Moskau 1999. Am 9. August wird der Direktor des russischen Inlands-Geheimdienstes FSB, ein gewisser Wladimir Putin, von der Duma mit knapper Mehrheit zum Ministerpräsidenten der Russischen Föderation gewählt.
Ab dem 31. August kommt es in mehreren Städten Russlands zu teilweise verheerenden Anschlägen. Der erste trifft ein Moskauer Einkaufszentrum. Dabei stirbt ein Mann, 40 werden verletzt.
Am 8. September trifft es ein Wohnhaus in Moskau. 94 Tote und 150 Verletzte. Ein bis heute nicht identifizierter Mann meldet sich bei einer Nachrichtenagentur und erklärt das Attentat zur Rache für russische Bombenangriffe auf Orte in Dagestan und Tschetschenien.
Am 13. September wird in Moskau ein Wohnhaus mit acht Etagen total zerstört. 118 Tote und 200 Verletzte. Wladimir Putin, zu diesem Zeitpunkt gerade einen Monat im Amt, erklärt ohne tatsächliche Beweise den „illegalen Kampfeinheiten“ in dem nach Unabhängigkeit strebenden Tschetschenien den Krieg.
Am 16. September wird in Wolgodonsk ein Wohnhaus durch eine Autobombe heftig beschädigt. 17 Tote. Putin reagiert mit Vernichtungsbefehlen gegen Tschetschenien. Ziel sind die zivile Infrastruktur sowie die wirtschaftliche Basis des Landes.
Es folgt ein Vernichtungsfeldzug gegen das Kaukasusland, das sich von der Russischen Föderation trennen wollte. Der Krieg, der mit den Anschlägen begründet wird, nimmt genozidale Züge an.
Offizielle Ermittlungen ergeben, dass arabische und kaukasische Muslime, die an der Seite der Tschetschenen gekämpft haben, die Verantwortung für die Attentate tragen. Auf den später veröffentlichten Listen der angeblich Beteiligten finden fast ausschließlich kaukasische Namen.
Und dann noch eine FSB-Übung
Abgeordnete der damals noch nicht gleichgeschalteten Duma leiten eigene Untersuchungen ein. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass nicht Tschetschenen, sondern der FSB hinter den Anschlägen steckt. Die unmittelbare Verwicklung Putins als bisheriger Chef des Inlandsgeheimdienstes sei offensichtlich. Ziel: seine zu diesem Zeitpunkt noch schwache politische Position sichern.
Die Exekution der Kritiker
Sergej Juschenkow, der die Duma-Untersuchungen leitet und den FSB verantwortlich macht, wird im April 2003 vor seiner Wohnung in Moskau erschossen. Der Mord wird nie aufgeklärt.
Juri Schtschekotschichin, ebenfalls FSB-kritischer Abgeordneter, stirbt im Juli 2003 offenbar an einer Polonium-Vergiftung. Offiziell wird der Tod des Journalisten nie aufgeklärt.
Anna Politkowskaja, Journalistin, die die Suche nach den eigentlichen Hintermännern der Anschläge nie aufgibt, wird am 7. Oktober 2006 mit mehreren Schüssen im Hausflur vor ihrer Wohnung förmlich hingerichtet. Der Täter wird trotz Überwachungskameras nie ermittelt.
Alexander Litwinenko, ehemaliger Offizier des FSB, der ebenfalls die Verantwortung des FSB behauptet und 2000 politisches Asyl in London beantragt hatte, stirbt dort am 23. November 2006 an einer Polonium-Vergiftung.
Boris Beresowski, der einen Aufklärungsfilm zu den Anschlägen finanziert hatte, in dem der FSB als Verantwortlicher bezeichnet wird, wird am 23. März 2013 erhängt aufgefunden. Er hatte zu diesem Zeitpunkt mehrere Attentate überlebt. Gerichtsmediziner stellen fest, dass Beresowski bereits vor dem Hängen erdrosselt worden war.
20. August 2022
Auf dem Heimweg von einer Veranstaltung nationalfaschistischer Kreise in einem Moskauer Vorort, an der sie mit ihrem Vater Alexander Dugin teilnahm, wird Darja Dugina Opfer einer Autobombe.
Die Attentäterin soll sich laut FSB unmittelbar nach dem Anschlag mit dem Auto nach Estland abgesetzt haben. Die Strecke hat eine Länge von fast 800 Kilometern, für deren Bewältigung aufgrund schlechter Straßenverhältnisse mindestens 14 Stunden benötigt werden.
Alexander Dugin, Vater der Getöteten und möglicherweise das eigentliche Anschlagsziel, schwört nach dem Tod seiner Tochter Russland auf totale Rache ein. „Unsere Herzen dürstet es nicht einfach nach Rache oder Vergeltung. Das wäre zu klein, nicht russisch. Wir brauchen nur unseren Sieg. Auf dessen Altar hat meine Tochter ihr mädchenhaftes Leben gelegt. Also siegt bitte!“
Eine FSB-False-Flag-Operation
Experten äußern ihre Verwunderung über das ungewöhnlich schnelle Ermittlungsergebnis des FSB. Sie stellen Fragen:
Warum hat der FSB das Attentat nicht verhindert, wenn die angebliche Täterin bereits über einen längeren Zeitraum observiert wurde, sodass umgehend nach der Tat FSB-Filmaufnahmen veröffentlicht werden konnten?
Warum trägt eine angebliche Geheimagentin der Ukraine bei ihrem Einsatz in Russland einen Ausweis der Asow-Brigade mit sich herum, der zudem noch erkennen lässt, dass es sich dabei um eine Fälschung handelt?
Wieso konnte eine vom FSB observierte Geheimagentin nach dem Attentat mindestens 14 Stunden ungehindert durch Westrussland reisen, wenn sie bereits auf dem Schirm des Geheimdienstes gewesen ist?
Wie konnte sie die gesicherte Grenze nach Estland überwinden, das die Behauptung einer Einreise der in den FSB-Filmen gezeigten Frau als nicht zutreffend zurückweist?
Kenner der russischen Dienste sprechen von einer „typisch dummen, plumpen Aktion des FSB, die nur dem Ziel dient, künftiges Vorgehen Russlands begründen zu können. Leider verfängt solches nur allzu oft bei den einfach gestrickten Russen.“
Die Vorbereitung für russischen Staatsterrorismus
Tatsächlich gehen westliche Dienste davon aus, dass Russland für den 24. August, den Nationalfeiertag der Ukraine, massive Attacken plant. Gerechnet wird mit schweren Luftschlägen vor allem gegen die Metropole Kiew und auf die Infrastruktur – nunmehr begründet als „Vergeltung“ für den Tod einer „aufrechten russischen Patriotin“.
Die ukrainische Militärführung bereitet sich zudem darauf vor, dass russische Angriffe über den Vasallenstaat Belarus erfolgen könnten.
Die von der Duma geforderten Schauprozesse gegen die ukrainischen Asow-Kämpfer rücken in greifbare Nähe. Da angeblich eine Asow-Agentin den Anschlag durchgeführt hat, ist nach russischer Propagandalogik der finale Beweis erbracht: Das Regiment ist keine offizielle Kampfeineinheit, sondern eine Terroristenbande. Und da die Regierung in Kiew zu Asow steht, ist die als Einmarschgrund genannte Illegalität einer ukrainischen Naziregierung nun offenkundig.
Vorstellbar ist zudem, dass Putin, dem bei seinem als Polizeiaktion getarnten Terrorüberfall auf das Nachbarland die Soldaten ausgehen, diese angebliche Operation der Ukraine zum Anlass nimmt, um die Generalmobilmachung auszurufen.
Das Muster von 2022 folgt insofern fast Eins zu Eins jenem von 1999.
Sollte Dugin für Großrussland geopfert werden?
Aber kann es sein, dass der FSB den öffentlichen Tod der Nationalfaschistin inszeniert hat, um damit den totalen Kampf gegen die Ukraine zu erklären?
Ja – und es kann dieses umso mehr, wenn tatsächlich, wie offenbar ursprünglich geplant, Dugin selbst das Opfer gewesen wäre. Der Vordenker des großrussischen Imperialismus wäre zum Helden Russlands stilisiert worden – mit höchsten Ehren in der Kremlmauer beigesetzt als ewiges Beispiel für die russische Jugend, ihm und seinen Ideen nachzueifern. Seine Tochter hätte das Erbe antreten und eine führende und gefeierte Ikone der Diktatur werden können – so, wie es Margarita Simonjan vom Staatsfernsehen unmittelbar nach dem Attentat gesagt hatte: „Darja hätte einer jener Menschen werden können, die für Russland eine neue Volksideologie bilden!“
PS – nicht nur in diesem Zusammenhang interessant: Nach TE-Informationen errichten die USA und Großbritannien derzeit bei Klausenburg in Rumänien im Eilverfahren einen Militärflughafen, der zur Sicherung der Nato-Südflanke bei Moldawien und der Südukraine beitragen soll.