Tichys Einblick
Nach Recherchen

WM-Ausrichter Katar finanziert islamische Organisationen in Deutschland

Katar finanziert indirekt Moscheevereine in Deutschland. Das ergeben Recherchen eines Teams aus Journalisten der ARD und der ZEIT. Der WM-Ausrichter wirkt auch anders auf deutsche Debatten. So unterwirft sich der neuerdings woke DFB dessen homosexuellen-feindlichen Gesetzen. Von Julian Marius Plutz

IMAGO / MIS

Viele Fußballfans stecken in einer Zwickmühle. Einerseits möchten sie zur diesjährigen Weltmeisterschaft die Deutschen unterstützen, sie anfeuern und auf den Titel hoffen. Wäre da nicht, und das ist das „Andererseits“, der Austragungsort. Seit Tag eins nach der Verkündung, der Wüstenstaat würde das Turnier in diesem Jahr austragen, hagelte es Kritik: Bereits im Jahr 2016 zeigte ein Bericht von Amnesty International, wie im Golfstaat Tausende Arbeitsmigranten ausgebeutet werden, um Stadien, Straßen und Unterkünfte für die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 aufzubauen. In einigen Fällen kämen die Arbeitsbedingungen in Katar Zwangsarbeit gleich. Doch der Fußballweltverband FIFA schaut dem Treiben zu.

So wurden laut Amnesty 234 Arbeitern, die am Bau des Khalifa-Stadion arbeiteten, die Pässe abgenommen, um zu verhindern, dass sie Katar vor Ablauf des Arbeitsvertrags verlassen. Ihnen werden die Löhne mit bis zu sieben Monaten Verspätung ausgezahlt. Beschwert sich ein Arbeiter darüber, droht ihm die Ausweisung – ohne Lohn. Das sei gängige Praxis in Katar.

Nun hat eine gemeinsame Recherche von Zeit und Tagesschau ergeben: Die islamische Diktatur hat Einfluss bis nach Deutschland. So sollen mehrere Millionen Euro einer Wohltätigkeitsorganisation nach Deutschland geflossen sein. Diese werde von der katarischen Herrscherfamilie direkt kontrolliert. Finanziert werden damit demnach religiöse Projekte unter anderem in München, Hamburg, Ulm und Berlin. Laut den Recherchen profitierte ein Verein aus der Hauptstadt besonders: das „Interkulturelle Zentrum für Dialog und Bildung (IZDB).

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So soll der Verein rund sechs Millionen Euro aus den Stiftungsgeldern erhalten haben. Auch die „Neuköllner Begegnungsstätte“ (NBS) wurde mit den muslimischen Millionen bedacht. Im Zentrum von NBS steht Imam Mohamed Taha Sabri, der bestens in die Berliner Landespolitik vernetzt ist. Besonders pikant: Die Begegnungsstätte wurde bereits vom Verfassungsschutz beobachtet. Das hinderte den damaligen Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) nicht daran, Mohamed Taha Sabri 2015 mit dem Landesverdienstorden der Hauptstadt zu ehren.

Die Vermutung liegt nah, dass NBS und IZDB Teil der Muslimbruderschaft sind – einer Bewegung, die die ägyptische Regierung als Terrororganisation einstuft. Im Dezember letzten Jahres lud die IZDB Ali Al Qaradaghi aus Katar ein. Er ist der Generalsekretär der „Union Muslimischer Gelehrter“, die nach Meinung von Experten ein Teil des Netzwerkes der Muslimbrüder ist: Professor Lorenzo Vidino von der “George Washington Universität” gilt als Experte zum Thema Muslimbruderschaft im Westen und hält die Agenda der Organisation für „äußerst problematisch“. Die Bruderschaft sendet den Muslimen die Botschaft: Ihr gehört nicht zum Westen. Der Westen hasst euch, wegen des Islam. Integriert euch nicht in die Gesellschaft!

Der DFB unterstützt mit seiner Teilnahme an der Weltmeisterschaft die Zustände in Katar. Sonst geben sich der Verband und sein Flaggschiff „Die Mannschaft“ gerne progressiv: Vor den Spielen werben sie für den Klimaschutz oder den Frauenfußball, knien gegen Rassismus nieder oder tragen demonstrativ die Regenbogenfahne. In Deutschland. Doch beim Thema Katar schweigt der Deutsche Fußballbund. Statt zur Regenbogenfahne zu stehen, trägt Kapitän Manuel Neuer eine Binde mit wild gemixten Farben, die auch Vielfalt ausdrücken soll.

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Der DFB zeigt lieber politische Symbole als guten Fußball
Die Gesetzgebung in Katar ist stark vom islamischen Recht beeinflusst, der „Scharia“. Auf gelebte oder gezeigte Homosexualität stehen bis zu fünf Jahre Haft. Um bestraft zu werden, genügt bereits das Zeigen der Regenbogenfahne. So empfiehlt der Generalmajor Abdulasis Abdullah Al Ansari, auf das Symbol zu verzichten: „Wenn nicht ich es bin, könnte ihn jemand attackieren. Ich kann nicht für das Verhalten aller Menschen garantieren. Und ich werde ihm sagen: Bitte, es gibt keinen Grund, die Fahne hier zu zeigen“, wie er gegenüber der Nachrichtenagentur AP sagte. Dieser „Bitte“ kommt der DFB nach. Statt den Farben der LGBTQ-Ideologie, die vergangenen Jahres im Spiel gegen Ungarn die Allianzarena illuminierte, trägt Kapitän Manuel Neuer zur Weltmeisterschaft das erfundene Logo mit dem Schriftzug „One Love“.

Aus dem deutschen Profifußball gibt es unterschiedliche Haltungen zu Katar. Während der FC Bayern laut Sportbuzzer seine Kooperation mit dem Wüstenstaat verlängert, verzichtet der Bundesligist TSG Hoffenheim auf eine eigene Berichterstattung zur WM. „Eine rein sportliche, einzige Tore und Leistungen feiernde Darstellung ohne den Blick auf den Rahmen, in dem dieses so genannte Fußball-Fest durchgezogen wird, verbietet sich aus unserer Sicht“, teilten die Kraichgauer am vergangenen Sonntag auf der eigenen Homepage mit.

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