Alban Gervaise war ein französischer Militärarzt, dem vor kurzem in Marseille vor den Augen seiner Kinder die Kehle durchgeschnitten wurde – unter Allah-Akbar-Rufen. Am vergangenen Mittwoch wurde er beerdigt – still, leise, ohne nationale Ehrung und ohne eine Zeile in einer Zeitung á la »Le Monde«. Neue Normalität in Frankreich und auch mehr und mehr in Deutschland.
Mit der mag sich die französische Journalistin Céline Pina nicht abfinden. Das französische Online-Nachrichtenmagazin »Causeur« veröffentlichte am 9. Juni den Text „Vous souvenez-vous d’Alban Gervaise?“ von ihr, den wir mit freundlicher Erlaubnis der Redaktion veröffentlichen.
Erinnern Sie sich an Alban Gervaise?
Wenn Ihnen das nichts sagt und Sie kein Journalist sind, brauchen Sie sich nicht schuldig zu fühlen – das ist normal. Sein dramatischer Tod wurde verschwiegen. Man wollte die Kampagne für die Gesetzgebung und die falsche Sicherheit nicht stören, die man den Franzosen zu verkaufen versucht, indem man sie glauben lässt, dass der Terrorismus aus der Nachbarschaft verschwunden ist.
Leider ist dem nicht so. In Marseille wurde diesem 41-jährigen Militärarzt vor den Augen seiner beiden drei und sieben Jahre alten Kinder, die er von der Schule abholen wollte, die Kehle durchgeschnitten.
Aber Pardon: In der Neusprache der Medien sagt man nicht mehr »die Kehle durchgeschnitten«, das ist zu konnotiert, sondern »Messerstiche an der Kehle«, weil das sonst zu sehr an ein Verbrechen von Islamisten denken lässt. Im Pariser Mikrokosmos bedeutet es allerdings, dass Sie mit dem Finger auf die muslimische Gemeinschaft zeigen und somit wahrscheinlich rassistisch sind, wenn Sie dies durchblicken lassen. Es stimmt, dass diese Art des Tötens zwar mit bestimmten Kulturen verbunden ist, dass aber keine bestimmte Kultur zum Töten neigt. Diese übertriebene Zurückhaltung ist also entweder Heuchelei oder Herablassung.
Journalistische Schamhaftigkeit
Wenn Sie den Begriff »mit durchschnittener Kehle« verwenden, machen Sie sich bereits zu einer unliebsamen Person. Um Missverständnisse zu vermeiden, ist es sehr wichtig, die Realität zu zensieren und sich nicht an die Fakten zu halten. Die muslimische Gemeinschaft fühlt sich verfolgt, und es wäre für den nationalen Zusammenhalt gefährlich, weiterhin über das Aufschlitzen der Kehlen in der Nachbarschaft zu berichten, das nie aufgehört hat.
Das ist keine Sensation, aber es ist gut, solche Dinge zu verschweigen. Zunächst einmal, weil es die allgemeine Anbiederung auf Basis eines Diskurses stört, der die Franzosen – sofern sie weiße Hautfarbe haben – in Frage stellt und sie des systemischen Rassismus beschuldigt. Dieser Diskurs wird als ein Teil des Erfolges der LFI (La France Insoumise, linke Partei von Jean-Luc Mélenchon, Red.) gesehen, mit dem die Partei des gerade wiedergewählten Präsidenten liebäugelt.
Zweitens, weil niemand weiß, wie man die Entwicklung umkehren kann, bei der der Einfluss islamistischer und linker Vorstellungen im dekolonialen Zeitgeist in den Banlieues immer mehr an Boden gewinnt. Diese sind zur Hochburg der Re-Islamisierung der Franzosen muslimischen Glaubens durch Salafisten und Muslimbrüder geworden. Die dort zunehmenden massiven Wählerstimmen erschrecken und wecken die Begehrlichkeit von Politikern, die jedoch nicht verstehen, dass dieser Einfluss bekämpft werden könnte, wenn sie aufhören würden, sich bei den Anführern dieser islamistischen Glaubensgemeinschaften einzuschleimen und stattdessen unsere zivilisatorischen Ideale hochhalten würden. Da sie dazu nicht in der Lage sind, entscheiden sie sich für die Verleugnung der Realität. So wurde der Tod von Alban Gervais unter »Verschiedenes« abgelegt.
Ein weiterer »unausgeglichener« Mann?
Vielleicht ein weiterer »Unausgeglichener«? Dennoch wurde der Mann nicht in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Für die Justiz ist er also weder verrückt noch ein Terrorist. Die Justiz ist der Meinung, dass er kein Terrorist ist, weil bei der Durchsuchung seiner Wohnung keine ausreichenden Beweise gefunden wurden. Einen Mann im Namen Allahs zu schächten, ist nach Ansicht der Justiz eine Haltung, die nichts über die islamistische Propaganda aussagt, die immer mehr Gehirne infiziert und in unserem Land mehr als 250 Todesfälle verursacht hat.
Natürlich wurde der junge Arzt nicht geehrt. Der Präsident der Republik empfing seine Familie nicht im Elysée-Palast. Dennoch spricht sein Tod von einer echten Bedrohung, nämlich der eines identitären Separatismus, der den Begriff der Menschenwürde und der Gleichheit der Menschen zerstört. Für einen Menschen unter islamistischem Einfluss sind ein Nicht-Muslim oder ein aufgeklärter Muslim nicht wirklich Menschen. Sie zu eliminieren bedeutet, Gott eine Freude zu machen und einen Unterdrücker oder Verräter aus der Welt zu entfernen. Dies wird als atmosphärischer Dschihadismus bezeichnet. Die Vorgehensweise und die vom Attentäter gesprochenen Sätze lassen tatsächlich daran denken.
Ein Wahn und ignorierte Archaismen
Was weder die Staatsmacht noch viele Medien anzuerkennen scheinen, ist, dass dieser atmosphärische Dschihadismus nicht auf Theologen oder Vordenker des Islamismus abzielt. Er zielt auf Frustrierte und Verbrecher, auf kleine Dealer und Hausbesetzer. Er treibt die Schwachen zur Tat, all das, was den Terrorismus ausmacht. Analysten erklären oft, dass einige Verbrecher keine Islamisten sein können, weil sie nicht regelmäßig in die Moschee gehen, kiffen oder nicht viel über den Koran wissen.
Da Verleugnung zu Zensur führt, sind es die Opfer, die störend werden, also kann man sie auch gleich aus dem Bild streichen. Das ändert nichts an der Bedrohung, aber es ermöglicht der Regierung, sie weiterhin zu verharmlosen und somit zu ignorieren.
Gestern wurde Alban Gervaise beerdigt und ich wollte ihm die letzte Ehre erweisen und ihm sagen, dass nicht jeder die Verleugnung seines Todes billigt, dass er die Ehrung der Nation verdient hat und dass niemand das Recht hat, ihm sein Leben zu stehlen. Ich denke an seine Kinder und seine Frau. Ich denke auch an diese Regierung und einige gewählte Vertreter, deren Leugnung uns als Volk entlarvt, ihnen aber ermöglicht, unberechtigterweise Plätze und Posten zu besetzen, die sie zu ihrem eigenen Vorteil missbrauchen.
Zweifellos konnte man nicht vorhersehen, was diesem jungen Arzt widerfahren ist; aber es gab eine Grenze, seinen Tod zu verschweigen, weil er die Klientelpolitik der Wähler und die religiösen Rassisten störte. Er wurde überschritten.
Céline Pina (*1970) ist eine französische Politikerin, Kolumnistin und Essayistin. Das Online-Nachrichtenmagazin Causeur wurde am 15. November 2007 von der Journalistin Élisabeth Lévy, dem Historiker Gil Mihaely und den Philosophen Alain Finkielkraut, Paul Thibaud und Peter Sloterdijk gegründet. Monatlich erscheint auch eine Printversion.