Die zehn größten grünen Lebenslügen vorstellen? Keine dankbare Aufgabe. Irgendwelche vergisst ein Autor immer: Sei es, weil er die Doppelmoral nicht eigens erwähnt, da die sich als Grundton durch alle anderen Lebenslügen zieht. Oder sei es, weil er sich gegen das grüne Verhältnis zur Presse als eigenen Punkt entscheidet, die solange von Pressefreiheit schwärmen, bis die einer nutzt und eine ungrüne Position vertritt, was bei aller Liebe zur Freiheit verboten gehört. Aber es ist eine Top Ten und da finden nur die größten Lebenslügen einen Platz. Wie den:
10. Energiepolitik. Von keinem Thema haben die Grünen so profitiert wie von der Atomenergie. Der erste und einzige grüne Ministerpräsident kam ins Amt, weil die Wahl zwei Wochen nach dem Unfall in Fukushima stattfand. Seitdem rollt der grüne Medienzug und fordert erfolgreich das Aus von Atom- und Kohlekraft – gleich mit. Selbst die CSU hat vergessen, wie man Grundsicherung buchstabiert. Die gründeutsche Energiepolitik sei so vorbildlich – hieß es -, dass die Welt folgen werde. Wann das sein wird, ist offen. Vermutlich wird es nicht vor dem Blackout in Deutschland passieren.
9. Bio-Landwirtschaft. Bauernhöfe wie damals. Der Landwirt zieht mit Pferd und Pflug Furchen in den Acker. Vorausgesetzt, das Pferd ist gewerkschaftlich organisiert. So sieht das Idyll der Landwirtschaft aus, das Grüne anstreben. Traumhaft. Für ein Land, das so wenig auf seine Bauern angewiesen war, dass es ihnen Prämien zahlte, wenn sie ihr Land nicht bestellten. Für Staaten wie Sri Lanka sieht die Welt anders aus. Da verwirklicht die Regierung grüne Träume und verbietet Pestizide sowie chemischen Dünger, doch kein Jahr später erwacht sie, weil die Ernte futsch ist und die Bevölkerung hungrig.
8. Fortschrittspartei. Die Grünen waren die jüngste der großen Parteien, bis die AfD aufkam. Aber die fortschrittlichsten waren sie nie. Im Gegenteil. Die Grünen sind eine Wohlstandserscheinung. Symbol für ein Land, das alles hat und in dem sich jetzt nichts mehr ändern soll: Gentechnologie? Fracking? Handymasten? Die deutsche Faustregel lautet: Umso neuer etwas ist, desto entschiedener sind die Grünen dagegen. Über die Fax-Geräte in deutschen Gesundheitsämtern mag die ganze Welt lachen. Aber hätten sich die Grünen in den 80ern durchgesetzt, stünden da heute noch nicht mal Computer.
7. Internationalismus. Der grüne Werbespot zur Bundestagswahl war so weiß, dass ihn sogar ein amerikanischer Bibelsender abgelehnt hätte. Farbige Menschen kamen nur in der Rolle von Hilfsarbeitern vor. Der Spot war keine Panne, er steht für das grüne Verhältnis zu Minderheiten: Es ist das des privilegierten, aber gutmütigen Herrenmenschen, der gut zu seinen Untergebenen ist. So lange diese die Rolle des beschenkten Untergebenen nicht verlassen. Dazu gehört durchaus eine Quote. Ein Cem Özdemir darf sich um Landwirtschaft kümmern, aber wer besetzt die Machtfunktionen? Na?
6. Säkularisierung. Pfarrer haben noch in den 90ern gewarnt, die Grünen zu wählen. Sie stünden für Gottlosigkeit. In der Tat wollten Grüne Staat und Religion entschiedener trennen als die anderen. Doch heute unterscheidet sich ein grüner Parteitag nur noch durch das Logo von einem Treffen der evangelischen Kirche. Religionskritik halten die Grünen für so schlimm, dass sie die sogar verbieten wollen. Nicht gegen das Christentum. Da darf jeder ruhig die Sau rauslassen. Apropos Sau. Andere religiöse Empfindlichkeiten sind zu schützen – notfalls stärker, als es die Verfassung erlaubt.
5. Kollektivismus. Grüne sind wie die Studenten, die an der Uni Besitzlosigkeit und Gemeinnutz predigen, aber sich dann in der Mensa vordrängeln. Politisch sind sie fürs Kollektiv. Die Gemeinschaft soll den Wohlstand erwirtschaften. Doch ist des Grünen Lebenstraum in Erfüllung gegangen und er ist verbeamtet mit A15 aufwärts, dann zieht er sich gerne in sein Vorstadthaus zurück und genießt sein Leben ganz individuell. Die offenen Grenzen hören am Gartenzaun auf. Aber bürgerlich ist sein Leben nicht. Schon allein, weil seine Produkte „Bio“ sind und ganz andere Markennamen tragen.
4. Rotation. Berufspolitiker wollten die Grünen nie werden. Diese Monster, die nichts anderes gelernt haben, daher an den Bundestag gebunden und entsprechend manipulierbar sind. Die ersten grünen Bundestagsabgeordneten wollten ihr Mandat nicht nach einer Wahlperiode abgeben – sondern schon in deren Hälfte. Dann sollten es die wissenschaftlichen Mitarbeiter erhalten. Diese Rotation sollte individuelle Machtkonzentration verhindern und das Kollektiv stärken. Sollte. Dummerweise hatten sich die Abgeordneten der ersten Stunde rasch an die schönen Diäten gewöhnt, genau wie an die anderen Privilegien, die so ein Mandat mit sich bringt. Also behielten sie es und bereits die erste Rotation fiel ins Wasser. Vermieden, Politikabhängige zu schaffen, haben die Grünen auch nicht. Eher im Gegenteil.
3. Gewaltfreiheit. Der versiffte Bundeswehr-Parka war in den frühen 80ern das Erkennungsmerkmal des pazifistischen Grünen. Auf deutschem Boden darf nie wieder ein Joint ausgehen. Nun war es in der alten Bundesrepublik leicht, gegen Kriege zu sein. Denn es gab keine. Bis die Grünen erstmals an die Macht kamen. Dann dauerte es nur noch wenige Monate. Seitdem haben die Grünen gegen jede deutsche Kriegsbeteiligung gekämpft – also wenn sie unbeliebt war wie im Irak. Davon abgesehen sind die pazifistischen Grünen überall stramm dahin marschiert, wo es gerade oppurtun war. Doch ein wenig leben die Grünen ihren Pazifismus noch. Gelöbnisse der Bundeswehr stören sie gerne. Den Fußsoldaten, die sie vom Bundestag aus in den Krieg schicken, rufen sie Schimpfworte hinterher. Sympathisch sein ist nicht die Übersetzung von Pazifismus.
2. Feminismus. Der deutsche Feminismus ist wie die Grünen aus den „68ern“ hervorgegangen. Doch die Geschichte ist deutlich gruseliger gewesen, als es die grüne Verklärung gerne erzählt. Die linksbewegten Revoluzzer gingen ausbeuterischer mit Frauen um, als es bürgerliche Männer nach der Steinzeit je getan haben: Man kann zwar die Konsumangebote verurteilen, mit denen bürgerliche Männer Frauen angelockt haben. Aber die linke Alternative hieß: Frauen als „reaktionäre Spießer“ zu brandmarken, wenn sie nicht wie gewünscht parat standen. Feministinnen wie Alice Schwarzer reagierten mit ihrem Engagement auf diese Situation. Später ließen sich viele bei den Grünen integrieren, doch das Verhältnis blieb gespannt. Bis die Quote kam. Sie ermöglichte Frauen Karrieren, die dafür nachweislich ungeeignet waren oder sind wie Simone Peter oder Steffi Lemke. Der damit verbundene Wohlstand versöhnte die Femnistinnen mit den Grünen – das bürgerliche Werbemodell funktioniert halt doch immer noch am besten.
1. Basisdemokratie. Noch bevor die Grünen in den Bundestag eingezogen sind, erwies sich die erste Lebenslüge als nicht haltbar: Sie hatten sich nicht als Partei verstanden, sondern als Sammlungsbewegung. Feministinnen und Umweltschützer sollten sich ebenso wiederfinden wie Pazifisten und Kapitalismuskritiker. Und ja: In den ersten Jahren schwammen auch die „Stadtindianer“ in diesem Sammelbecken. Stadtindianer klingt deutlich besser als „Männer, die Sex mit Kindern haben wollen“ – meint aber das Gleiche. Doch die Idee, dass all diese Gruppen zusammenkommen und gleichberechtigt vertreten werden, führten die Mitglieder der „K-Gruppen“ ad absurdum. Darunter fand sich auch ein Herr Joseph Fischer, besser bekannt als „Der Joschka“. Die Mitglieder kommunistischer Splittergruppen wussten, wie man einen Parteitag so organisiert, dass am Ende der vorne steht, der vorher schon feststand. Die Kommunisten stellten die erste Führungsschicht der Grünen. Zusammen mit den Anwälten der „RAF“-Mörder. Heute verhängen die Grünen Kontaktverbote über Anwälte, die den Falschen verteidigt haben. In Sachen RAF-Mörder hatten sie damit keine Probleme – vielleicht hielten sie die aber auch für die Richtigen.