Es waren fröhliche Tage. Naive Tage. Das erste Jahrzehnt nach der Jahrtausendwende: Tempo, Reichweite und Angebote des Internets nahmen zu und die Menschen erhofften sich einen Schub für die Demokratie, für ein freieres und offeneres Zusammenleben. Tausende Menschen legten sich einen Facebook-Account zu, um an dieser Welt teilzuhaben. Dann Millionen. Verganges Jahr waren laut Statistischem Bundesamt weltweit zwei Milliarden Nutzer täglich auf und mit Facebook unterwegs. Eine Erfolgsgeschichte.
Eine Erfolgsgeschichte? Der Optimismus ist längst verflogen. Soziale Netzwerke sind nicht nur ein Marktplatz der Ideen, der ideale Ort für eine digitale Demokratie. Sie haben längst auch ihre hässliche Seite gezeigt. Allen voran das Unrechtsregime in China machte in der Pandemie vor, wie soziale Netzwerke zum Sklavenaufseher der Menschheit werden können: Sprang die App der Menschen in Shanghai auf Rot, kamen sie in keinen Bus oder Supermarkt mehr rein – ja nicht einmal mehr in die eigene Wohnung.
Bei Meta steigen die Ausgaben: von 4,5 Milliarden Dollar im dritten Quartal 2021 auf 9,5 Milliarden Dollar im zurückliegenden Quartal. Gleichzeitig sinken die Umsätze: von 29 Milliarden Dollar in den ersten drei Quartalen 2021 auf 27,7 Milliarden Dollar in den zurückliegenden drei Quartalen. Würde diese Tendenz ungebremst anhalten, wäre Meta nächstes Jahr in den roten Zahlen. Überproportional stark hat Meta in Europa verloren: von 7 Milliarden Dollar auf 5,8 Milliarden Dollar im Vergleich der Quartale. Der Umsatzverlust in Europa war fast doppelt so hoch wie in Nordamerika, obwohl dort der Umsatz in totalen Zahlen wiederum mehr als doppelt so hoch ist wie in Europa. Ein Grund für die Schwäche des europäischen Meta-Marktes ist die Stärke des Dollars. Die lässt die Umsätze in Euro schwinden, wenn sie in die amerikanische Gesamtbilanz einfließen.
Ein anderer Grund für die Meta-Probleme ist aber das Nutzerumfeld: namentlich die EU. Deren Kommissions-Chefin Ursula von der Leyen (CDU) hat angekündigt, eigene, europäische Angebote entwickeln zu wollen. Das ist aber für die Facebook-Mutter nicht das Problem. Wenn Brüsseler Bürokraten über moderne Web-Angebote beraten, klingt das nicht nur danach, als ob dabei nichts rauskäme. Was tatsächlich ein Problem für Facebook ist, ist hingegen die Regulierungswut der EU. Die wirkt sich vor allem auf den Werbemarkt aus.
Und dann ist da noch die Konkurrenz für Facebook. Nicht die europäische – die Brüsseler Arbeitskreise tagen noch –, sondern die chinesische: TikTok hat Facebook bei den Unter-30-Jährigen fast eingeholt, haben ARD und ZDF bereits mit ihrer „Onlinestudie 2021“ festgestellt. Zwar ist demnach die andere Meta-Tochter Instagram deutlich stärker als TikTok. Aber dort ist der Werbemarkt nicht so günstig für den Konzern wie auf Facebook.
Facebook wiederum kommt 2022 inhaltlich in einem bedauerlichen Zustand daher: Viele junge Menschen haben das Netzwerk verlassen oder nie betreten, weil sich die ältere Generation dort breitgemacht hat – und sie deren soziale Kontrolle meiden. Dann hat sich Facebook selbst zur Meta-Nanny aufgebaut: immer mehr Themen, zu denen das Netzwerk seine kleinen Nutzer auffordert, sich zuerst schön brav die Internetseiten der Regierungen anzusehen, bevor sie zu dem Thema mitreden. Aus den einstigen digitalen Revolutionären sind auf die Weise Spießer geworden, die an der virtuellen Fensterbank stehen und die Kinderchen auffordern, nicht so laut zu spielen. Allerdings setzt Facebook damit wiederum nur die übergriffigen Gesetze der EU und ihres Mitgliedsstaates Deutschland um.
Der hohe Anstieg in den Meta-Ausgaben kommt durch Zuckerbergs Traum zustande, eine zweite digitale Revolution starten zu wollen. Dieses Mal im Bereich der virtuellen Phantasie. In diese will Meta nach eigenen Angaben weiter verstärkt investieren. So arbeitet der Konzern an der Einführung einer Brille, die einen die von Meta angebotenen Phantasien optisch real erleben lassen. Doch nach den Erfahrungen der Menschen in Shanghai ist die Begeisterung dafür abgeflaut, sich künstliche Welten in den Kopf setzen zu lassen.
Auch und gerade nicht von einem Konzern, der sich allzu willig auf staatliche Vorgaben einlässt und in Sachen Corona zur Wahrheitsfindung auf die Daten des deutschen Gesundheitsministerium verweist. Ein Haus, das schon öfters danebengelegen hat als nahezu jeder Verschwörungstheoretiker. Das den Lockdown im März 2020 noch als „Fake News“ bekämpfen wollte.