In Paris sind gestern Abend die Urteile im sogenannten Bataclan-Prozess gesprochen worden. Lebenslange Haft ohne Bewährung – dazu verurteilte ein speziell zusammengesetztes Schwurgericht Salah Abdeslam. Das ist der einzige Überlebende des zehnköpfigen Terrorkommandos, das am 13. November 2015 den größten islamistischen Terroranschlag in Frankreich verübt hatte.
Der 32-jährige Franzose marokkanischer Herkunft wurde der Mitgliedschaft in einer kriminellen terroristischen Vereinigung für schuldig befunden. Er hat sich im Café des Béguines im Brüsseler Islamistenstadtteil Molenbeek Daesh-Videos umgesehen, half seinem Bruder nach dessen Rückkehr aus Syrien, ist durch Europa gereist und war Mitglied in der belgischen Zelle der islamischen Terroristen.
Salah Abdeslam hatte sich zu Beginn des Prozesses selbst als Kämpfer der Terrormiliz »Islamischer Staat« bezeichnet, zündete seinen eigenen Sprengstoffgürtel jedoch nicht – angeblich aus Menschlichkeit. Stattdessen kehrte er mithilfe von Komplizen noch in derselben Nacht nach Brüssel zurück, wo er aufgewachsen war. Dort wurde er im März 2016 festgenommen.
Abdeslam fuhr in einem schwarzen Kleinwagen drei Selbstmordattentäter zu dem Fußballspiel. Sein Bruder Brahim sprengte sich in einer Bar in die Luft. Dann eröffneten drei Terroristen das Feuer auf gut besuchte Restaurants und Bars im Osten von Paris. Drei weitere Männer drangen kurz darauf in den Konzertsaal «Bataclan» ein und richteten dort ein Massaker an.
Mit dieser Urteilsverkündung geht ein Prozess ohnegleichen in Paris zu Ende. Zehn Monate lang hat das Land die Geschehnisse vor Gericht wieder aufgerollt.
Rund 2.500 Personen, Überlebende und Hinterbliebene sind als Nebenkläger aufgetreten und wurden von mehr als 300 Anwälten vertreten. Rund 450 haben sich entschlossen, vor Gericht auszusagen. Dabei kam auch die bestialische Vorgehensweise der Terroristen zur Sprache, mit der sie die Gäste der Musikveranstaltung ermordeten.
Die Anschläge galten auch als Angriff auf westliche Zivilisation und französische Lebensart. Le Figaro zitiert einen Überlebenden des Anschlages, der in der Nacht der Anschläge einen engen Freund verloren hat. Er lobte »einen sehr gut geführten Prozess« und fügte hinzu: »Die Justiz hat eine unglaubliche Arbeit geleistet, zehn Monate Prozess zeigen, wie viel Platz den Angeklagten eingeräumt wurde, damit sie sich erklären konnten, und wie viel Platz den Nebenklägern eingeräumt wurde, die sich äußern konnten.«
Vor dem Urteil hatte er »extrem harte Sanktionen erwartet, um ein starkes Signal an alle Feinde der Nation zu senden. Für mich gibt es keine Unverhältnismäßigkeit bei den von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafen, auch nicht bei der unverjährbaren lebenslangen Freiheitsstrafe.«
Am Ende der zehnmonatigen Debatten bedauert er jedoch, dass »enorm viele Themen ungelöst bleiben«. Die Gesellschaft müsse sich nun nach den tieferen Gründen für den radikalen Islamismus fragen, der sich überall in Frankreich und Europa auf gewalttätige Weise ausdrücke.