Tichys Einblick
TE Pro & Contra – Contra

Keine Maskenpflicht für Kinder und Jugendliche an Schulen

Mit dem Schulstart in Nordrhein-Westfalen ist die Debatte um den Sinn und die Notwendigkeit des Maske-Tragens an Schulen entbrannt – und wird sich im Herbst wieder zur Grundsatzfrage „Maske ja oder nein?“ aufschaukeln. TE hat dazu ein Pro & Contra, hier der Beitrag contra.

IMAGO/imagebroker

Mit dem Schulstart in NRW ist erneut die Debatte um den Sinn und die Notwendigkeit des Maske-Tragens an Schulen entbrannt und damit auch über eine mögliche Maskenpflicht ab Herbst. NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) will die Rückkehr zur Maskenpflicht an einzelnen Schulen oder flächendeckend nicht ausschließen. Ob das Land NRW generell eine Maskenpflicht an Schulen verhängen würde, hänge davon ab, welche Regelungen das Bundesinfektionsschutzgesetz dazu biete. Der aktuelle Entwurf ermöglicht es den Ländern, eine Maskenpflicht an Schulen ab der fünften Klasse einzuführen, um den Präsenzbetrieb aufrechtzuerhalten.

Eigenverantwortung als Einstieg zur Pflicht?

Die Maske muss weg
Neue Studie zeigt: Ansteckung abhängig vom Alter – nicht von der Maske
Zum Schulbeginn hatte die Schulministerin in einem Info-Brief an Eltern und Schüler eine Empfehlung für das freiwillige Tragen einer Maske abgegeben. Sie appellierte darin an die Eigenverantwortung. Die aktuelle Pandemiesituation ermögliche ein öffentliches Leben ohne weitgehende Schutzmaßnahmen. „Der Eigenverantwortung der Menschen und ihren Erfahrungen im Umgang mit dem Virus kommt in dieser Phase der Pandemie eine zentrale Bedeutung zu. Dies gilt gleichermaßen für das Leben im Alltag wie auch in der Schule.“ Und weiter: „So tritt auch in der Schule ein eigenverantwortlicher Umgang mit dem Virus stärker in den Vordergrund und wird durch die Schulen aktiv unterstützt … Regelmäßiges Händewaschen sowie das freiwillige Tragen einer Maske werden empfohlen.“

Kommt nach der Empfehlung zum freiwilligen Tragen nun die Vorbereitung auf eine Maskenpflicht ab Herbst? Ist der Appell an die Eigenverantwortung nur der Einstieg zur erneuten Pflicht?

Der Lehrerverband ist für das verpflichtende Tragen der Maske, weil sonst wieder mit flächendeckenden Schulschließungen zu rechnen sei. Doch Ärzte kommen zu einer anderen Einschätzung und Empfehlung: Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) hat sich gegen eine Maskenpflicht in Schulen ausgesprochen. Der Verbandsbundessprecher Jakob Maske sagte laut Spiegel, Studien würden zeigen, dass Masken die Infektionen eher zeitlich aufschöben. Vor zwei Jahren, im August 2020, war der Ärzteverband Marburger Bund der Meinung, dass das Tragen von Masken während der Unterrichtsstunden keinen Sinn mache und eine überflüssige Behinderung wäre.

Nach zwei Jahren Corona gibt es zahlreiche Untersuchungen, die an Wirksamkeit und Nutzen von Masken zumindest zweifeln lassen. Manche Studien kommen zu dem Ergebnis, das Masken sogar schaden können: Sie können physische und psychische Schäden hervorrufen, gerade bei Kindern und Jugendlichen. Das – also ein zweifelhafter Nutzen bei möglichen Risiken für die Gesundheit – sollte Grund genug sein, von einer generellen Maskenpflicht abzusehen, gerade bei Kindern und Jugendlichen, die nachweislich am wenigsten gefährdet sind, schwer an Corona zu erkranken. Wer sie freiwillig tragen will, weil er meint, sich oder andere damit schützen zu können, der soll das selbstverständlich tun – aber ohne Zwang für andere.

Der freie Wille folgt der Panikmache und Moralisierung

Nach Aufhebung der Maskenpflicht kurz vor den Osterferien haben die meisten Lehrer und Schüler an der Schule, die meine Tochter besucht, die Maske freiwillig getragen. In verschiedenen Gesprächen mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen habe ich erfahren, dass das Maske-Tragen auch mit dem Gedanken verknüpft ist, solidarisch und damit gut sein zu wollen. Dazu hat sicherlich die monatelange Propagierung des Maske-Tragens zum Schutz anderer beigetragen. Viele Jugendliche tragen also die Maske nicht in erster Linie, um sich selbst zu schützen, sondern ihre Eltern, die Großeltern und die Lehrer – sie tragen sie „aus Solidarität für die Gesellschaft“. Diese Aussage habe ich schon von einigen jungen Menschen gehört, genauso wie auch im Zusammenhang mit der Impfung. Umgekehrt ist jeder, der keine Maske trägt (oder sich nicht impfen lässt), unsolidarisch und gehört nicht zu den „Guten“.

Ab sofort
Das Ende der Maskenpflicht: Endlich wieder Gesicht zeigen!
Eine weitere häufige Aussage von Jugendlichen (und auch Erwachsenen) ist: „Die Maske zu tragen, macht mir nichts aus, ich habe mich daran gewöhnt.“ Man kann sich wohl an alles gewöhnen, und bekanntlich: je früher im Leben, desto besser. Aber stimmt das, und ist das gut? Eine Atem- bzw. Schutzmaske zu tragen, ist etwas Unnatürliches, etwas Störendes. Habe ich mich körperlich etwas angestrengt, zum Beispiel beim schnelleren Gehen, und habe dadurch erhöhten Sauerstoffbedarf, dann wird mir persönlich sogar ein wenig übel unter der Maske.

Brillenträger, die Maske tragen, sind häufig genervt: Betreten sie einen Raum, beschlagen ihre Gläser. Und wer Menschen an Bahnhöfen beobachtet, wie sie aus Zügen steigen und den Bahnsteig betretend sofort ihre Masken ausziehen, einige sie regelrecht herunterreißen, kann zumindest konstatieren, dass ein nicht geringer Teil der Menschen erleichtert über jede Sekunde ist, Luft ohne Maske atmen zu können. Einmal umgehört, ist es meist das erste, was Menschen tun, wenn sie Zusammenkünfte und Orte mit mehreren Menschen wieder verlassen: sich der Maske zu entledigen.

Auch möchte man seinem Gegenüber ins offene Gesicht sehen, den Gesichtsausdruck, seine Mimik – und umgekehrt. Genau diese zwischenmenschliche Kommunikation aber ist das, was Schule ausmacht – ansonsten würde virtueller Unterricht ausreichen. Masken beeinflussen stark das Klassenzimmer als Ort, in dem Wissen und soziales Verhalten vermittelt werden soll.

Hole ich meine Tochter von der Schule ab, beobachte ich: Manche, in der Regel ältere Schüler, die das Schulgebäude verlassen, haben die Maske schonmal unter das Kinn gezogen, aber gerade die jüngeren, die Fünftklässler behalten sie konsequent an. Sie haben sich wohl tatsächlich an die Maske „gewöhnt“. Sie laufen damit zur Bushaltestelle, fahren damit auf dem Fahrrad – wo nachweislich im Freien keine Infektionsgefahr besteht. Die Maske ist wie festgewachsen, trotz der Folgen für Atmung und Durchblutung, trotz Beschränkung der sozialen Interaktion und der nachfolgenden Vereinsamung. Ich frage mich dann: Was tun wir unseren Kindern eigentlich an? Haben Eltern und Lehrer wirklich kein Empfinden dafür?

Die Maske als das neue Normal?

Man bedenke: In der Hochzeit von Corona mit den entsprechenden Maßnahmen haben Schüler ihre Maske bereits an der Bus- oder Bahnhaltestelle getragen, dann während der Fahrt zur Schule, auf dem Weg vom Bus zur Schule, in der Schule während des Unterrichts, auch während Prüfungen und im Schulsport (!), in den Pausen, auf dem Weg zurück nach Hause. An einem langen Schultag kamen da schon ein paar Stunden Maske-Tragen ohne Unterbrechung zusammen.

Bayerischer Rückzieher
Lasst die Masken fallen – Schüler werden umsonst gequält
Und ich spreche noch gar nicht von den anderen Unannehmlichkeiten, wie den kalten Räumen im Winter wegen offener Fenster, als die Schüler – trotz negativem Test und zum großen Teil geimpft – mit Mütze, Schal und Handschuhen (und natürlich Maske) im Unterricht saßen, die Handschuhe nur zum Schreiben auszogen. Dann die regelmäßige Testpflicht in den Schulen, verbunden mit der Aufregung über das Testergebnis, hing doch davon ab, ob man an einer Klausur teilnehmen, ob man zur Party gehen konnte, ob man seine Großeltern besuchen, ob man an der Klassenfahrt teilnehmen durfte etc.

Hält man Corona für eine gefährliche Krankheit wie Ebola oder Tuberkulose, dann empfindet man all die genannten Argumente und Bedenken als kaum gewichtig. Glaubt man zudem an die Wirksamkeit der Maßnahmen, umso mehr. Denn dann gilt es, sich und andere vor der gefährlichen Krankheit mit diesen Maßnahmen zu schützen. Betrachtet man Corona dagegen als grippalen Infekt, und zu dieser Einschätzung kommen immer mehr westliche Nationen, von dem Kinder und Jugendliche kaum betroffen sind, und zweifelt man an der Wirksamkeit der Maske, dann beginnen die Nachteile des Tragens einer Maske zu überwiegen, sie erhalten eine ganz andere Bedeutung.

Die Empirie zeigt, dass Kinder und Jugendliche selten und kaum an Covid erkranken. Gibt es Belege, dass Schulen jemals sogenannte Hotspots waren? Die meisten westlichen Länder gehen mit Corona inzwischen um wie mit einer gewöhnlichen Grippe. Was die Wirksamkeit der Maske angeht: Sie ist umstritten. Es gibt mittlerweile ebenso viele Studien, die den Nutzen belegen wie ihn bestreiten. Die Wirksamkeit hängt auch vom Sitz der Maske ab, also vom richtigen Tragen. Es gibt Untersuchungen, die belegen, dass Masken eine Brutstätte für Bakterien und Pilze sind (TE berichtete), vor allem wenn man sie nicht regelmäßig wechselt. Die Wirksamkeit hängt also auch von der Häufigkeit des Wechsels ab.

All das kann ich als Laie nicht wissen. Wenn ich aber meinen gesunden Menschenverstand einsetze und dies zulasse, dann stellen sich mir viele Fragen. Aber all diesen Fragen ist man von der Regierungsseite nicht nachgegangen, weil man das Maske-Tragen und andere Maßnahmen unbedingt durchsetzen wollte, und tut es nimmer noch nicht. Was die Evaluation der Maßnahmen der Pandemiepolitik angeht, meint Josef Kraus: „Nach mehr als zwei Jahren Erfahrung mit Corona hätte man sich vom Sachverständigenausschuss und natürlich vom Robert-Koch-Institut (RKI) sowie vom Club der Gesundheitsminister auf Bundes- und Landesebene etwas mehr erwartet.“

Kritische Stimmen und Fragen wurden und werden weggeschoben oder unterdrückt. Wie viele Nutzer wurden in den sozialen Medien gesperrt, auch für Vermutungen, die sich im Nachhinein als richtig herausgestellt haben: von Lockdowns, die es zunächst nicht geben sollte, es dann aber doch gab, über die Anzahl der Impfungen (erst zwei, dann drei, nun schon vier) und deren Nebenwirkungen und Folgeschäden bis hin zur Diskussion über den zweifelhaften Nutzen einer Maske. So auch in einem Fall bei TE auf Facebook, weil in einem Beitrag über das verheerende Ergebnis einer Studie der Stiftung Warentest zum FFP2-Maske-Tragen für Kinder berichtet wurde (wie etwas später etwa 20 andere Leitmedien – von Focus über Welt bis ÖRR-Sendern – es übrigens auch taten und die nichts anderes geschrieben haben, deren Beiträge bei Facebook aber unbeanstandet geblieben sind).

Menschen verstummen

Es ist auch nicht von der Hand zu weisen, dass die Haut unter den Masken unreiner wird, teilweise mit Hautausschlägen, dass das Atmen und das freie Sprechen behindert werden. Gerade für Schüler, die Probleme haben, sich mündlich am Unterricht zu beteiligen, ist eine Maske sicherlich nicht gerade hilfreich, sie hemmt noch mehr beim Sprechen. Die Mimik des Gegenübers zu sehen, ist gerade für Kinder wichtig: die Mimik der Erwachsenen und die der anderen Kinder wahrzunehmen. Kleinkinder malen inzwischen schon Gesichter ohne Mund und Nase. Kinder werden in ihrer Kommunikation und in ihren Interaktionsmöglichkeiten stark eingeschränkt und beschnitten, in vielen Fällen regelrecht gehindert, der Mensch als soziales Wesen verkümmert unter der Maske zusehends.

Soll hier etwa eine Generation herangezogen werden, die ihren Mund nicht aufmacht und nicht widerspricht, also die Maske als Maulkorb dienen? Die auf bestimmte Verhaltensweisen und Handlungen konditioniert ist und sich an bestimmte Maßnahmen „gewöhnt“ hat, die sie dann in vorauseilendem Gehorsam freiwillig anwendet? Wozu kann man in einer solchen Gesellschaft die Menschen noch bewegen, um sich und andere vor irgendeiner vermeintlichen Gefahr zu schützen – natürlich ganz solidarisch? Welche Maßnahmen sind noch denkbar?

Jeder Machthaber wünscht sich vermutlich so eine Gesellschaft. Und um Bertolt Brecht zu zitieren: “Das Volk hat das Vertrauen der Regierung verscherzt. Wäre es da nicht doch einfacher, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes?” Die Regierung kann sich kein anderes Volk wählen, aber sie kann sich ein bestimmtes Volk heranziehen – und das am wirkungsvollsten, wenn sie bei Kindern und Jugendlichen beginnt.

Hier geht es zum Beitrag pro Maskenpflicht:

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