»Wir sind Teil des Problems, und die Herausforderungen sind gewaltig.« Solche Selbstkasteiung kommt nicht von der Kirche oder einer dubiosen Nichtregierungsorganisation, sondern dies sagt Karin Rådström in einem FAZ-Interview. Die ist neuerdings Chefin von Daimler Truck: »Aber wir sind fest entschlossen, den Straßengüterverkehr so schnell wie möglich emissionsfrei zu machen.«
Sie redet über angeblich klimaschädliche Dieselmotoren, die doch von früheren Motorenentwicklern mustergültig »sauber« gemacht wurden. Rußpartikelfilter und Entstickungstechnologien mit AdBlue waren in Lastwagen viel früher vorhanden als beim Diesel-Pkw.
Bei Mercedes soll jetzt auch der Truck »grün« werden. Auf der IAA Transportation 2022 in Hannover, der früheren Nutzfahrzeug IAA, stellte Daimler Truck zum ersten Mal als eigenständiges Unternehmen einen elektrischen Lastwagen vor, der langstreckentauglich sein soll. 500 km soll der fahren können – behauptet die Daimler Truck AG. So besonders viel Reichweite ist das für einen Fernfahrer nicht wirklich, der mit mindestens 1.000 km rechnet.
Mehr noch als beim Personenwagen ist beim Lastwagen die Energiefrage die Entscheidende: Wie viel Energie benötige ich, um 40 Tonnen in Bewegung zu setzen, Berge hinauf fahren zu lassen und wie schnell kann ich den Energievorrat wieder auffüllen, also tanken?
Nebenbei bemerkt: Um die Leistung eines Kraftwerkes in der Größenordnung von 900 MW zu übertragen, müssen pro Kilometer 40 Tonnen Kupfer in die Erde als Kabel eingebuddelt werden. Es dürfte sich bei solchen Aussichten lohnen, wesentliche Teile der weltweiten Kupfervorräte aufzukaufen.
Allein sagenhafte vier Tonnen Batterie sind in dem Lastwagen eingebaut, das entspricht einem Gewicht von zwei bis drei normalen Personenwagen – dieses Gewicht muss der elektrische Lastwagen immer mitführen, beschleunigen und wieder abbremsen, nur um den Energievorrat für den Antrieb zu speichern. Dies schmälert natürlich die Nutzlast. Deswegen ist das zulässige Gesamtgewicht des Lastwagens auf 42 Tonnen erhöht worden gegenüber normalen 40 Tonnen – ordentliche Lasten in einer Zeit, in der über vermehrte Schäden an Straßen und Brücken geredet wird.
Das Zauberwort heißt hier Energiedichte. In einem Kilogramm Diesel stecken um die 40 MJ/kg Energie drin, in einem Lithium-Ionen Akku nur magere 0,36 MJ/kg. Kohlenwasserstoffe wie eben Diesel verfügen über den unschätzbaren Vorteil einer sehr hohen Energiedichte. Dies macht den Betrieb von dieselgetriebenen Lastwagen so ungeheuer effizient. Beim Tanken ist innerhalb weniger Minuten eine hohe Energiemenge für die nächsten Etappen in die verhältnismäßig kleinen Tanks eingefüllt.
Ein paar Gedanken lohnen auch darüber, woher die erheblichen Mengen für die Rohstoffe der Batterien herkommen sollen, bevor Losungen wie »die Zukunft ist elektrisch« für LKWs an die Wand gemalt werden. Vor allem sollte ein seriöser Hersteller diese Fragen beantworten können.
Stattdessen sagt Karin Rådström in einem FAZ-Interview, dass 2024 die Produktion starten würde. »Die technischen Herausforderungen sind groß, denn es handelt sich ja um einen Sattelschlepper, eine Zugmaschine, an die der Auflieger angehängt wird. Das Fahrzeug ist viel kürzer als ein Lastwagen mit Ladefläche. Es ist also weniger Platz im Fahrgestell für die Batterien.« Sie fügt immerhin noch hinzu: »Außerdem brauchen wir größere Reichweiten.«
Der sogenannte »Longhaul«-e-LKW hat eine Lithium-Eisenphosphat-Batterie mit rund 600 kWh Kapazität, die aus China von dem Weltmarktführer CATL kommt. Den entscheidenden Baustein vermag Daimler Truck also nicht einmal selbst herzustellen.
Insgesamt sollen bisher fünf Lastwagen auf diesem »Elektrohighway« unterwegs sein – also mit die teuersten Transportkilometer. Kein Wunder: In der hessischen Landesregierung sitzt ein grüner Verkehrsminister.