Tichys Einblick
Katarina Barley oder Michael Ebling

Die möglichen Nachfolger von Ministerpräsidentin Malu Dreyer laufen sich warm

Roger Lewentz ist als rheinland-pfälzischer Innenminister zurückgetreten, bleibt aber vorerst Landesvorsitzender der SPD. Die Nachfolge in dem Amt entscheidet darüber, wer Malu Dreyer als Ministerpräsidentin beerbt. Vielleicht Katarina Barley.

Malu Dreyer, Ministerpräsidentin Rheinland-Pfalz und Katarina Barley (SPD), damals Bundesjustizministerin, beim Parteikonvent der SPD zum Europawahlprogramm, 23.03.2019

IMAGO / Rüdiger Wölk

Der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling wird Nachfolger von Roger Lewentz als rheinland-pfälzischer Innenminister. Das hat Ministerpräsidentin Malu Dreyer (alle SPD) an diesem Donnerstag bekannt gegeben. Lewentz musste nach seinem Versagen in der Ahrflut und wegen der zweifelhaften Aufklärung der Geschehnisse zurücktreten. Allerdings will Lewentz vorerst weiter der SPD im Land vorsitzen.

Damit verschafft er Malu Dreyer Zeit. Die wollte eigentlich erst im nächsten Jahr klären, wer sie als Ministerpräsidentin beerben soll. Doch eins ist klar: Wer jetzt auf Lewentz als Parteivorsitzender folgt, hat auch beste Karten, der nächste Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz zu werden.

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Da ist zum einen Ebling – 55 Jahre alt. Sein Amtswechsel ist eine klare Ansage, dass er auch auf Dreyer folgen will. Denn sein Wechsel bedeutet ein hohes Risiko für die SPD – in Mainz sind mittlerweile die Grünen die stärkste Partei und Ebling gewann die Direktwahl im November 2019 nur dank seines ausgeprägten Charismas und seiner hohen Beliebtheit. Über einen auch nur annähernd so starken anderen Kandidaten verfügt die Mainzer SPD für die nun notwendigen Neuwahlen nicht.

Dann gibt es im Land noch einen zweiten Kronprinzen: Arbeitsminister Alexander Schweitzer (49). Der Pfälzer dürfte über die besten Kontakte in der Szene der Landespolitik verfügen. Allerdings ist es fraglich, ob Dreyer. einen Kronprinzen will. Die bekennende Feministin dürfte eher für eine Prinzessin sein. Da kommen zwei in Frage: Die Fraktionsvorsitzende im Landtag, Sabine Bätzing-Lichtenthäler (47). Doch die war zuvor vor Dreyers Augen als Gesundheitsministerin gescheitert. Bliebe noch eine weitere Kronprinzessin, die derzeit in Brüssel thront: Katarina Barley (53). Mit Dreyer verbindet Barley eine Liebe zur Symbolpolitik und eine Scheu vor Sachpolitik. Eher Kampf gegen Rechts als sichere Stromversorgung sozusagen.

Kommentar zu Roger Lewentz
Der Rücktritt von Malu Dreyers Innenminister war längst überfällig
Barley hat eine lange Parteikarriere hinter sich. Deren Clou ist: Je stärker Barley versagt hat, desto höher wurde sie befördert. Bei der Bundestagswahl 2013 verlor sie als Direktkandidatin in Trier und musste über die Landesliste ins Parlament gehievt werden. Von Dezember 2015 bis Juni war sie Generalsekretärin der SPD. Dann löste Martin Schulz die Juristin ab, als sich das Scheitern seines Wahlkampfs abzeichnete. Bei der anschließenden Bundestagswahl verlor Barley erneut als Direktkandidatin und war wieder auf die Landesliste angewiesen. In der Europawahl 2019 war Barley bundesweit Spitzenkandidatin der SPD und fuhr das Rekordergebnis von 15,8 Prozent ein – ein Verlust zu 2014 von 11,5 Prozentpunkten. Zum Dank wurde sie Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, ihre aktuelle Position.

Wie Dreyer ist Barley eine Meisterin der Doppelmoral. So hatte sie sich immer wieder gegen Upload-Filter ausgesprochen, die vor allem kleinere Anbieter im Netz benachteiligen. Als Bundesjustizministerin stimmte sie dann einer entsprechenden Richtlinie der EU zu. In der Theorie wirft sich Barley gerne in die Brust und tönt von Haltung-Zeigen. In der Praxis kommt bei ihr eigenes Vorankommen vor Überzeugung. Auch scheint es ihr im ihr so wichtigen Kampf gegen Rechts an historischem Wissen oder Feingefühl zu mangeln. So forderte sie mit Blick auf den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban, man müsse ihn finanziell „aushungern“. Eine Vokabel, die angesichts der deutschen Besatzungspolitik im Zweiten Weltkrieg in Polen und Ungarn nicht ausschließlich gut ankam.

Die SPD hat in Rheinland-Pfalz nun erstmal einen politisch Gescheiterten als Vorsitzenden. Um Dreyer Zeit zu verschaffen. Barley als Nachfolgerin wäre da in einer gewissen Weise schlüssig.

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