Umweltministerin Steffi Lemke will am Dienstag im EU-Umweltausschuss dem geplanten Aus von Verbrennerautos zustimmen. „Wichtig ist mir, dass die Bundesregierung heute hier in Luxemburg die Kommission unterstützen wird in dem Ziel, dass ab 2035 keine Pkw mehr zugelassen werden, die CO₂ ausstoßen“, sagte die Grünenpolitikerin im ZDF-„Morgenmagazin“. Das sei auch im Koalitionsvertrag vereinbart worden.
Damit ist der angekündigte FDP-Widerstand gegen das Verbrenner-Verbot wohl abgeräumt: Erst kürzlich hatte Lindner angekündigt, die EU-Regelung innerhalb der Bundesregierung zu blockieren. „Ich halte die Entscheidung, den Verbrennungsmotor zu verbieten, für falsch“, bekräftigte der Bundesfinanzminister auf einer Tagung des Bundesverbandes der deutschen Industrie. Die FDP werde in der Bundesregierung „dieser europäischen Rechtssetzung nicht zustimmen“, kündigte Lindner an.
Aus Grünen-Kreisen hieß es jedoch gegenüber der SZ, in der Nacht zum Dienstag habe es eine Einigung zwischen FDP und Grünen gegeben. Zuvor hatte Lindner bereits ein Entgegenkommen signalisiert: „Mit synthetischen Flüssigkraftstoffen im Kolbenmotor ist Klimaneutralität genauso möglich. Wenn das abgebildet werden kann auf europäischer Ebene, spricht nichts gegen eine Zustimmung“, erklärte Lindner Ende letzter Woche bei der „deutschen Steuer-Gewerkschaft“ in Berlin.
„Effiziente Verbrennungsmotoren, die klimaneutral erzeugte Kraftstoffe nutzen, können entscheidend zum Klimaschutz beitragen“, meint auch ADAC-Präsident Karsten Schulze. Aber: Synthetische Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, sind noch überhaupt nicht marktreif – und eher theoretische Zukunftsmusik mit ungewissen Aussichten. Die Technologie unter dem Schlagwort „Grüner Wasserstoff“ steckt noch in den Kinderschuhen. Aufgrund der zahlreichen einzelnen Schritte fallen bei der Herstellung von E-Fuels hohe Wirkungsverluste an. Von der im Prozess eingesetzten Energie bleiben aktuell am Ende nur zehn bis 15 Prozent übrig.
„Im Ergebnis dürfen wir eine Energieeffizienz von etwa 50 Prozent erwarten“, meint Professor Roland Dittmeyer vom Karlsruher Institut für Technologie. Der Fokus von Forschung zu und Entwicklung von E-Fuels läge daher ohnehin auf „Anwendungen, die batterieelektrisch auf absehbare Zeit nicht funktionieren, wie der Flug- oder Schiffsverkehr“. Synthetische Kraftstoffe im Kolbenmotor: Das wird wohl schlicht eine Träumerei des FDP-Wahlprogramms bleiben.
Doch nicht einmal diese weitgehend wertlose FDP-Träumerei schafft es vollständig zum Gipfel nach Luxemburg. In letzter Sekunde scheint Umweltministerin Steffi Lemke noch festgestellt zu haben, dass es für manche Fahrzeuge – Feuerwehrautos, Schiffe oder Flugzeuge – noch gar keine klimaneutralen Alternativen gibt. Lemke will daher Ausnahmen für solche Fälle anregen. Vielleicht ist das das einzige echte Verdienst der FDP: Zumindest Flug- und Schiffsverkehr kollabieren nicht. Lindner beschwert sich jedenfalls darüber, dass E-Fuels in Pkw nun scheinbar doch nicht durch die Richtlinie berücksichtigt werden. Keine Zulassung von Pkw, die CO2 emittieren: Mit dieser Formulierung will die Grüne Lemke selbst Lindners E-Fuel-Nebelkerze den Garaus machen. Denn mit synthetischen Kraftstoffen wird CO2 ausgestoßen – aber nur das, was bei dessen Produktion gebunden wurde. So fallen sie trotzdem nicht unter die EU-Richtlinie. Die heutigen Äußerungen der Umweltministerin „entsprechen nicht den Verabredungen“, meint Lindner.
Doch Lindners Widerstand für die E-Fuels ist womöglich Maskerade: Das Verbrenner-Aus würde de facto so oder so kommen. Solche Minimalleistungen entsprechen den Erwartungen der 11,5 Prozent, die die Liberalen 2021 gestärkt in den Bundestag geschickt hatten, wohl eher nicht – das zeigen die Umfragen konstant. Dass die FDP es nicht einmal schafft, ihre Placebos zur Wählerberuhigung an Rot-Grün vorbeizubekommen, ist bezeichnend für eine Ampel, in der die FDP weitgehend zum Feigenblatt einer linken Regierung geworden ist.