Tichys Einblick
Der perfekte Sturm

Von Innenministerin Faeser für den Herbst geplant: Der Einbürgerungs-Turbo

Nach dem Chancen-Aufenthaltsrecht für Geduldete schlägt Innenministerin Nancy Faeser nun verkürzte Einbürgerungsfristen für Asylbewerber vor. Dabei ist der Andrang auf das System schon heute enorm. Bezweifelt wird, dass die Behörden ihm standhalten werden.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bei ihrer Presseerklärung zum ersten Migrationspaket der Bundesregierung, 06.07.2022, Berlin

IMAGO / Political-Moments

Die rot-grün-gelbe Bundesregierung hat sich offenbar entschlossen, den perfekten Sturm über Deutschland hereinbrechen zu lassen. Jedenfalls scheint das für den Themenbereich Migration zu gelten. Die Ampel zeigt sich entschlossen, jedes auch noch so geringe Hindernis für die illegale Zuwanderung einzureißen. Für den Herbst hat Innenministerin Nancy Faeser (SPD) ein umfangreiches Gesetzespaket vorgelegt, mit dem sie die Migrationsgesetzgebung in mehreren entscheidenden Punkten reformieren will.

Dabei müsste sie eigentlich vollauf mit den steigenden Zahlen an deutschen Grenzen und im Asylsystem des Landes beschäftigt sein. Schon 2021 wurde hier das Vor-Corona-Niveau wieder erreicht. Im ersten Halbjahr 2022 wird dieser Trend mit 84.583 Erstanträgen bereits übertroffen. Konkret gab es einen Anstieg um 44 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum im vergangenen Jahr. Bis zum 1. Juli dieses Jahres wurden knapp 25.000 Erstanträge von syrischen Migranten gestellt, mehr als 15.000 von Afghanen und 7.500 von Irakern, um nur die drei größten Gruppen zu nennen.

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Entschieden hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BaMF) im selben Zeitraum 110.162 Anträge, mit einer Gesamtschutzquote von 53,5 Prozent. Doch der so gewährte Schutz wird durch die Politik der Ampel immer unwichtiger. Denn auch die verbleibenden 46,5 Prozent wird man nicht in ihre Herkunftsländer zurückschicken. Gemäß den Ampel-Plänen sollen sie stattdessen mit einem dauerhaften Bleiberecht rechnen können – wenn nicht gar mit der Einbürgerung.

Von Deutschland und seinen Interessen ist dabei nicht die Rede. Das Einzige, was es gibt, ist „die Gesellschaft“. So will Faeser jenen Menschen ein dauerhaftes Bleiberecht verleihen, die „schon Teil unserer Gesellschaft geworden sind“ – egal, ob deutsche Institutionen (wie das BaMF) dem zugestimmt haben oder nicht. Es geht um das Chancen-Aufenthaltsrecht für geduldete Asylbewerber. Das klingt erst mal nach einer Optimierung der Duldsamkeit und Barmherzigkeit, auch im Sinne von allumfassender Offenheit und „Menschlichkeit“. Es bedeutet aber, dass die „Gesellschaft“, von der Faeser spricht, langfristig nur eine Ansammlung zufällig hier gelandeter Individuen sein wird.

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Dynamik ins System bringt daneben eine weitere Novelle. Zum Herbst will die Ampel die Einbürgerung hier lebender Ausländer erleichtern. Auch in dieser Hinsicht wollen SPD, Grüne und FDP den Turbogang einlegen. Dabei steht die zuständigen Behörden schon jetzt unter Druck. Bisher sind Einbürgerungen sechs bis acht Jahre nach der Registrierung in Deutschland möglich. Auch die Jahre des Wartens auf einen Asylbescheid zählen hier also mit. Nun soll die normale Frist auf fünf Jahre verkürzt werden, bei „besonderen Integrationsleistungen“ sogar auf nur drei Jahre.

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Große Hürden werden damit nicht aufgestellt. Denn „besondere Integrationsleistungen“ bedeutet auf Deutsch das Absolvieren eines staatlich finanzierten Integrations- oder Sprachkurses, bei denen man fast nicht durchfallen kann. Solange der Migrant bereit ist, sich an dieser Stelle minimal in das System des deutschen Staats einzuordnen, winkt die vorzeitige Einbürgerung nach drei Jahren – immer gesetzt den Fall, dass die Ampel-Novelle im Herbst beschlossen wird. Aber auch alle, die nicht zu diesem Zugeständnis an den aufnehmenden Staat bereit sind, erhalten nach fünf Jahren die Chance, sich einbürgern zu lassen.

Dazu muss der Antragsteller nur nachweisen, dass er seinen Lebensunterhalt eigenständig sichern kann. Allerdings wird auch dieses Kriterium – wie so viele andere – nicht wirklich streng angewandt, wie eine Sprecherin der Bremer Innenbehörde gegenüber der Welt bestätigte: „Selbstverständlich“ könne eine Einbürgerung auch erfolgen, wenn der Antragsteller nur teilweise von eigenem Erwerbseinkommen lebt. Kein Hindernis scheint auch der Einbürgerungstest. Ausreichend sind 17 richtige Antworten auf insgesamt 33 Fragen, die wiederum zufällig aus einem Korpus von 300 Fragen ausgewählt wurden, der online zugänglich ist.

Doppelte Staatsbürgerschaft für Syrer und andere lässt Motivation wachsen

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Mehr als 130.000 Einbürgerungen gab es 2021 laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) und damit 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Allein 19.000 Einbürgerungen betrafen Syrer – das entspricht fast einer Verdreifachung in dieser größten Migrantengruppe, wie eine Untersuchung des Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR) ergab. Insgesamt leben 800.000 Syrer in Deutschland, ihre Einbürgerungswelle kommt also erst ins Rollen.

Zudem ist in dieser Gruppe laut SVR „eine weit überdurchschnittliche Motivation zur Einbürgerung“ zu beobachten. Der Spiegel erklärt sich das durch ihre Suche nach Schutz vor dem IS und dem Assad-Regime. Aber gute Gründe für Migration und eine zweite Staatsbürgerschaft gibt es auch darüber hinaus. Denn die Syrer müssen inzwischen wie viele andere Drittstaater nicht mehr auf ihren alten Pass verzichten, wie die Welt weiß, und sind damit EU-Ausländern gleichgestellt. Einer Rückkehr ins Heimatland, und sei es nur für den jährlichen Urlaub, steht demnach nichts mehr im Wege. Es ist die praktische Verwirklichung der fixen Idee „Eurabia“ – Europa und die arabische Welt als nicht mehr auseinander zu haltendes Völkergemisch, unter weitgehendem Verzicht auf die eigene, europäische Identität.

In den drei Jahren bis 2024 werden laut Prognosen weitere 39.000 bis 157.000 Syrer eine Einbürgerung anstreben. Erwartet werden sogar Engpässe in der bundesdeutschen Verwaltung, weil normalerweise nur rund 110.000 Einbürgerungen im Jahr leistbar seien. Zu rechnen ist mit doppelt so vielen Anträgen pro Jahr.

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Noch immer leben 1,4 Millionen Migranten mit Aufenthaltstitel, aber ohne deutsche Staatsbürgerschaft in der Bundesrepublik. Tatsächlich beobachtet der Sachverständigenrat auch bei anderen Asylbewerbergruppen ein „überdurchschnittliches Einbürgerungsinteresse“, wie neueste Zahlen von Destatis zeigten – ganz so, als ob die neue Gesetzeslage schon vorausgesetzt würde. Und am Ende können wohl auch die rund 300.000 abgelehnten und geduldeten Asylbewerber, die derzeit mit einem „Chancen-Aufenthaltsrecht“ in die deutsche Rechtsordnung integriert werden sollen, langfristig vom neuen Einbürgerungsrecht profitieren. Ab Herbst können sie eventuell sogar das Bleiberecht als Ausländer einfach überspringen, indem sie nach drei Jahren einen Integrationskurs ableisten, um dann die doppelte Staatsbürgerschaft anzustreben.

Während die Asylanträge in Deutschland auf hohem Niveau auf das Anderthalbfache angewachsen sind, haben sie sich in der EU im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Zudem ist davon auszugehen, dass viele Migranten, die in Italien, Griechenland und anderswo Anträge gestellt haben, letztlich doch nach Deutschland gelangen und hier erneut Asyl beantragen. Laut Informationen der Welt werden die Anträge der Sekundärmigranten, die in Griechenland bereits einen Schutzstatus erhalten haben, inzwischen vom Bundesamt für Migration (BaMF) bearbeitet. Die Juristin Faeser sieht offenbar auch diese rechtliche Frage ganz pragmatisch.

Mitte Juni hatte sie sich im Rat der EU-Innenminister vehement für die Umverteilung von Migranten aus den Erstankunftsstaaten eingesetzt, was nach ihrer in der EU gescheiterten „Koalition der Willigen“ nicht erstaunen kann. Gegen die „Sekundärmigration“ wollte der Rat unter französischem Vorsitz eigentlich etwas unternehmen. Nancy Faeser schien nicht interessiert. Sie hat sich für die Legalisierung entschieden, um auch dieses Problem aus ihrem Ressort zu „lösen“.

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