Die Antwort auf die Frage scheint leicht: Weil in Nordrhein-Westfalen eine Wahl bevorsteht. Weil Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) ohnehin mit der Abwahl rechnen muss. Und weil man in einer solchen Situation etwas machen muss. Irgendwas. Im Fußball werden dann Trainer entlassen, in der Politik umstrittene Ministerinnen. Soweit der Rücktritt von Heinen-Esser.
Aber warum sitzt Anne Spiegel fest im Amt? Obwohl ihr Versagen während der Flutkatastrophe an der Ahr viel größer war. Ihre Fehler unmittelbar den Tod von Menschen verursacht haben: Falsch über die drohende Gefahr der Flut berichtet; wider besseren Wissens diesen Fehler nicht korrigiert und trotz dieser Gefahrenlage abgetaucht, um ein Abendessen ruhiger genießen zu können.
Die Medien in Deutschland sind in einer großen Mehrheit links-grün. Da ist vor allem der mit über 8 Milliarden Euro staatlichen Zwangsgeldern finanzierte öffentlich-rechtliche Rundfunk, der aus seiner fehlenden Neutralität kein Geheimnis macht. Dessen Vertreter lediglich versuchen, sich mit Schlagwörtern wie „Haltungsjournalismus“ oder „False Balance“ die fehlende Objektivität schönzureden. Hinzu kommen alteingesessene Zeitungen wie die Süddeutsche Zeitung, die aus ihrer linken Schlagseite ebenfalls kein Geheimnis macht. Zu Heinen-Esser titelte die SZ: „Umweltministerin Heinen-Esser hat sich unmöglich gemacht.“ Mit Spiegel ging die SZ deutlich gnädiger um: „Glück gehabt“, schrieb die SZ und meinte die Ministerin der Farbe ihrer Wahl – und nicht die 134 Toten, die Anne Spiegel auf dem politischen Gewissen hat.
Nun kann man das positiv sehen: Ein Sebastian Kurz hält es nicht für vereinbar mit der Würde des Amtes, wenn der Inhaber einem Korruptionsvorwurf ausgesetzt ist. Ein Olaf Scholz bewirbt sich mit solchen Vorwürfen im Rücken überhaupt erst um das Amt. In der SPD kein Problem. Die Sozialdemokraten haben ohnehin keine Probleme mit der moralischen Deformation eigener Kandidaten – oder Kandidatinnen. Nachdem bekannt wird, dass Franziska Giffey bei ihrer Doktorarbeit betrogen hat, macht die SPD sie zur Frontfrau in Berlin.
Wobei auch die Grünen ein Grund dafür sind, dass Anne Spiegel selbst mit 134 Toten im moralischen Gepäck bleiben darf. Die Pfälzerin ist wichtig für die Statik der Partei. Die vergibt ihre Ämter nicht nach Eignung der Kandidaten, sondern nach der Frage, ob die Kandidaten vorgegebene Quoten erfüllen. Anne Spiegel ist links und Frau, damit gehört sie zu zwei Gruppen, denen die Grünen mehr Positionen zugestehen wollen, als dass qualifiziertes Personal aus diesen grünen Reihen kommt. Deswegen leisten sich die Grünen weiterhin Anne Spiegel, trotz der 134 Tote, für die sie verantwortlich ist.
Doch es ist nicht nur Pragmatismus, der Anne Spiegel von Seiten der Grünen im Amt hält. Es ist auch die Folge einer grundsätzlichen Einstellung. Das betrifft im politischen Kommunikations-Apparat den Sender, in dem Fall grün-linke Funktionäre – aber auch den Empfänger, grün-linke Wähler. Grün-Rote machen keine Fehler: Wenn sie besoffen gegen eine Wand fahren, ist das Haus an der falschen Stelle gebaut worden. Dann braucht es als Konsequenz vielleicht eine Änderung der Bauordnung, eine Kampagne gegen Alkoholismus oder ein allgemeines Fahrverbot. Aber niemals würde der Rot-Grüne seinen Fehler eingestehen oder freiwillig den Führerschein zurückgeben.
Der politische Kommunikations-Apparat krankt, wenn eine Versagerin wie Anne Spiegel im Amt bleiben kann. Die entscheidende Stelle sind die Medien. Sie haben zu großen Teilen das Neutralitätsgebot aufgegeben, das ihnen eine Sonderstelle als Vierte Gewalt in der Demokratie einräumt. Ihr Versagen wirkt sich verheerend auf die politische Statik aus. So lange das aber so ist, liegt es auch an konservativen Politikern dagegenzuhalten und eben nicht bei jedem Shitstorm einzuknicken. Die Manipulationsmacht grün-linker Medien ist stark – aber sie hat Grenzen, wie diese Woche gezeigt hat.