Tichys Einblick
Haushaltsdebatte

Lauterbach: „Long Covid wird zu den wichtigsten chronischen Erkrankungen gehören“

Gesundheitsminister Karl Lauterbach sorgt auch in der Haushaltsdebatte für Aufsehen: „Es gibt keinen Freedom Day, es gibt keinen Grund, hier nachzulassen.“

IMAGO / Political-Moments

„Kein Tag ohne Lauterbach“ könnte es zum Motto von Politik und Medien bringen. Nach Impfpflicht und Infektionsschutzgesetz stand am Donnerstag der Einzelplan für das Gesundheitsministerium auf der Tagesordnung. Lauterbach blieb dabei im bekannten Modus: Mahnungen vor zu vielen Freiheiten; Warnungen vor drohenden Szenarien; Forderungen nach der Impfpflicht.

Der Einzelplan sei vorher fast nur „halb so groß“ gewesen, wie er nun sei. Nun überschreite man aber sogar den Einzelplan des letzten Jahres. Man gebe „deutlich mehr Geld aus“. Lauterbach erklärt anschließend nicht wofür, sondern stellt die rhetorische Frage: „Lohnt sich das?“ Und natürlich ist die lange Antwort eine Verteidigung der Gesundheitspolitik des Gesundheitsministers, der in den 100 Tagen seiner Gesundheitspolitik deutlich mehr im Rampenlicht steht als Jens Spahn in der Hochphase der Pandemie.

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Dennoch darf man ein weiteres Kunststück nicht unerwähnt lassen: Denn die höheren Ausgaben seien der Grund, weshalb Deutschland eine verhältnismäßig geringere Sterblichkeit hätte, trotz der größeren Gruppe von Ungeimpften in der Altersgruppe über 60 Jahren. Ja, Sie haben richtig gelesen. Die Erklärung, dass in Deutschland trotz Panikdauerschleife weniger Menschen sterben, hat nicht etwa damit zu tun, dass die Krankheit milder verläuft (so sehen das etwa Spanien, Dänemark oder Großbritannien), sondern, weil Lauterbach so viel Geld ausgibt. Auf diesen Erfolg ist Lauterbach „stolz“.
Lauterbach: „Es gibt keinen Freedom Day“

Dann die bekannten Durchhalteparolen: Man müsse zusammenstehen, nicht nachlassen, es könne so lange keinen „Freedom Day“ geben. „Es gibt keinen Freedom Day, es gibt keinen Grund, hier nachzulassen.“ Die Länder rief er dazu auf, das Infektionsschutzgesetz zu „nutzen“, es gebe zahlreiche Regionen mit Überlastungen. Er bedankte sich ausdrücklich bei der Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern, die ihren rigiden Corona-Kurs beibehält.

Dann kam Lauterbach doch noch zu den Kosten: vor allem Impfstoffe, aber auch Arzneimittelkosten und „Bürgertests“. Während andere Länder sich noch wundern, warum Deutschland im Testwahn bleibt, sprach Lauterbach von „sinnvollen Kosten“, man „verschwende nichts“. Corona-Schnelltests sollen bekanntlich noch bis Ende Mai kostenfrei bleiben.

Dann kam Lauterbach auf die Krankenkassen zu sprechen und die Belastungen, die durch die Pandemie entstanden seien; die Erhöhung der Krankenkassenbeiträge, die er in anderen Medien angekündigt hatte, nahm er dabei nicht auf. Stattdessen hob er einen Kostenpunkt besonders hervor: Long Covid.

Leute mit Long Covid verlören auf unbestimmte Zeit ihre Lebensqualität. „Long Covid wird zu den wichtigsten chronischen Erkrankungen in Deutschland gehören“, warnte Lauterbach, „insbesondere bei denen der mittleren Lebensphase.“ Allein deshalb müsse man gegen die hohe Inzidenz ankämpfen, das könne man nicht akzeptieren.

„Es gibt nur einen Weg, diese Pandemie zu beenden, gehen Sie ihn mit mir!“

Es sei die Impfung, die am sichersten vor Long Covid schütze. Danach appellierte Lauterbach direkt an die Ungeimpften, sich wenigstens einmal spritzen zu lassen, um das Risiko zu minimieren. Es sei besonders jetzt, vor der „Sommerpause“, schlecht, sich noch anzustecken. Im Herbst ginge alles wieder von vorne los, man werde dieselben Debatten über Schutzmaßnahmen, Maskenpflicht für Kinder und Infektionsschutz führen.

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„Es gibt nur einen Weg, diese Pandemie zu beenden, gehen Sie ihn mit mir! Dieser Weg, der Weg aus der Pandemie heraus, ist die allgemeine Impfpflicht!“ Man habe es damit in der Hand, die Pandemie dieses Jahr „zu beenden“. Starke Worte: Kein anderes europäisches Land hat bisher eine Impfpflicht gebraucht, um „aus der Pandemie“ zu kommen, ganz abgesehen davon, dass eine global stattfindende Seuche nicht davon beendet wird, weil ein einziges Land sich impfen lässt.

Man dürfe nicht warten, diese Gelegenheit nicht verstreichen lassen, so Lauterbach weiter: Man habe Impfstoffe, und man wisse, welche Varianten zu erwarten seien – auch das ist verwunderlich, hat Lauterbach in der Vergangenheit doch gerade darüber spekuliert, dass unbekannte und gefährlichere Virentypen auftreten könnten.

„Noch nie war das Risiko für die Ungeimpften so hoch“, meinte dann Lauterbach zum Schluss seiner Rede. Eine einzige Impfung würde bereits nach sieben Tagen das Risiko senken, „auf der Intensivstation zu landen oder sogar zu sterben“. Vielleicht hat Lauterbach wenigstens etwas bei seinen vollmundigen Prognosen gelernt: Wir erlebten damit nur eine abgespeckte Version von „Geimpft, Genesen oder leider verstorben“.

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