Tichys Einblick
Und der Robert fliegt geschwind...

Habeck mit Energie-Kettenkalkulation bei ZDF-heute

Als Robert H. einen „richtig verbissenen Tag“ hatte: „Hahaha, ein Duschkopf soll uns vor Putin retten? Heh, Alter, die 50 Euro kriegst du nicht, überwinde besser deinen inneren Schweinehund und den eigenen blinden Fleck!“

Screenprint: ZDF/heute-journal

Ein Bild sagt bekanntlich mehr als tausend Worte, ein sechsminütiger ZDF-Heute-Journal-Auftritt zur besten Sendezeit weit mehr – über die Befindlichkeiten der Darsteller und den Ernst der Lage. Als Robert Habeck am Donnerstagabend im heute-journal bei Marietta Slomka auftrat, hatte er den ihm eigenen Strubbel-Stil, den man im Angelsächsischen (bei Boris Johnson z.B.) „man of the people“-Look nennt, abgelegt. Glattrasiert, mit dunkler Krawatte und blütenweißem Hemd, wurde er als „Wirtschaftsminister“ begrüßt. Ein Titel, hinter dem derzeit, so die Moderatorin, der „Klimaschutzminister wohl schmerzhaft zurücktreten müsse“.

Robert Habeck musste die stichwortgebende Slomka bestätigen, hatte aber gleich eine Fülle an – zumindest für die grünen Zuschauer – beruhigenden Nachrichten: Die Windkraft werde in einem „rasenden Tempo“ ausgebaut, und die Industrie wolle, weil die „Nachfrage da sei“, auch „schneller weg von den fossilen Energien“. Man habe außerdem „große Effizienzprogramme am Start“, und in einer „richtig dollen Dynamik“ nehme die Gebäudesanierung „endlich richtig Fahrt auf“. Aber nach all den positiven Nachrichten musste der Minister seine persönliche Befindlichkeit dann doch in einer ungewissen Zukunft schwelgend zum Ausdruck bringen: „wenn er so verbissene Tage habe wie diesen“, dann tröste er sich danach, “guck mal auf die vier Jahre, vielleicht geht die Bilanz dann doch gut aus“.

— ZDF heute journal (@heutejournal) June 23, 2022

Ob, so könnte man hinterfragen, einem seiner vielen Vorgänger in einer Krise wohl auch so eine Bemerkung gestattet worden wäre? Egal: Robert Habeck, gerade in der Presse schon als künftiger Bundeskanzler gehandelt, ist sich seiner erzählerischen Schwindelfreiheit gewiss und kommt damit offenbar in diesem Interview durch.

Dennoch hat Frau Slomka trotz dieses Optimismus Zweifel: „Es sei ja nun nicht so, dass Millionen Genehmigungen für Windräder erteilt würden und man sich keine Sorgen machen müsse.“ Habeck beruhigt sie mit folgender Energie-Kettenkalkulation: Die 15 Prozent des Gases, die man zur Erzeugung von Strom benötige, würden ja nun durch die Kohlekraftwerke reduziert bzw. ganz vom Markt genommen, und diese könne man dann wiederum durch Solar und Wind ersetzen.

Für den Rest allerdings, Aufwärmen von Wohnungen und Wasser, sowie den Einsatz in der Industrie, könne man die Erneuerbaren nur „indirekt“ nutzen: nämlich für die Herstellung von eigenem Gas, also „Wasserstoff durch Elektrolyse“. Deren Ausbau sei der „Schlüssel am Ende, auch um uns vom Gas unabhängig zu machen“.

Slomka nahm diese simplen technischen Erklärungen so hin, bremste die Freude Habecks darüber, dass „Bayern nach zehn Jahren Hände verschränken nun 800 Windkraftanlagen bauen wolle“, aber doch mit dem Hinweis darauf, dass uns das nicht bis zum Ende des Jahres helfe und der russische Präsident im Herbst den Gashahn nun womöglich ganz abdrehe.

Er, so Habeck weiter, habe nicht ablenken, sondern nur „sagen wollen, dass auch im Bereich des Klimaschutzes etwas passiere“. Putin habe einen klar erkennbaren Plan: die Preise hoch zu halten und damit gesellschaftliche Unruhe zu schüren … und so die Geschlossenheit der Gesellschaft, die es ja nun gebe, aufzubrechen … dafür treffe man Maßnahmen … damit Putin nicht gewinne, darum gehe es.“

Slomka und Habeck sind sich einig über das „zweischneidige Schwert“: Nur wenn Preise durch die Gasfirmen „an die Verbraucher abgegeben“ werden, dann werde auch gespart.

Die Interviewerin fragt den Minister, ob denn z.B. eine Energiesparprämie geeignet sei, „die 20 Millionen Haushalte mit Gasetagenheizung z.B. in Deutschland zum Sparen anzuhalten?“ Das sieht der Minister, der noch vor kurzem (Deutschlandfunk) meinte, die baurechtlichen Zustimmungen zum Bau von Windkraftanlagen dadurch, dass „Menschen beteiligt werden an den ökonomischen Gewinnen, die durch den Ausbau von Windkraft, die Leute damit Geld verdienen …“ kaufen zu können, nicht so: Er „wisse gar nicht, ob man alles belohnen müsse an der Stelle“.

Durch kleine Maßnahmen wie den „Hydraulischen Abgleich“ 5 Prozent, 15 Prozent, 30 Prozent einsparen?

Habeck bekennt, nicht in einem Land leben zu wollen, wo man sich „nur noch bewege, wenn es Geld dafür gebe“. Nach seiner Faustregel spare man „pro einem Grad weniger Heizen 5 Prozent Energie“. Und er nimmt schon vorsorglich die aufs Korn, die sich über ihn als „Energie- und Klimaminister lustig machen, meinen könnten, ein Tausch des Duschkopfes werde sie doch nicht vor Putin retten“.

Unwillkürlich kommen dem Zuschauer Passagen aus dem Struwwelpeter, von einem fliegenden Robert in den Sinn:

Wenn der Regen niederbraust,
Wenn der Sturm das Feld durchsaust,
Bleiben Mädchen oder Buben
Hübsch daheim in ihren Stuben. —

Hui, wie pfeift der Sturm und keucht,
Daß der Baum sich niederbeugt!
Seht! den Schirm erfaßt der Wind,
Und der Robert fliegt geschwind
Durch die Luft so hoch, so weit;
Niemand hört ihn, wenn er schreit.
An die Wolken stößt er schon,
Und der Hut fliegt auch davon.

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