Tichys Einblick
Grünenchef aus Habecks Wahlkreis tritt zurück

Parteifreund über Habeck: Naturschutz ist für ihn „keine Herzenssache“

Der Grünen-Vorsitzende in Robert Habecks Wahlkreis tritt aus Protest gegen dessen Windkraft-Politik zurück: „Die neuen Wind- und Naturschutzgesetze auf Bundesebene, an denen Robert Habeck als Wirtschaftsminister maßgeblich mitgewirkt hat, sind in ihrer Wirkung auf die Artenvielfalt für mich unerträglich.“

Rainer Borcherding, 17.04.2021

IMAGO / Willi Schewski

Rainer Borcherding, Jahrgang 1966, nordfriesischer Naturschützer, Autor und Biologe, bis gestern Kreisvorsitzender in Robert Habecks Wahlkreis, ist ein echter Grüner. Zumindest einer, wie man ihn sich landläufig vorstellt: engagiert für den Naturschutz, einer der, wie er selbst sagt, „dazu beitragen“ möchte, „dass wir das Land zwischen den Meeren auch künftig mit Kranich, Rotbauchunke und Stranddistel teilen und dass der naturschutzpolitische Sachverstand im Lande selbstverständlich über die Grünen Einfluss auf die Landespolitik nimmt.“

Er ist niemand, für den die Bienen und die Vögel nur Opfer von Sprechblasen sind, wie bspw. für Katrin Göring-Eckardt, die das Leben der Vögel und Bienen den Windrädern opfert, sondern dem es ernst mit dem Artenschutz ist. Habecks Gesetze zur Förderung und zum beschleunigten Ausbau der sogenannten Erneuerbaren Energien schränken nicht nur grundgesetzwidrig die Bürgerrechte ein, sondern stellen einen Verrat am Natur- und besonders am Artenschutz dar. Die Arten müssen einer einzigen Art, der Art des Windrades, weichen, das für die Grünen unter besonderem Schutz steht. 

Kurz nach Verabschiedung von Habecks Gesetz trat Rainer Borcherding gestern als Sprecher des Kreisverbandes Flensburg der Grünen aus Protest zurück. Zwar trägt er die „Bemühungen zur Beschleunigung der dringend überfälligen Energiewende in allen wesentlichen Punkten mit“, doch: „Die neuen Wind- und Naturschutzgesetze auf Bundesebene, an denen Robert Habeck als Wirtschaftsminister maßgeblich mitgewirkt hat, sind in ihrer Wirkung auf die Artenvielfalt für mich unerträglich.“ Borcherding sagte dpa zufolge: „Es ist ein großes Gesamtpaket von schweren Enttäuschungen aus Naturschutz-Sicht.“ 

Wieder bestätigt es sich, dass die Grünen nicht für die Natur, nicht für die Umwelt eintreten. Sie haben lediglich aus dem Natur- und Umweltschutz eine Ideologie gezimmert, um die große Transformation, den Umbau der Wirtschaft von der Sozialen Marktwirtschaft zur ökologistischen Kommandowirtschaft, der Gesellschaft von der repräsentativen Demokratie zur Gemeinwohldiktatur zu vollziehen. 

Gefährdete Vogelarten wie die Großtrappe oder der Schwarzstorch würden vorsätzlich im Gesetz übergangen werden, kritisiert Borcherding. Den Ankauf landwirtschaftlicher Flächen zum Artenschutz würde das Gesetz so gut wie verhindern. Kleine Wasserkraftwerke an Flüssen, „die nur minimal Strom erzeugen, aber maximal den Fluss schädigen“, würden weiter subventioniert werden – und das entgegen EU-Bestimmungen. Borcherding kenne Habeck schon länger, auch habe er mit ihm gemeinsam Straßenwahlkampf gemacht: „Es war immer mein Eindruck, dass für ihn der Naturschutz keine Herzenssache ist“. Rainer Borcherding bedauert, dass es keine Partei gäbe, die sich dem Naturschutz widmete, außer den Grünen – „und die Grünen machen es auch nicht mehr.“

Eines kann man den Grünen nicht vorwerfen, dass sie nicht schnell gehandelt hätten. Einen Tag nach dem Rücktritt ist Borcherding bereits von der Website des Kreisverbandes Flensburg als Vorstand verschwunden. 

Zu dessen Rücktritt publizierte der Kreisvorstand dafür folgendes Statement:

„Statement zum Rücktritt unseres Kreisvorsitzenden Rainer Borcherding

Der Kreisvorstand dankt Rainer Borcherding für seine langjährige Arbeit und Einsatz für die Partei. Wir möchten die verschiedenen schwerwiegenden weltweiten Krisen nicht gegeneinander ausspielen. Wir stehen geschlossen hinter der Arbeit unseres Wahlkreisabgeordneten Robert Habeck. Die Neuwahl für das Amt des Kreisvorsitzenden werden wir auf unserer regulären Kreismitgliederversammlung am 19. August durchführen.“

Intern wird man Borcherding vermutlich vorwerfen, der Partei zu schaden. Der Kreisverband steht jedenfalls in unverbrüchlicher Treue zum großen Parteifreund Robert Habeck, dem „Naturschutz keine Herzenssache ist“, dafür aber das Wohl der Windenergieindustrie und der „grünen“ Finanzwirtschaft. 

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