Andrea Nahles ist nicht mehr zu helfen: Zwar soll sie dem Bundeskabinett auf Drängen der Union Bericht erstatten, wie das Bürokratie-Monster Mindestlohn entschärft wird. Aber daran denkt sie gar nicht, sondern verschärft ihre Angriffe auf Handwerker und Arbeitgeber sogar noch.
Die zusätzlichen 1600 Zöllner zur Kontrolle des Mindestlohns sollen wie an der Schusswaffe ausgebildet werden, erklärte sie ausdrücklich am Montag.
Nachdem SPD Generalsekretärin Yasmin Fahimini Kritiker der Mindestlohn-Bürokratie als „bescheuert“ oder „Ganoven“ beschimpft hat, erklärt Nahles sie jetzt schlicht zu brutalen Kriminellen. Wenn ihr Beispiel Schule macht, wird demnächst auch jeder Finanzbeamte mit einer Automatik-Pistole ausgestattet werden müssen. Wobei die Bedrohten keineswegs immer nur die Unternehmer sind – sondern gerade die Mitarbeiter sich bedroht fühlen, die eigentlich vor ihren verbrecherischen Meistern und Unternehmern geschützt werden sollten. Wie das vor sich geht, habe ich ja bereits früher beschrieben – denn seit Jahresanfang ist die Mindestlohn-Jagd auf Unternehmen eröffnet. Szenen aus Oberbayern: Uniformierte und bewaffnete Zöllner stürmen die Backtheke vom Bäcker Kotter im Netto-Markt in Siegsdorf, einem Dorf, wo die Wiesen fett, der Himmel weiß-blau und die Arbeitslosigkeit fast null ist.
Ein Uniformierter besetzt die Besenkammer, weil er dort ein Versteck vermutet. Die Truppe verhört Verkäuferin Sabine Mayer: Wie viel sie brutto und netto verdient, ob sie Hartz-IV-Leistungen bezieht, wie viel Kindergeld. Und das vor allen Kunden in der Warteschlange. Jetzt weiß Siegsdorf, was bei Mayers daheim los ist.
Kurze Zeit später: Fachverkäuferin Renate Hartl wird im Urlaubsort Übersee am Chiemsee von uniformierten und bewaffneten Zöllnern an der Bäckerei-Theke vor allen Kunden und Bekannten verhört. Sie bittet die Beamten, ein paar Minuten im Café zu warten. Nichts da. Der Zoll hat keine Zeit. „Massiv bedroht und eingeschüchtert“ fühlt sie sich. Vorher schon hatte der Zoll die Backstube nachts um 0.30 Uhr umzingelt und besetzt, will die Produktion abbrechen – ein Riesenschaden droht. Nur mühsam lassen sie sich davon abbringen. Bäckermeister Gerald Kotter ist außer sich: „Meine Mitarbeiter werden wie Schwerverbrecher behandelt und in aller Öffentlichkeit bloßgestellt.“ Gefunden wird: nichts. Kotter zahlt deutlich über Mindestlohn.
Über ähnliche Vorfälle in Bonn hatte auch der frühere Wirtschaftsminister Wolfgang Clement berichtet: Da wurden bei laufendem Betrieb die Mitarbeiter eines Hotels in einem Nebenraum zusammengetrieben und verhört. Clement nennt das „einen unglaublichen Vorgang, der jeden Anstand und Verhältnismäßigkeit vermissen lässt“.
So also kriminalisiert man pauschal Unternehmer und Mitarbeiter. Nahles tritt sehr selbstbewusst auf. Sie ist sich ihrer Sache sicher: Zwar mault die Union. Aber bislang haben deren Abgeordnete zwar immer gemeckert, aber dann brav zugestimmt. Auf ihre Helfer der Union im Kampf gegen Handwerker und Unternehmer kann sich Nahles eben verlassen.