Bundeskanzler Olaf Scholz, der französische Präsident Emmanuel Macron, Italiens Ministerpräsident Mario Draghi und Rumäniens Staatspräsident Klaus Iohannis sparten bei ihrem gleichzeitigen Besuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew nicht mit Hilfszusagen. Die wohl wichtigste Ankündigung von Scholz zum von der Ukraine gewünschten EU-Beitritt: „Deutschland ist für eine positive Entscheidung zugunsten der Ukraine“. Und das kleine Nachbarland Moldawien soll auch eine EU-Beitrittsperspektive erhalten.
Was eine solche Perspektive für ein Land, das in einem Verteidigungskrieg steht und rund 20 Prozent seines Staatsgebietes nicht kontrolliert, bedeutet, bleibt jedoch unklar. Das gilt übrigens auch für Moldau, auf dessen Staatsgebiet sich eine von Russland unterstützte Separatistenrepublik „Transnistrien“ befindet.
Diese Versprechen kontrastieren allerdings mit den aktuellen Zahlen des „Ukraine Support Tracker“ des Instituts für Weltwirtschaft Kiel (IfW), die heute bekannt wurden. „Deutschland hat große Zusagen gemacht, aber bisher kaum geliefert. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern hat die Regierung noch keine schweren Waffen in die Ukraine geschickt: Nur ein Drittel der konkret zugesagten Militärhilfe ist angekommen. Die Daten helfen also die dringenden Appelle der ukrainischen Regierung an die Bundesregierung zu erklären“, sagt Christoph Trebesch, Forschungsdirektor am IfW Kiel und Leiter des Teams, das den Ukraine Support Tracker erstellt.
Insgesamt sind der Ukraine inzwischen von den wichtigsten Gebern mehr als 30 Mrd. Euro an Hilfen für den Staatshaushalt versprochen, tatsächlich geflossen sind seit Februar allerdings nur rund 6 Mrd. Euro. Das Ergebnis ist eine wachsende Finanzierungslücke. „Neben Waffen wird finanzielle Hilfe zunehmend dringlich für die Ukraine. Der Krieg lässt die Steuereinnahmen einbrechen und verursacht zugleich enorme Kosten, etwa zu Bezahlung der Soldaten oder zur Reparatur essenzieller Infrastruktur. Das bringt den Staatshaushalt unter Stress. Der Internationale Währungsfonds schätzt eine Finanzlücke 5 Mrd. Euro pro Monat, seit Juni entspricht das also mehr als 15 Mrd. Euro an benötigten externen Finanzhilfen. Da gerade mal ein Drittel davon bisher angekommen ist, war die ukrainische Zentralbank gezwungen die Zinsen drastisch zu erhöhen, was die Wirtschaft nochmal mehr belastet“, sagt Trebesch. „Eine weitere Sorge ist, dass die Finanzhilfe aus der EU fast vollständig aus Krediten besteht, also einen Schuldenberg hinterlässt. Im Gegensatz dazu haben die USA vor allem Zuschüsse zugesagt, die nicht zurückgezahlt werden müssen.“