Tichys Einblick
Französische Präsidentschaftswahl

Vertrauensvorsprung für Macron

Macron hat mit einem deutlichen Vorsprung vor Le Pen beim ersten Wahlgang gewonnen. Die großen Verlierer des Abends sind die einstigen Volksparteien. Sollte Macron auch den zweiten Wahlgang gewinnen, muss sich das rechte Lager in Frankreich neu aufstellen - am besten mit einer neuen Führung unter Marion Maréchal.

IMAGO / PanoramiC

Da gibt es nicht viel zu beschönigen: die Franzosen haben ihrem amtierenden Staatspräsidenten beim ersten Wahlgang den Rücken gestärkt. Ob Gelbwesten, Islamistischer Terror, brennende Kirchen oder außenpolitische Rückschläge: Douglas Murray hatte Macrons Amtszeit nicht ohne Grund einen „beklagenswerten Fehlschlag“ genannt. Das Prestige der stolzen Nation hatte international gelitten. Doch von all diesen schmerzhaften Erfahrungen war heute Abend nichts zu spüren. Fast 30 Prozent der Wähler sammelten sich kompromisslos hinter Macron.

Der Abstand zwischen Macron und Le Pen ist sogar größer als der im Jahr 2017. Das sind auf den ersten Blick keine guten Aussichten. Doch auch Le Pen hat ihr Ergebnis leicht verbessern können: um 3 Prozentpunkte. Zudem hatte es während der Wahlkampagne Phasen gegeben, in denen es deutlich schlechter aussah. Die Chefin des Rassemblement National sollte man daher nicht komplett abschreiben.

Mélenchon ruft dazu auf, Le Pen keine Stimme zu geben

Doch es wird schwierig für sie – und das nicht nur bei diesem Wahlkampf. Denn Zünglein an der Waage sind nun die Wähler des linksradikalen Jean-Luc Mélenchon, der rund 20 Prozent der Stimmen holte. Er ist Antiglobalist und EU-Gegner wie Le Pen. Einige seiner Wähler dürften daher wenig Sympathie für Macron empfinden. Theoretisch könnte Mélenchon Le Pen unterstützen, die als sozialkonservative Etatistin für viele Linke weniger abschreckend erscheint, als man denkt. Doch Mélenchons Ankündigung ist klar: keine einzige Stimme für Le Pen.

Erste Runde der Präsidentschaftswahlen
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Mit Sicherheit dürften die meisten von Mélenchons Anhängern in zwei Wochen zuhause bleiben. Doch damit stellt sich die Frage, woher die entscheidenden Stimmen für Le Pen herkommen sollen. Éric Zemmour hat zwar bereits dazu aufgerufen, die Konkurrentin im zweiten Wahlgang zu wählen – doch das reicht nur für ein starkes Ergebnis, nicht für einen Sieg. Nach Jahren der Reform ihrer eigenen Partei, Offerten Richtung Mitte und einem Kurs, der mittlerweile von einigen Wählern als Anbiederung verstanden wird, könnte nach der verlorenen Wahl Le Pens eigene Zukunft zur Disposition stehen.

Dass ihre Nichte Marion Maréchal lieber mit Zemmour zusammenarbeitete, zeigt, dass das rechte Lager in Frankreich während einer zweiten Amtszeit Macrons eine gründliche Neuorientierung braucht. Das Potenzial zum Sieg ist offenbar da, wird aber derzeit noch verschenkt. Trotz allem ist es die französische Rechte, die weiterhin die größten Chancen hat, in Zukunft die Wachablösung im Élysée-Palast zu vollziehen. Dazu sind auch Personalwechsel an der Spitze unerlässlich. Maréchal wäre dafür die beste Option, um das zerstrittene Lager zu einen und als charismatische junge Frau anzuführen.

Die Parteien, die Frankreich 60 Jahre dominiert haben, sind im Erdboden versunken

Während die Zukunft Le Pens und ihrer Partei noch offen ist, kann man das von anderen Konkurrenten nicht sagen. Die beiden Parteien, die sechs Jahrzehnte lang das Schicksal Frankreichs bestimmten, bekommen zusammen auf weniger als sieben Prozent. Besonders bitter ist das Ergebnis für die Republikanerin Valérie Pécresse. Ihre Partei hatte bei der letzten Wahl mit 20 Prozent noch in Schlagreichweite zu Macron und Le Pen gelegen. Nun geht sie denselben Weg wie die Sozialisten vor ihr. Deren Vertreterin Anne Hidalgo rief ihr Häuflein von 2 Prozent dazu auf, Macron zu unterstützen.

Stattdessen bestätigt sich das Bild aus den Umfragen. Frankreich ist zwar in vielerlei Hinsicht gespalten, aber in einer Sache einiger, als man denkt. Mit Le Pen, Mélenchon und Zemmour besteht eine absolute Mehrheit von Anti-EU-Kräften, die deutlich zeigt, dass Macron keinesfalls den Typus abbildet, den die Franzosen eigentlich wollen. Daran können auch Yannick Janot und die Grünen, die rund 5 Prozent erreicht haben, nicht hinwegtäuschen. Das ist ein Zündstoff, der zusammen mit den sozialen, demographischen, religiösen und migratorischen Faktoren auch die nächsten fünf Jahre des westlichen Nachbarlandes begleiten dürfte, selbst wenn Macron den zweiten Wahlgang für sich entscheidet.

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