Tichys Einblick
Bundesbauministerin

Geywitz ist gegen Eigenheime, die sich ohnehin bald keiner mehr leisten kann

Bauministerin Klara Geywitz hat recht: Noch mehr Einfamilienhäuser zu bauen, ist nicht sinnvoll. Aber vermutlich werden ohnehin schon bald nur noch wenige Menschen sich leisten können, neue Häuser zu bauen. Wir werden lernen, mit dem Vorhandenen auszukommen.

IMAGO / snapshot

Ja, weg damit! Weg mit diesen umweltschädlichen und vor allem mein ästhetisches Empfinden unsäglich verletzenden Einfamilienbunkern, weg mit Architektenträumen auf grüner Wiese und Miniaturpalästen neben der Pferdewiese, fort mit totgedämmten Fertigbehausungen und als Spardosen missverstandenen Niedrigenergievillen. Ich will freie Sicht bis zur Nordsee, dammich!

Insofern muss ich der zu ihrem Glück bislang nicht sonderlich aufgefallenen Bauministerin Klara Geywitz umfänglich recht geben: Es sei „ökonomisch und ökologisch unsinnig“, wenn jede Generation neue Einfamilienhäuser baue, meint die SPD-Politikerin. Anfangs werde noch zu fünft auf 150 Quadratmetern gewohnt, „aber dann ziehen die Kinder aus – und das Haus schrumpft in dem Moment nicht“.

Baut schrumpfende Häuser?

Seit den Fünfzigerjahren seien in Deutschland Hunderttausende Einfamilienhäuser gebaut worden. „In denen leben meist keine Familien mehr, sondern ein oder zwei Senioren.“ Und die irren nächtens durch die völlig unnötigen und womöglich überheizten Quadratmeter, einsam und orientierungslos.

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Es müsse anders gebaut werden, sagt die Ministerin – mit kleineren Wohnflächen, aber größeren Gemeinschaftsflächen. „Aber wir werden keine Vorschriften machen, wie viel Quadratmeter eine Wohnung haben darf. In anderen Bereichen setzen wir auf Reparieren statt Wegwerfen oder Teilen statt Besitzen. Wenn wir die Klimaschutzziele erreichen wollen, brauchen wir auch ein Umdenken im Wohnbereich, also mehr gemeinsam statt ›Alles meins‹.“

Gutes Wohnen, mehr gemeinsam als einsam! Gemeineigentum hat ja schließlich schon mehrmals nicht geklappt. Einfamilienhäuser sind, da hat die Ministerin recht, Umweltsünder, auch in gedämmtem und energieniedrigem Zustand. Was waren das doch für umweltschonende Zeiten in der DDR, als „unsere Menschen“ in Plattenbauten hausten, in denen die Heizung nur per Lüftung zu regulieren war. (Wohl deshalb gab es damals auch kein Corona!).

Und sagen wir jetzt nichts über „Klimaschutz“ und die entsprechenden Ziele. Denn in vielem hat Frau Geyrich recht. Es hört sich durchaus sinnvoll an, den Altbestand umzubauen, als ständig neu zu bauen. Nur dürfte das nicht in allen Fällen funktionieren. Denn die seit den 50er Jahren entstandenen Menschengehäuse haben meist weder Schönheit noch Substanz, weshalb sie höchstens ein Familienleben aushalten. Sie sind gesichts- und geschichtslos und schon deshalb als Jahrhunderte überdauernder Familiensitz nicht zu gebrauchen. Wie ja auch so manche Familie noch nicht einmal ein paar Jahre überdauert.

Denn, mal ganz ehrlich: welche Familie denkt heute noch beim Bau eines Eigengehäuses an dessen Zukunft? Wer baut schon noch für die Ewigkeit?

Nun: unsere Vorfahren, jene, die sich ein Haus leisten konnten, jedenfalls. Und, jawohl, auch jene, die in den Städten Miethäuser errichteten. Denn wo wohnt heute der grüne Mittelstand? Am liebsten in einer Etage der herrlich großen städtischen Altbauwohnungen, gern auch allein, so eine gepflegte Bibliothek und Schallplattensammlung braucht halt Platz.

Nun, die meint die Ministerin nicht. Doch wen genau? Und wer baut heute mit Holz und Lehm, wie es Frau Gleywitz auch aus klimatischen Gründen bevorzugt? „Für die Verbesserung der CO2-Bilanz des Gebäudesektors ist Holz eine super Möglichkeit, man kann auch mehrgeschossig damit bauen.“ Klar – sofern nicht die Chinesen gerade wieder alles Holz weggekauft haben.

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Und doch: recht hat sie. Denn wie ich aus eigenem Erleben sagen kann: In Häusern aus Holz und Lehm herrscht ein ausgesprochen gutes Klima. Schon deshalb wäre ich für ein Recycling alter Fachwerkhäuser, wie es in den 60er Jahren nach dem großen Bauernsterben à la mode war. Denn auf dem Land verfallen die Dörfer, während ringsum die Neubausiedlungen wachsen – ohne Ortskern, ohne Kirche, ohne eines der (allerdings meist abscheulichen) Dorfgemeinschaftshäuser, ohne Thingplatz oder Dorfkneipe. Nur Menschen mit viel Geduld und ausreichend Geld machen sich an die Arbeit, die alten Fachwerkhäuser stilgetreu zu restaurieren und wenigstens einen Hauch dörflichen Lebens wiederzubeleben.

Was das betrifft, wäre „Reparieren statt wegwerfen“ eine gute Idee. Auch die Sache mit der staatlichen Unterstützung solcher Vorhaben.

Doch da stocken wir schon. Unser Steuergeld gibt der Staat gerade woanders aus. Wir werden uns künftig wohl ohne staatliche Unterstützung in leise vor sich hin sterbenden Altbauten einrichten müssen, da kaum einer für einen Neubau noch Geld haben wird. Und wer kann heute noch reparieren?

Aber wer weiß. Not beschleunigt Lernprozesse. Wir werden lernen, mit dem Vorhandenen auszukommen.


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