Tichys Einblick
Einsicht ohne Entschuldigung

Bei Illner: „Wir sind der viertgrößte Waffenexporteur der Welt, aber Dänemark überholt uns“

Bei Illner wird Donald Trump indirekt rehabilitiert. Katarina Barley wusste mal wieder von nichts – und hat einen Schuldigen gefunden: Viktor Orbán. Die Illner-Sendung ohne Illner nähert sich der Realität an, verpasst sie dann aber doch deutlich.

Screenshot ZDF: MAybrit Illner

Maybrit Illner lässt sich noch immer wegen ihrer Corona-Erkrankung entschuldigen und gerade als Marietta Slomka sich als die Vertretung in der Sendung vorstellt, hustet einer der Gäste aus dem Off. Wäre das eine Corona-Sendung, wäre das Comedy, aber es geht wieder mal um die Ukraine – und wenn man lauscht, dann hört man neben dem Huster auch aus der Ferne das bitterliche Weinen von Karl Lauterbach. Traurig, diese Schicksale von Fernseh-Sternchen.

Vielleicht sehen wir den aber bald wieder, denn Maybrit Illner bekommt ihre Fernsehpause gar nicht gut. Nicht gesundheitlich, sondern vom Image her. Schon letztes Mal waren die Zuschauer von ihrer Vertretung schwer begeistert, und dieses Mal muss Illner mächtig auf Twitter einstecken – t-online widmet ihrer Stellvertreterin sogar einen eigenen Kommentar. Vielleicht tun sich die beiden Verstoßenen Illner und Lauterbach also bald zusammen.

„Wie groß ist die Gefahr, dass hier ungewollt ein Weltkrieg entfesselt wird?“, beginnt Slomka die Sendung. Beim ZDF ist es ein bisschen wie bei amerikanischen Actionfilmen – unter der absoluten Weltuntergangs-Armageddon-Katastrophe machen sie’s nicht.

Wie lange kann sich Putin noch halten?
Warum schon mehrere russische Generäle gefallen sind
Norbert Röttgen ist im Studio. Er sagt: „Die Schweden, das sind zehn Millionen, haben 5.000 Panzerfäuste versprochen und auch geliefert.“ Die Dänen hätten 2.700 geliefert – „Und wir kommen nicht nach!“ Er bringt es auf den Punkt: „Wir sind die viertgrößte Volkswirtschaft, wir sind der viertgrößte Waffenexporteur der Welt, aber Dänemark überholt uns. Es hängt an Deutschland, nicht an Ungarn.“ Die Rolle seiner Partei, der CDU, an dem Schlamassel überspielt er dabei natürlich gekonnt.

Unsere Politiker wollten wieder mal ihre typische Show abziehen: Lippenbekenntnisse, aber nichts dahinter. Damit, dass die Ukraine überhaupt lange genug standhält, alle Solidaritätsbekundungen auch einzufordern, haben sie nicht gerechnet.

„Unsere Art zu leben“

Die aus Brüssel zugeschaltete Vizepräsidentin des EU-Parlaments Katarina Barley macht auch direkt vor, was an der deutschen Kommunikation falsch läuft. Barley wiederholt immer wieder, dass dieser Krieg auch ein Krieg gegen den Westen ist. Dass er damit „unsere Art zu leben“ (die wir uns ja bekannterweise nicht nehmen lassen) mitsamt unserem Rechtsstaat, unserer Freiheit und unserer Demokratie angreift. Dass wir nicht sicher sein können, wen Putin als Nächstes überfallen könnte. Dann wird sie aber gefragt, ob ihre rote Linie denn bei dem Einsatz von Chemiewaffen verläuft – und da stammelt sie so vor sich hin. Eigentlich erwartbar, denn die SPD hat sich ja von roten Linien losgesagt …

Trotzdem zeigt es, wie unsere Regierung kommuniziert. Wir könnten sagen, dass wir neutral sind und gar nichts machen, oder dass unsere Partner in der Ukraine angegriffen werden und wir ihnen helfen, oder sogar, dass wir an Nord Stream hängen und zu Russland halten – das wären alles zumindest klare Positionen gewesen. Aber zu sagen: Mit dem Angriff hat Putin uns höchstpersönlich angegriffen, wir könnten morgen alle tot sein, aber wehren werden wir uns nicht, viel Glück euch noch – das ist einfach irre.

Versuch einer Analyse
Wo ist der Ausweg aus Putins Krieg?
Barley, die ja als originale SPD-Politikerin immer als eher russlandnah galt, macht jetzt auf Oberputinfeindin. Und sie hat einen neuen Schuldigen gefunden: „Orbán war ja sehr nahe an Putin dran!“, kritisiert sie. Ungarn sei „der unsichere Kantonist“ in der geschlossenen EU.

Die Sendung macht dann noch einen kleinen, bemerkenswerten Abstecher zum Thema Abschreckung. Die Politiker in der Runde geben zu, dass es falsch war, von vornherein anzukünden, was man alles nicht tun wird. Die Experten stellen derweil fest, dass die Waffe an der Atomwaffe nicht die Bombe selbst, sondern die Angst davor ist. Daher müsse man immer so unberechenbar und verrückt genug rüberkommen, dass Putin sich nie sicher sein kann.

Tja, an wen genau erinnert uns das denn? – Stichwort: Mein Atomknopf ist größer als deiner, Rocket Man. Jahrelang haben unsere Politiker sich über den verrückten Kauz im Weißen Haus echauffiert – und müssen jetzt einsehen, dass sie vielleicht doch gar nicht so klug waren, wie sie sich immer vorgekommen sind. Mit Donald hätt’s das nicht gegeben!

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