In der guten alten bundesrepublikanischen Zeit waren Amigo-Geschäfte ein Heimspiel der CSU. Sie standen für die tiefe Vernetzung einer alt-etablierten Partei, die in jedem Ort und jedem Verein einen Vertreter hatte. Man kam schlicht nicht an ihr vorbei. Freunde zu haben, ist das etwa eine Schande?
Nicht nur der Graichen-Clan hat in der Vergangenheit für Interesse gesorgt. In Berlin, der versumpften Hauptstadt der Republik, deren slawische Etymologie schon Warnung genug hätte sein können, treffen wir auf den nächsten familiären Kreis. Allein in dieser Woche fiel Bettina Jarasch bereits mit ihrer Fahrradfinte und ihrem zelotischen Eifer für die „Flaniermeile Friedrichstraße“ auf. Von ihren Verstrickungen in den RBB wussten wir dagegen nichts – zumindest nicht bis gestern.
Nun ist die Akte RBB spätestens seit der Affäre Schlesinger ein hochbrisantes Thema. In der Endzeit der Ära Schlesinger spielte sich auch die für Jarasch belastende Episode ab. Denn laut Spiegel hat RBB-Programmdirektor Jan Schulte-Kellinghaus versucht, den prestigeträchtigen wie profitablen Posten des RBB-Programmchefs durch die Hintertüre zu vergeben – und zwar an Oliver Jarasch, den Ehemann von Bettina Jarasch.
Dass die Angelegenheit sensibel zu behandeln war, wusste Schulte-Kellinghaus natürlich. Statt einer Ausschreibung gab es eine Privat-Email des Programmdirektors an die Privat-Email Schlesingers. Es ginge um eine „Top-Secret“-Personalie. In der Sprache trifft sich neuerlich der US-Agententhriller-Anspruch mit der deutschen Provinz-Tatort-Realität. Programmchef Jens Riehle sollte abgesetzt werden.
Schon drollig: Bei der Verteilung und Koordinierung von Macht geht es beim RBB zu wie bei der Kommunistischen Partei, die alte Institutionen abschaffte, indem sie neue gründete und die wahre Macht in die Hände treuer Kader legte. Doch nicht nur die Methode ist zweifelhaft. Chefredakteur David Biesinger hatte im Zuge des Berliner Wahlkampfs ab 2020 betont, dass Jarasch nicht mehr inhaltlich für den Sender arbeiten solle, sondern nur noch in „Organisationsprozessen“ eingesetzt werde.
Laut Spiegel hat Jarasch selbst „für die Zeit des Wahlkampfs“ angeboten, sich um andere Tätigkeitsfelder zu kümmern, nachdem seine Frau zur grünen Spitzenkandidatin gekürt worden war. Jarasch war als Leiter der Abteilung „Aktuelle Magazine“ für Formate wie die RBB-„Abendschau“ verantwortlich gewesen.
„Sowohl im RBB als auch im Hause Jarasch fehlt es an Sensibilität. Wenn der Mann einer Spitzenpolitikerin so eine Position bekommen soll, muss allen Beteiligten auffallen, dass das nicht geht“, sagte der CDU-Abgeordnete Christian Goiny, Mitglied des Rundfunkbeirats des RBB. „Mit politischem Fingerspitzengefühl hat das nichts zu tun und passt nicht zudem, was im Vorfeld gesagt wurde.“ Beim Sender sehe er weiteren Aufklärungsbedarf. Man müsse die Struktur des Senders noch einmal untersuchen und „nicht nur die Intendantenebene“.
In diesem Modus bleibt auch der RBB selbst. Gegenüber dem Tagesspiegel sagte RBB-Sprecher Justus Demmer: „Die Zitate stammen offensichtlich aus einem privaten Mailwechsel, der rbb wird sie nicht kommentieren.“ Unabhängig davon plane der RBB keine Personalrochaden. Die RBB-Journalisten stehen vor einem brennenden Haus und weisen andere an, weiterzugehen – hier gebe es schlichtweg nichts zu sehen. Von Bettina Jarasch gibt es indes noch keine Äußerung. Laut Spiegel war ihr Ehemann Profiteur des RBB-Bonussystems.