Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat seine Konjunkturprognose wegen des Kriegs in der Ukraine deutlich nach unten korrigiert. „Die globalen Wirtschaftsaussichten wurden stark zurückgeworfen, vor allem wegen der russischen Invasion in der Ukraine„, schreibt IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas am Dienstag. Die Weltwirtschaft habe sich vor dem russischen Angriff auf die Ukraine noch nicht richtig von der Corona-Pandemie erholt. Im Vergleich zur Januar-Prognose hat der IWF seine Prognose für das globale Wachstum sowohl für 2022 als auch für 2023 auf 3,6 Prozent nach unten korrigiert.
Vor allem in Europa rechnet der IWF nun mit geringeren Wachstumsraten sowie schweren Rezessionen in Russland und der Ukraine. Russlands Wirtschaft wird demnach 2022 um 8,5 Prozent einbrechen und 2023 noch einmal um 2,3 Prozent schrumpfen. 2021 hatte sie noch 4,7 Prozent zugelegt. Für die Ukraine rechnet der IWF mit einer Rezession von mindestens 10 Prozent.
Für Deutschland rechnet der IWF für 2022 mit einem Wachstum von 2,1 Prozent – das ist die niedrigste Rate aller europäischen Länder, die der IWF untersucht hat. Im kommenden Jahr 2023 soll das Wachstum in Deutschland aber auf 2,7 Prozent steigen, während Frankreich und Italien deutlich langsamer wachsen. Langfristige Prognosen sind allerdings naturgemäß höchst unzuverlässig.
Bundesfinanzminister Christian Lindner hat die gesenkte Konjunkturprognose des IWF als ein „weiteres Warnsignal“ bezeichnet. „Weniger Wachstum in Verbindung mit steigender Inflation ist eine gefährliche Kombination“, sagte der FDP-Politiker am Dienstag in Berlin. Es gebe ökonomisch kein „einfaches Weiter so“.
Gourinchas zeichnet in seinem Beitrag ein düsteres Bild einer inflationären Entwicklung: „Der Krieg ergänzt die Reihe von Angebotsschocks, die die Weltwirtschaft in den letzten Jahren getroffen haben. Wie seismische Wellen werden sich seine Auswirkungen weit und breit ausbreiten – über Rohstoffmärkte, Handel und finanzielle Verbindungen. Russland ist ein wichtiger Lieferant von Öl, Gas und Metallen sowie zusammen mit der Ukraine von Weizen und Mais. Das verringerte Angebot dieser Rohstoffe hat ihre Preise stark in die Höhe getrieben. Am stärksten betroffen sind Rohstoffimporteure in Europa, dem Kaukasus und Zentralasien, dem Nahen Osten und Nordafrika sowie Subsahara-Afrika. Aber der Anstieg der Lebensmittel- und Kraftstoffpreise wird Haushalte mit niedrigem Einkommen weltweit treffen, einschließlich in Amerika und dem Rest Asiens.“