Antisemitische Künstler erhalten Gastprofessur in Hamburg
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Die Künstler von "ruangrupa" haben mit ihren antisemitischen Werken auf der documenta für einen Skandal gesorgt. Nun werden zwei von ihnen Gastprofessoren an der Hochschule für bildende Künste Hamburg. Die Entscheidung prallt auf Kritik, es gibt aber auch Zustimmung. Von Julian Marius Plutz
Die Debatte um die diesjährige documenta kommt nicht zur Ruhe. Im Mittelpunkt stand ein metergroßes Bild des indonesischen Künstlerkollektivs „ruangrupa“, das antisemitische Stereotype zeigte. So erblickt man auf dem Wimmelbild, das „People’s Justice“ heißt, einen Soldaten mit Schweinegesicht und Davidstern. Ebenfalls ist ein Soldat zu sehen, der Schläfenlocken trägt, sowie Raffzähne und einen Hut mit SS-Runen. Nach heftiger Kritik an den Künstlern, aber auch der Stadt Kassel und nicht zuletzt der Kulturstaatsministerin Claudia Roth, die die documenta im Vorfeld noch gelobt hatte, wurde das Bild schließlich abgehängt.
Nun wurde bekannt, dass Reza Afisana und Iswanto Hartono, zwei Mitglieder von ruangrupa, eine Gastprofessur an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg annehmen sollten. Harsche Kritik kommt unter anderem vom Jüdischen Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus e.V. (JFDA). „Ein genuines Interesse an der Aufarbeitung des Skandals wurde nicht überzeugend kommuniziert“, schreibt der Verein auf Twitter. „Es ist dabei auch unerheblich, ob die ruangrupa-Angehörigen überzeugte Antisemit:innen sind. Sie waren als künstlerische Leitung der documenta maßgeblich für einen antisemitischen Vorfall verantwortlich, der die gesellschaftliche Debatte noch Jahrzehnte beschäftigten wird. Das muss aufgearbeitet werden – und zwar bevor einzelne Mitglieder erneut öffentliche Gelder zufließen,“ so JFDA weiter.
Auch von Hamburger Regierungspolitikern wurde Empörung laut. So bewertete Hamburgs Antisemitismusbeaufragter Stefan Hensel bewertete den Vorgang als „skandalös“. Israelbezogener Antisemitismus und die anti-israelische Boykott-Bewegung BDS darf keinen Einzug in unsere Hochschulen erhalten.“ Hamburgs Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) äußerte sich ebenfalls kritisch.
Doch es gab auch Zustimmung für die Entscheidung der Hochschule, die bereits im Januar diesen Jahres gefallen ist. Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, bezeichnete die Idee der Gastprofessur gegenüber dem NDR als „eine hervorragende Idee“. Sie gäbe die Möglichkeit, viele von den Debatten, die im vergangenen Jahr schiefgelaufen seien, noch aufzufangen. „Vielleicht ist das die Chance, einen produktiven Dialog zu starten“, so Mendel.
Hochschul-Präsident Martin Köttering verteidigt seine Entscheidung. Die Forderung, die Gastprofessoren auszuladen, will die Hochschule für bildende Künste nicht nachkommen. „Wir sehen es als unsere Pflicht an, diese Themen jetzt nicht einfach vorbeiziehen zu lassen und zum Alltagsgeschäft überzugehen: Sondern uns mit Antisemitismus in Deutschland und in allen gesellschaftlichen Schichten zu beschäftigen“, so Köttering. Sein Vortrag wurde indes von Protesten begleitet. Immer wieder musste der Präsident seine Rede unterbrechen. Menschen mit Schildern wie „Hate is not art, hate is a crime“ oder Fight BDS“ (Boykott, Desinvestment, Sanctions) riefen Parolen wie „Das ist keine Kunst, das ist Antisemitismus“.
Afisina und Hartono hatten wie viele andere Künstler den „Letter against Apartheid“ unterschrieben – in ihm wird Israel als Kolonialmacht bezeichnet. Für die Antisemitismusexpertin Gunda Trepp ist diese Formulierung ein Indiz für Antisemitismus.
Nicht die erste Gastprofessur in Deutschland
Afisina und Hartono teilen sich auch eine Gastprofessur an der Kunsthochschule Kassel, wie ein Sprecher bestätigte. Dort waren sie demnach bereits im Sommersemester 2022 tätig und setzen ihr Engagement im kommenden Wintersemester fort.
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