Ursula von der Leyen fühlt sich mal wieder in ihrem Element. Am Vormittag des 14. September hielt sie die alljährlich in diesem Monat anstehende Rede zur Lage der Europäischen Union (EU), danach flog sie weiter nach Kiew, um den ukrainischen Staatspräsidenten Selenskyj zu treffen.
Nun ist zwar alles schon x-mal gesagt, was Frau von der Leyen von sich gibt, aber offenbar noch nicht oft genug. Und so pendelte denn das Europäische Parlament (EP) mal wieder nach Straßburg, um zu lauschen und um zu zeigen, dass man jemand ist, dass man nach der Sommerpause wieder da ist und dass man sich wichtig vorkommt. EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen trat denn auch vor die nicht voll besetzten Ränge des EU-Parlaments, um rund eine Stunde viel Übliches zu sagen und Kostspieliges anzukündigen.
Was von der Leyen zur EU sagte
Zur Entlastung der Verbraucher sollen laut EU-Kommissionspräsidentin übermäßige Gewinne von Energiefirmen künftig abgeschöpft und neu verteilt werden. Dazu kündigte sie einen Vorschlag gegen hohe Energiepreise an, der sowohl Produzenten von erneuerbarem Strom als auch Gas- und Ölkonzerne treffen würde. „Unser Vorschlag wird mehr als 140 Milliarden Euro für die Mitgliedstaaten bringen, um die Not unmittelbar abzufedern“, sagte von der Leyen.
Der Gesetzesvorschlag sieht ihr zufolge vor, dass übermäßige Gewinne vieler Stromproduzenten an Verbraucher verteilt werden sollen, um sie zu entlasten. Firmen, die Elektrizität nicht aus Gas herstellen, sollen einen Teil dieser Gewinne abgeben. Laut einem Entwurf sollen Einnahmen ab 180 Euro pro Megawattstunde an den Staat gehen. Aus diesem Geld sollten Entlastungsmaßnahmen finanziert werden.
Die EU soll zudem den Fachkräftemangel stärker mit Hilfe aus Drittstaaten angehen. Anmerkung des Verfassers dieser Kolumne: Warum denkt von der Leyen hier an „Drittstaaten“ und nicht zuerst an die vielen, vielen jungen arbeitslosen Jugendlichen in den südeuropäischen EU-Mitgliedsstaaten?
Die EU-Kommissionspräsidentin warnte zudem vor einer zu großen Abhängigkeit Europas von China, etwa in Sachen Seltene Erden. Die EU werde daher entsprechende Handelsabkommen mit Chile, Mexiko, Neuseeland ratifizieren beziehungsweise mit Australien und Indien initiieren.
Was von der Leyen zur Ukraine sagte
Ein Ende der Sanktionen gegen Russland will von der Leyen nicht, dies sei der Preis für „Putins Spur des Todes und der Vernichtung“. Die EU wolle darüber hinaus Anrufe, SMS und Datenaustausch ohne Zusatzkosten in die Ukraine ermöglichen. Konkret sagte sie, dass die Ukraine in die EU-Zone für kostenloses Roaming aufgenommen werden soll. Die Ukrainer sollen zudem Zugang zum EU-Binnenmarkt erhalten. Einfuhrzölle auf ukrainische Exporte in die EU seien bereits ausgesetzt.
Zugleich sagt sie der Ukraine eine Soforthilfe von 100 Millionen Euro zum Wiederaufbau von Schulen zu. „Denn die Zukunft der Ukraine beginnt in ihren Schulen“, so von der Leyen. Aber bis sich das via Bildung auswirkt, wird es zwei Jahrzehnte dauern. Gegenwart und Zukunft der Ukraine entscheiden sich nämlich erst einmal auf den Schauplätzen des Krieges. Aber da sollte die vormalige deutsche Verteidigungsministerin besser nicht mitreden dürfen.