Die Jahre unter George W. Bush waren schlechte Jahre für die USA. Der Präsident begann Kriege, ruinierte die Wirtschaft und den Haushalt des Landes und brachte dubiose Politiker an die Macht. Einige seiner namhaften Anhänger setzten sich zum Beispiel dafür ein, dass „French Fries“, wie Pommes auf Englisch heißen, in „Freedom Fries“ umbenannt werden – weil Frankreich den amerikanischen Kriegskurs nicht unterstützte.
Das hilft einzuordnen, wie durchsetzungsfähig Lindner als Politiker ist – beziehungsweise nicht ist. Das relativiert die Aussagen, die er bei Maischberger macht. Er spricht über die Energiepolitik und formuliert wie ein Mitläufer aus dem Gefolge von George W. Bush: „Wir wollen Deutschland zu einem der führenden Länder bei den erneuerbaren Freiheits-Energien machen.“ Immerhin räumt er ein, dass das „Machtwort“ von Kanzler Olaf Scholz (SPD) nur inszeniert war und er sowie Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) es mit ihm abgesprochen hätten.
Der Erfinder der erneuerbaren Freiheits-Energien sagt auch, er wolle Fracking ermöglichen. Eine Methode, um Gas aus der Erde zu holen – die von den Grünen strikt abgelehnt wird. Zudem müssten alle Kohlekraftwerke ans Netz. Auch setze er sich grundsätzlich dafür ein, dass die drei aktiven Kernkraftwerke länger als bis April 2023 laufen. Brennstäbe könnten jederzeit besorgt werden, auch ohne, dass darin russisches Uran enthalten sei. Wie realistisch ist, dass Lindner das durchsetzt? Als Maischberger Details zur Energiepolitik wissen will, antwortet Lindner, er wolle die Grünen „nicht durch weitere Forderungen quälen“. Oberhalb seiner Gehaltsklasse.
Und dann ist da noch die solide Finanzpolitik. Das Ressort, das sich die FDP gesichert hat – und mit ihrem Chef besetzt hat. Christian Lindner will die „Schuldenbremse“ einhalten, also keine neuen Staatsschulden machen. Das schafft er auch. Indem er Schulden „Sondervermögen“ nennt und aus dem Haushalt ausgliedert: 200 Milliarden Euro für die Energiepolitik, 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr, 60 Milliarden Euro für den Klimaschutz. Alles über Schulden finanziert, die jetzt Sondervermögen heißen – Freiheitsgeld wäre die nächste Stufe.
Der Bundesrechnungshof mahnt an, dieses Verfahren sei intransparent – dieses Verfahren könne auch gegen die Verfassung verstoßen, die Haushalts-Klarheit fordert. „Ich weise zurück, dass ich trickse“, sagt Lindner. Das Auslagern in Sondervermögen sorge eigentlich für Transparenz und Haushaltsstabilität. Es sichere, dass der Staat nur Schulden in Notlagen mache – es verhindere, dass Wunschprojekte aus Schulden bezahlt würden. Er sei für Transparenz im Haushalt, sagt Lindner. Er übergeht Maischbergers Frage, wie viel Geld insgesamt in diesen „Sondervermögen“ stecke.
Diese Woche haben Terroristen das Finanzministerium Lindners überfallen und für politische Zwecke missbraucht. Linksradikale, die sich durch diesen Übergriff für einen Schuldenerlass in ärmeren Ländern einsetzen. Lindners Reaktion: Die Tat wäre nicht nötig gewesen, er sei ja einer Meinung mit ihnen. So wenig politisches Schwergewicht ist Lindner. Und er klebt an der Macht.
Ob er nochmal sagen würde, es sei besser, nicht als schlecht zu regieren, fragt Maischberger. „Es ist besser, ein Land aus der Mitte zu gestalten, als zu beobachten von außen, wie es nach links geführt wird“, lautet seine Antwort. Wer auf die Kröten sieht, die er geschluckt hat, kommt zu dem Ergebnis, dass Lindner von innen zuschaut, wie das Land nach links geführt wird. Auf der Habenseite der FDP stehen nur: Tempolimit auf Autobahnen verhindert zu haben und weniger als vier Monate Laufzeitverlängerung für drei Atomkraftwerke rausgeholt zu haben. Schon nach so wenigen Erfolgen zieht der Finanzminister zurück, er wolle die Grünen nicht mit weiteren Forderungen quälen. So wenig politisches Schwergewicht ist Lindner.
Das muss wissen, wer Fracking gut findet, so wie es Lindner fordert. Das sollte beachten, wer ihm Solidität in der Haushaltsführung zutraut. Es ist nahezu egal, was Lindner sagt. Er setzt es nicht um. Sprüche klopfen kann er indes, wie bei Maischberger: „Die Wählerinnen und Wähler dürfen gerne jemand anderen wählen, wenn sie glauben, der geht besser mit ihrem Geld um.“ Die Menschen im Saarland, in Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen sind auf das Angebot schon eingegangen – die anderen hatten noch nicht die Chance, seit Lindner das Land davon abhält, nach links zu rücken. Angeblich.