Dass Patricia Schlesinger von ihren Intendantenkollegen so schnell fallen gelassen und zum Rücktritt gedrängt wurde, erklärt sich wohl aus der Tatsache, dass die Chefs des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von der Sorge getrieben werden, dass aus der Causa Schlesinger eine Causa öffentlich-rechtlicher Rundfunk wird. Denn das ist sie im Grunde, die Causa öffentlich-rechtlicher Rundfunk wird nur bei Patricia Schlesinger besonders deutlich.
So verdienen als Grundgehalt im Jahr laut FAZ SWR-Intendant Kai Gniffke 361.000 Euro, NDR-Chef Joachim Knuth 346.000, Katja Wildermuth vom BR 340.000, HR-Intendant Manfred Krupp 305.000, MDR-Intendantin Karola Wille 295.000, Radio-Bremen-Chefin Yvette Gerner 281.000 und der Intendant des Saarländischen Rundfunks, Martin Grasmück, 245.000 Euro. Aber es sind nicht nur die Intendanten, die weit mehr bekommen, als sie verdienen.
Angesichts dessen, dass die ARD ihren Kultur-, Bildungs- und Informationsauftrag nicht mehr erfüllt, Neutralität, wie man bei ARD-Angestellten wie Tina Hassel, die für Schlesingers Nachfolge im Gespräch ist, sehen kann, nicht mehr wahrt und objektive Berichterstattung durch politischen Aktivismus ersetzt, klingt es wie Hohn, wenn Buhrow in billig-boulevardesker Melodramatik barmt: „Tausende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der ARD leisten jeden Tag gute Arbeit für unsere Programme, und das darf nicht überschattet werden von diesen Vorwürfen, auch wenn sie sehr massiv sind. Gleichzeitig müssen wir jetzt auch den Blick nach vorne richten.“
Gern verweisen ARD-Redakteure auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Öffentlich-Rechtlichen, doch sind die letzten Urteile unter dem Merkel-Mann Stephan Harbarth nicht mehr über jeden Zweifel erhaben, da sie stärker politisch, denn juristisch motiviert wirken.
Gern wird auch den Kritikern des Schlaraffenlands öffentlich-rechtlicher Rundfunk, in dem ein Intendant mehr als der Bundespräsident oder der Bundeskanzler der Bundesrepublik verdienen kann, Neid vorgeworfen. Das ist zutiefst demagogisch – oder wie das neue Wort dafür lautet: populistisch –, denn es geht hier um öffentliche Gelder, um Zwangsgebühren, denn alle Bürger, ganz gleich, ob sie das Programmangebot von ARD und ZDF nutzen wollen, werden unter Androhung von Gefängnis dazu gezwungen, ihren Obolus zum Wohlleben beispielsweise von Tom Buhrow zu leisten. Es ist völlig unerheblich, was privatrechtliche Sender wie RTL oder Pro7/Sat1 ihrem Führungspersonal zahlen, denn, wie die Sender das Geld, das sie erwirtschaftet haben, ausgeben und wofür, ist allein Sache der Sender. Doch Buhrow und Co. erwirtschaften nichts, sie verwirtschaften bloß, schließlich werden sie von den Bürgern finanziert. Und man wird sie auch nicht los, wenn sie sich als unfähig erweisen. Man wird es an der Causa Schlesinger beobachten können, die eben eine Causa ARD ist.
Dass Buhrow im Wolkenkuckucksheim lebt, belegen die Phrasen, das leere Wortgeklingel: „Wir werden in der ARD weiter unsere Strukturen überprüfen, die begonnenen Reformen mit Blick auf das Digitale vorantreiben und gemeinsam noch mehr Synergien schaffen, um das beste Programm für die Menschen zu machen, die uns bezahlen.“ Das Gegenteil ist der Fall. Bisher haben die Öffentlich-Rechtlichen im Verbund mit einigen Politikern noch jeden Reformversuch, wie letztens beispielsweise denjenigen, der von Sachsen-Anhalt ausging, zu verhindern gewusst. Wenn die ARD von Reformen spricht, meint die ARD nur Machtausbau auf der Grundlage von Gebührengeldern, um einen unfairen Wettbewerb gegen die private Konkurrenz in TV und Print zu führen.
Es ist eindeutig – und der Fall Schlesinger zeigt es nur besonders drastisch –: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist inzwischen unreformierbar. Es wird Zeit, dem Bürger beispielsweise via Streaming-Abo anheim zu stellen, ob und im welchen Umfang er für das Programmangebot der Öffentlich-Rechtlichen bezahlen will. Wenn Tom Buhrow vorhat, „das beste Programm für die Menschen zu machen, die uns bezahlen“, dann wird das nur gelingen, wenn er das Programm für die Menschen macht, die ihn tatsächlich bezahlen wollen, nicht für die, die ihn bezahlen müssen. Denn für den, der muss, muss man nichts machen, er muss ja, ob er will oder nicht.