid am 6. November nicht abgewählt wird.

Die Gefahr besteht tatsächlich: Damit der Bürgerentscheid gültig ist, müssen mindestens 30 Prozent der Bürger wählen gehen. Zu Feldmanns Wahl erschienen auch nur 32 Prozent der Bürger. Frankfurts Stadtgesellschaft kränkelt am Desinteresse einer Bevölkerung, die die Stadt als Arbeitsplatz, nicht als Heimat sieht und Figuren wie Feldmann die Stadt überlässt.

Peter Feldmann kann nicht im Rathaus verbleiben. Jeder Tag, den er weiterhin im Römer verbringt, ist ein Tag, an dem die Stadtbevölkerung das Unentschuldbare toleriert. Reden wir nicht von seiner SPD, die Feldmann lange stützte und erst nach fast drei Jahren voller Skandale wie AWO, IAA-Vertreibung, dann erst mit dem Abgrätschen des Fußballpokals und Sexismus, mit ihm gebrochen hat. Dass entscheidende SPD-Stadtverordnete bis heute zu ihm halten. Von Jutta Ditfurth, deren lokale Minipartei Feldmann stützt bis zuletzt.

Wenn Feldmann aus Bequemlichkeit nicht abgewählt werden sollte, wäre dies ein abscheuliches Zeichen, das eine Stadtgesellschaft damit setzt.

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