Der nächste Skandal um Regierungschefin in Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, und ihre »Stiftung Klima- und Umweltschutz in Mecklenburg-Vorpommern« nimmt an Fahrt auf. Dokumente enthüllen jetzt, wie sehr Moskau die Strippen jener Stiftung zogen, die offenbar nur einen Zweck hatte: Die Sanktionen der USA zu umgehen und dafür zu sorgen, dass die Nord-Stream-2-Pipeline fertig gestellt werden konnte – nach außen notdürftig als Umweltschutzstiftung kaschiert.
Rücktrittsforderungen an Ministerpräsidentin Schwesig werden nun immer lauter, die Opposition in Mecklenburg-Vorpommern fordert im Landtag einen Untersuchungsausschuss. Gefragt wird auch nach der Verantwortung der Bundesregierung, insbesondere der von Kanzler Olaf Scholz, der zu dem Zeitpunkt noch Bundesfinanzminister war.
»Wir sollten versuchen, die Stiftung mit einem Augenzwinkern als ‚smarte Antwort‘ auf das Hardliner-Gebaren der USA zu positionieren«
Diese Unterlagen offenbaren, wie sich die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern unter Ministerpräsidentin Schwesig zu Handlangern von Gazprom gemacht hat. Dabei gab sogar die Nord-Stream-Gesellschaft der Landesregierung vor, was zu tun ist. Gazprom ist der verlängerte Arm von Russlands Präsident Putin. Manuela Schwesig und ihre Staatskanzlei stehen sprichwörtlich da wie Marionetten des Kreml, Schwesig gewissermaßen als Avon-Beraterin in Sachen Pipeline. Als Beispiel führt die Welt ein Dokument des »Communications Managers Germany« an, demzufolge der Nord-Stream-2-Öffentlichkeitsbeauftragte detaillierte Anweisungen an den damaligen Energieminister Christian Pegel und Ex-Staatskanzleichef Heiko Geue (SPD), heute Landesfinanzminister, geschickt hat.
Schwesig bat um Argumentationspapier, um russlandkritische Stellungnahmen beantworten zu können
In einem Schreiben vom 25. November 2020 heißt es: »Wir sollten versuchen, die Stiftung mit einem Augenzwinkern als ‚smarte Antwort‘ auf das Hardliner-Gebaren der USA zu positionieren«.
Was Augenzwinkern bedeutet, ließ auch die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel erkennen. Als der frühere US-Präsident Donald Trump bei einem Treffen vor der einseitigen Abhängigkeit von Erdgaslieferungen aus Russland warnte, grinste sie herablassend.
In einem weiteren Dokument gibt Nord Stream der Landesregierung Tipps und Tricks zur Verwirrung der Öffentlichkeit. Mitarbeiter von Nord Stream sollten bei der Stiftung angestellt sein, tatsächlich aber bei der Fertigstellung von Nord Stream 2 mitarbeiten. Ministerpräsidentin Schwesig bat ferner um ein Argumentationspapier, um missliche Presseanfragen mit direkt in Russland formulierten Textblöcken begegnen zu können.
Gute Kontakte zu Altkanzler Schröder
Am vergangenen Freitag ordnete das Landgericht Schwerin an, dass die Stiftung Fragen von Journalisten zu Hintergründen und Finanzierung beantworten müsse. Stiftungsvorstand ist wiederum Erwin Sellering (SPD), ehemaliger Ministerpräsident von Mecklenburg Vorpommern, der ankündigte, gegen dieses Urteil des Landgerichts Einspruch einzulegen.
Immer mit dabei: sowohl der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder und vor allem der Ex-Stasi-Mann und Putin-Freund Matthias Warnig. Wie Bild berichtete, trafen sie sich mit Schwesig im September 2020 zum Abendessen in Heringsdorf.
Die Stiftung wurde im Januar 2021 erstaunlich schnell anerkannt. In der Kasse: 20 Millionen Euro. Erst im April 2021 überwies das Land Mecklenburg-Vorpommern seinen »Anteil« in Höhe von 200.000 Euro, als die Stiftung bereits ihre Arbeit aufgenommen hatte. Genauso schnell hat jetzt Stiftungsvorsitzender Erwin Sellering die Reißleine gezogen: »Die Stiftung hat aus dem Angriffskrieg Russlands und dem Aus des Bundeskanzlers für Nord Stream 2 sofort Konsequenzen gezogen. Die Stiftung hat umgehend jede Tätigkeit für die Pipeline eingestellt und wickelt den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ab«, so der ehemalige Ministerpräsident Mecklen-burg-Vorpommerns.
Ex-Ministerpräsident Sellering sieht keine Möglichkeit, die Stiftung schnell aufzulösen
Nur liegen da noch jene 20 Millionen Euro, die wem gehören? Eigentlich Gazprom.
»Allerdings sehen wir kritisch, dass wir jetzt auch die wichtige Arbeit im Klima- und Umweltschutz einfach einstellen sollen. Das erscheint sinnlos, weil es – anders als das „Aus“ für die Pipeline – keinerlei Wirkung hätte auf Putin-Russland und seine Fähigkeit, diesen Krieg fortzusetzen.«
Der studierte Jurist Sellering wehrt sich gegen Anwürfe, die Stiftung nicht schnell genug aufzulösen: »Es hat deshalb auch keinen Sinn, ständig öffentlich die Forderung zu erheben, wir sollten die Stiftung auflösen. Wir sind aus Rechtsgründen gehindert, diesen Wunsch zu erfüllen. Zumal dies einem klar rechtswidrigen Verhalten entspräche, welches ein großes persönliches Haftungsrisiko bedeuten würde«.
»Wer für sich einen Weg sieht, wie er die Stiftung auflösen kann, sollte das tun und dann auch die Rechtsfolgen selber tragen«, heißt auf der Webseite. Sellering wurde im August 2017 mit dem russischen Orden der Freundschaft ausgezeichnet; man muss nicht lange raten: SPD-Mann.
Streit zwischen Schwesig und Sellering
Mittlerweile haben sich der Vorstandsvorsitzende der Stiftung Sellering und Schwesig heftig in die Wolle bekommen. Während die Landesregierung unter dem Druck der Ereignisse nach Informationen des Nordkurier die Stiftung wie eine zu heiß gewordene Kartoffel möglichst schnell fallen lassen wollen, stellt sich Sellering dem entgegen.
Als Bundesfamilienministerin hatte sie 2014 rasch nach Amtsantritt dafür gesorgt, dass das Programm ihrer Vorgängerin Kristina Schröder gegen Linksextremismus gestrichen wurde. Das Problem des Linksextremismus sei »aufgebauscht« worden. Sie versorgte dagegen das Programm „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ mit erheblichen Staatsmitteln.
Der Skandal könnte nach Berlin überschwappen
In Mecklenburg-Vorpommern fordert jetzt die Opposition im Landtag einen Untersuchungsausschuss und CDU-Generalsekretär Mario Czaja eine Aufklärung der Vorgänge durch die Bundesregierung.
»Frau Schwesig müsste meiner Meinung nach zurücktreten, weil sie sich sehr loyal zu Gazprom verhalten hat«, so Welt-Redakteurin Anette Dowideit, »und nicht loyal gegenüber den Wählern und der Öffentlichkeit«.
Der Skandal bleibt vermutlich nicht nur auf Schwerin beschränkt, sondern dürfte auch nach Berlin überschwappen. Auch an Olaf Scholz wird die Frage gestellt, welche Verantwortung und welche Rolle die Bundesregierung dabei spielte. Denn Merkel als damalige Kanzlerin und Olaf Scholz als damaliger Finanzminister wussten natürlich über das Projekt Bescheid, die Bundesregierung wurde vier Tage vor Gründung der Gesellschaft informiert.