Ich denke, dass es besser ist, einen Arbeitsplatz zu halten und dafür zuhause zu frieren. Diesen Satz spricht die Chefredakteurin der Welt am Sonntag Dagmar Rosenfeld bei „Maischberger“ nicht aus. Sie setzt nur an dazu. Mittendrin unterbricht sie sich. Mildert ihre Wortwahl, lässt Dinge unausgesprochen und schwächt die Kraft ihrer Aussage ab – Frieren werde es ja nicht direkt werden. Rosenfeld möchte schon gerne ihre Meinung vertreten, aber nicht dafür zertreten werden. Zumal sich die Botschaft „Geh arbeiten, aber stell‘ keine Ansprüche“ nicht gut macht. Schon gar nicht, wenn man an diese Zielgruppe noch eine Welt am Sonntag verkaufen will.
Verzichten ist immer das Verzichten der anderen. Das ist das Credo dieser Tage in den Talkshows – auch wieder bei Maischberger. Dafür ist zum Beispiel Sven Plöger eingeladen. Früher hätte man ihn „Wetterfrosch“ genannt. Doch Plöger arbeitet für die ARD. Und daher hat er den Anspruch auf ein hohes Salär und darauf, die Welt retten zu wollen. Deswegen lässt er auch Bäume fällen, um darauf die Botschaft in die Welt zu setzen, dass wir schonenender mit natürlichen Ressourcen umgehen müssen. Mutmaßlich gegen eine Unkostenerstattung. Im Wesentlichen gehe es Plöger aber darum, das Klima zu retten. Denn die Welt sei ein Katastrophenfilm, der gerade erst begonnen habe. Wer das für unterkomplex hält, hat die Einführung verpasst. In der hat ihn Sandra Maischberger dazu gebracht, zu erzählen, dass er Metereologe geworden sei, weil er als Kind ein Vogel sein wollte.
Anlass für diesen Dialog war der G7-Gipfel. Rosenfeld versuchte das übliche „… ein wichtiges Zeichen …“-Geschwurbel zu etablieren. Doch da spielte Friedrich Küppersbusch nicht mit: Auf dem Gipfel habe ein rosa Elefant im Raum gestanden und das sei China. So haben die Regierungschefs ein Klimaschutzpaket beschlossen, das an Strafzahlungen gebunden sei. Wenn China da nicht mitmache, habe sich das Paket schon erledigt, sagt Küppersbusch.
Schwarzer hat in den USA an der Vorbereitung der Kandidatur Joe Bidens mitgearbeitet. Dass Maischberger Schwarzer auf die Aussage zu China anspricht, passt der Soros-Mitarbeiterin hörbar nicht. Sie wiegelt ab: Ja. „China ist die aufstrebende Macht.“ Aufstrebende Macht. Als ob es sich um ein kleineres Entwicklungsland handele, das ein paar Prozentpunkte im internationalen Vergleich gut gemacht habe. Doch China ist in diesem Vergleich Tabellenführer. Mit Abstand.
Küppersbusch gibt Steilvorlagen, von denen eine Talkmasterin nur träumen kann. Den Vorwurf, Kanzler Olaf Scholz (SPD) kommuniziere nicht genug, bügelt Küppersbusch ab. Das Gegenteil sei der Fall: „Bei Olaf Scholz ist man mittlerweile schon froh, dass er keine Baumärkte eröffnet.“ Und selbst im wichtigsten Talkshow-Genre, dem Preisen des Wirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne), verweigert sich Küppersbusch: „Robert Habeck hat ein großes Talent darin, seine persönliche Lernkurve als Bundesautobahn zu verkaufen.“ Wer jetzt glaubt, Maischberger habe diese Vorlage aufgegriffen und in weiterführende Kritik an Habeck umgemünzt, schaut keine ARD. Stattdessen lässt sie Rosenfeld ran, die jene unendliche Liebe teilt, die deutsche Journalist:innen für Habeck empfinden. Auch hier bringt sie ihre Sätze nicht ordentlich zu Ende. Dafür ist Rosenfeld dann doch Printjournalistin genug, um solche Peinlichkeiten nicht verewigen zu lassen.
Warum das notwendig ist? Die Biden-Unterstützerin Schwarzer rechnet damit, dass die Republikaner die Wahlen für Senat und Abgeordnetenhaus im Herbst gewinnen und dass der nächste Präsidentschafts-Kandidat der Republikaner Donald Trump oder ein anderer Hardliner sein werden. Da müsse dann Europa in der Lage sein, Aufgaben der Amerikaner zu übernehmen. Etwa im Krieg zwischen der Ukraine und Russland. Wie eine richtige Perspektive wirkt das nicht. Aber es lässt erahnen, dass uns die Sparappelle auf lange Zeit nicht ausgehen werden.
Ok. Das passt jetzt nicht zum Thema, ist aber als Pointe so gut, dass es nicht unter den Tisch fallen sollte: Zu G7, Ukraine-Krieg und Energieversorgung hat Maischberger auch den RTL-Tanzjuroren Joachim Llambi befragt.