Tichys Einblick
Kommentar zu Roger Lewentz

Der Rücktritt von Malu Dreyers Innenminister war längst überfällig

Nun also doch: Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz ist zurückgetreten. Im letzten Moment vor der Sondersitzung im Landtag. Taktik. Wieder mal. Den Ernst des Themas hat die SPD immer noch nicht erfasst.

IMAGO / Torsten Silz

Der Innenminister ist in der Nacht, in der sich eine der größten Katastrophen in der rheinland-pfälzischen Geschichte anbahnte, schlafen gegangen. Hat die Koordination der Katastrophe im Ahrtal anderen überlassen. Schon das hätte für den Rücktritt von Roger Lewentz (SPD) gereicht. Ohne alles Ansehen der Umstände. Es gibt Fehler, für die man als Verantwortlicher die Verantwortung übernehmen muss. Ob’s gerecht ist oder nicht.

Dass der Rücktritt letztlich mehr als gerecht ist, liegt an dem Umgang, den Lewentz mit dem Thema gezeigt hat. All die Unterlagen, die zufällig immer dann verschwunden sind, wenn sie den Minister belastet haben. All die Informationen, die er nicht gehabt haben will – in einer Katastrophe, die selbst Privatleute Tage vorher aus den Wetterprognosen vorhergesehen haben. Am Ende war Lewentz so wenig glaubwürdig, dass ihm keiner mehr etwas abgekauft hätte.

In Erinnerung bleibt, wie zäh er an seinem Sessel geklebt hat. Wie zuvor schon Anne Spiegel (Grüne), die seinerzeit Landesministerin für Umwelt war. Später dann, als Bundesministerin für Familie, entblödete sie sich nicht, ihre Belastung durch die Corona-Zeit als Grund für ihr Versagen anzuführen. In einem Auftritt, der so bizarr war, dass er seinesgleichen sucht.

Mit all den verlorengegangenen Unterlagen. Mit all den gefundenen Unterlagen, die er nicht gekannt haben will, musste Lewentz gehen. Das war sonnenklar. Die SPD hat dafür einen taktischen Moment gewählt: kurz vor der Sondersitzung im Landtag, um dieser die mediale Wucht zu nehmen. Letztlich ist die Sitzung abgesagt worden. Immer noch nicht haben die Sozialdemokraten verstanden, dass es in Sachen Ahrtal-Flut um so viel mehr geht, als um ein paar PR-Punkte in der Mediendarstellung.

Dafür spricht, dass Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) Staatssekretär Erwin Manz (Grüne) im Amt belässt. Dessen Umweltministerium hat am Mittag vor der Flut eine Pressemitteilung herausgegeben und die Anwohner in falscher Sicherheit gewiegt: Es werde nicht so schlimm. Obwohl Manz kurz darauf gesagt bekam, dass dies nicht stimme und da eben doch eine gewaltige Flut auf die Ahr zukommt, entschied er: Nicht so wichtig, die Pressemitteilung muss nicht korrigiert werden. Wie kann jemand, der so krass, der so folgenschwer versagt hat, noch im Amt sein? Die einzig mögliche Antwort darauf lautet: Weil Dreyer und ihr Koalitionspartner, die rheinland-pfälzischen Grünen, nicht verstanden haben, dass das Thema viel größer ist als Parteienfilz und taktische Spielchen – dass es um nicht weniger geht als die Gesundheit und das Leben von Bürgern.

15 Monate hat sich Lewentz Zeit gelassen mit seinem überfälligen Rücktritt. Manz ist immer noch im Amt. 15 Monate, in denen Zeit war, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um die Versäumnisse im Ahrtal soweit wieder gut zu machen, wie das eben geht. Was machen sie stattdessen: Private Spenden dürfen nicht ausgezahlt werden, weil die privaten Opfer nicht berechtigt sind, Spenden anzunehmen. Die Bürokratie ist wichtiger als Menschen ohne Heim, Herd und Heizung. Lewentz und Manz gehören zu einer Politiker-Generation, die um sich selbst kreist. Bräsig und selbstbezogen ist ihnen der eigene Apparat wichtiger als das Schicksal ihrer Bürger. Deswegen ist es gut, dass Lewentz jetzt weg ist – und ein Skandal, dass Manz noch da ist.


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