Tichys Einblick
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Blackbox KW 35 – Von „Wir schaffen das“ über „Whatever it takes“ bis „Egal, was meine deutschen Wähler denken“

Aus der Kugel Eis, die die „Energiewende“ kosten sollte, wurde inzwischen eine ganze Eisfabrik. Die Staatspresse aber sorgt sich nur um eines: Haben Russen-Agenten Annalena Baerbock ihre weisen Worte im Munde verdreht?

Also plapperte Annalena Baerbock in Prag: „Wenn ich den Menschen in der Ukraine das Versprechen gebe: ‚Wir stehen an eurer Seite, solange ihr uns braucht‘, dann werde ich diese Versprechen einhalten. Egal, was meine deutschen Wähler denken.“ Hm. Das könnte nun Verschiedenes bedeuten. Erstens: Sie macht, was sie will, egal was „ihre“ Wähler denken. Das wäre womöglich sogar allen zuträglich, denn wenn Annalena nicht nach dem handelt, was „ihre“ Wähler (gerade mal 14,8 Prozent) denken, könnte das Land profitieren. Oder sie meinte: Ich mache, was ich will, egal, was „die Wähler“ (im Sinne von „die Bürger“) denken. Nach dem Motto: Sollen sie doch Kniebeugen machen, wenn ihnen kalt wird.

♦ Oder hat sie das überhaupt nicht gesagt? Für eine Faktenfinderin aus dem Hause „Tagesschau“ deuten „erste Analysen auf eine gezielte pro-russische Desinformationskampagne hin“, und der „Ministeriumsbeauftragte für strategische Kommunikation“, ein gewisser Ptassek, sieht auch nach mehrmaliger Überprüfung ein „sinnentstellend zusammengeschnittenes Video, geboostert von prorussischen Accounts“. Bitte überprüfen Sie selbst, verehrte Leser, aber bedenken Sie auch, dass bei Annalena Baerbock nicht jedes Wort auf die Goldwaage gelegt werden darf. Mit den „Kobolden“ und der „Fressefreiheit“ wurde sie ja auch missverstanden.

♦ Drei Sätze stehen für alles, was bisher schiefgelaufen ist im Land der untergehenden Sonne: „Wir schaffen das“ (Merkel), „Whatever it takes“ (Draghi), „Egal, was meine deutschen Wähler denken“ (Baerbock). Seitdem zahlen wir alleine 50 Milliarden im Jahr mehr für „Soziales“, die Straßen sind unsicherer geworden und Freibäder Risikozonen. Das Geld verliert täglich an Wert, wir bekommen keine lebensnotwendigen Rohstoffe mehr und die Energieversorgung ist hoch gefährdet.

♦ Da standen die drei Ausrufezeichen Scholz, Habeck und Lindner vor Schloss Meseberg, selbstbewusst wie Friedrich Merz vor seiner ersten (gescheiterten) Wahl zum CDU-Vorsitzenden, und verkündeten, man werde ein „präzises und maßgeschneidertes“ Entlastungspaket schnüren (Scholz), ach was, ein „wuchtiges“ sogar (Lindner). Herr Habeck nutzte die Gelegenheit, den aufmerksamen Journos noch einmal in ihre Notizblöcke zu diktieren, „wie gut es ist, dass Olaf Scholz diese Regierung führt“, denn „mit seiner Erfahrung, mit seiner Umsicht, mit seiner Ruhe führt er dieses Land sicher“ durch den ganzen Schlamassel.

♦ Den Schlamassel hatte der gefühlige Erklär-Onkel Habeck zuvor im Staatsfunk sehr anschaulich geschildert. Die Menschen werden „im nächsten halben Jahr Einkommen oder Wohlstand oder Geld verloren haben“. Die Strompreise werden sich im Winter vermutlich verdoppeln, Wärmepreise gar um das Drei- bis Vierfache steigen, es gehe also nicht um Hunderte, sondern um Tausende von Euro für den durchschnittlichen Verbrauch einer Familie. Aus der Kugel Eis, die die „Energiewende“ laut grüner Schwadronierer jeden nur kosten sollte, wurde inzwischen eine ganze Eisfabrik.

♦ Trotz alledem: „Welt“-Herausgeber Stefan Aust macht sich keine Illusionen, dass der deutsche Michel so schnell aufwacht, zu schön werde er von Habeck und den Grünen eingeseift, und auf Demonstranten warteten schon die hochgerüsteten Innenminister.

♦ Das Einseifen funktioniert so prima, weil der Staatsfunk durchsetzt ist mit rotgrünen Aktivisten, die den alten Herrschaften vor dem TV als unabhängige Journalisten verkauft werden. Wie etwa der „WDR“-Journo Detlef „Filz“ Flintz, der den dösenden Rentnern in den „Tagesthemen“ das Gute am Preisschock weismachen darf mit dem Lügenmärchen, „nur wenn Öl und Gas spürbar teurer werden, kriegen wir die Erderwärmung in den Griff“. Flintz ist Grünen-Politiker, was der Staatsfunk nicht mal erwähnte.

♦ Zwar müssen alle für den Staatsfunk zahlen, gucken muss man aber nicht. Vor allem die Jugend hat eine gesunde Immunität entwickelt. So lag das Durchschnittsalter des TV-Publikums im ersten Halbjahr 2022 bei 59 Jahren, fast wie bei Corona. Zwei Drittel der Jugendlichen haben kein Vertrauen mehr in die Journos, viele vermuten (nicht ganz zu Unrecht), dass die Medien absichtlich wichtige Informationen zurückhielten und nur ihre eigene Meinung verbreiteten. Andererseits sind die Kiddies den Medien doch schwer auf den Leim gegangen: 74 Prozent haben Angst vor Klimawandel …

♦ Ja, es ist die heilige Pflicht des Klimajournalisten, immer wieder den Teufel an die Wand zu malen und sich auch nicht von den Anhängern Coronas die Butter vom Brot nehmen zu lassen. Anscheinend gehören auch „Bild“-Leute zu einem Netzwerk Klimajournalismus, denn da fanden wir eine lange Gruselgeschichte über das abschmelzende Eis Grönlands, das zu einem Meeresspiegelanstieg um 27,4 Zentimeter führen könnte, müsste oder wird. Der Klassiker. Und wieder stehen die Klimajünger auf die Flut wartend am Nordseestrand, und die Friesen suchen schon nach Zweitwohnungen in den Alpen oder wenigstens auf den Hügeln des Sauerlands.

♦ Haben Sie noch den Überblick, verehrte Leser? Alpha, Omikron, BA.1 bis BA.5? Na egal, Hauptsache Corona. Die Europäische Arzneimittelagentur hat jedenfalls für neue Impfstoffe grünes Licht gegeben. Die sollen besonders gut gegen BA.1 wirken, das in Deutschland eigentlich keine Rolle mehr spielt, wenn wir alles richtig verstanden haben, aber Lauterbach feiert sie bereits als „Quantensprung im Kampf gegen die Pandemie“. Diesmal wirklich. Indianerehrenwort vom Medizinmann Silberne Zunge.

♦ Wurde Karl Lauterbach etwas zu hart angefasst bei Markus Lanz? Nicht wirklich, oder? Karl ist also einfach überarbeitet, also deswegen redet er ein wenig wirr …

♦ Uns bleibt auch nichts erspart! Nun kümmert sich auch Ursula von der Leyen um die Strompreise. Sie droht eine „Sofortmaßnahme“ an und arbeitet angeblich zudem an „einer strukturellen Reform des Strommarkts“.

♦ Also irgendwie ist das mit den Sanktionen schiefgelaufen. Gazprom meldet 41,63 Milliarden Euro Gewinn allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres, das ist doppelt so viel wie im Gesamtjahr davor. Deshalb wollen die G7-Staaten nun nachjustieren und einen Höchstpreis für russisches Öl festlegen, und alle Länder, die guten Willens sind, sollen sich dem anschließen. So kommt zur Gaskrise noch die Ölkrise hinzu. Und was macht der Russe? Liefert frech nur an Staaten, die Marktpreise akzeptieren. Verdammte Kapitalisten, das!

♦ Leider kann zunächst kein Gas durch Nord Stream 1 geleitet werden. Wegen Ölleck. Da geht Umweltschutz vor.


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