Tichys Einblick
Wie lange kann sich Putin noch halten?

Warum schon mehrere russische Generäle gefallen sind

Mindestens vier russische Generäle sind in der Ukraine gefallen. Eine kaum vorstellbare Unzulänglichkeit der russischen Armee soll es den Ukrainern ermöglicht haben, diese hochrangigen Kommandeure auszuschalten. Zur Schwächung der militärischen Führung hat Putin selbst beigetragen.

Zerstörtes Panzerfahrzeug in Mariupol, 23.3.2022

IMAGO / ZUMA Wire

Die russische Armee hat nach aktuellen Nachrichten mindestens vier Offiziere im Generalsrang in den Kämpfen in der Ukraine verloren. Das ist beim Angriffskrieg einer überlegenen Armee ungewöhnlich und schadet ihrer Handlungsfähigkeit. Die ukrainischen Verteidiger verweisen darum nicht ohne Stolz auf diese Erfolge. Bei den gefallenen Generälen handelt es sich um:

Selbst die Kommunikation zerstört

Experten rätselten, wie es sein konnte, dass ukrainische Kräfte in der Lage gewesen sind, gezielt die Kommandeure von feindlichen Einheiten ins Visier zu nehmen und auszuschalten. Wie TE nun aus für gewöhnlich gut informierten Kreisen erfuhr, soll dieser Erfolg der ukrainischen Seite durch eine fast schon unvorstellbare Unzulänglichkeit der russischen Armee ermöglicht worden sein.

Versuch einer Analyse
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Demnach kommunizierte die Invasionsarmee untereinander über das Internet, um so mittels Zerhacker die Konversation nebst Befehlserteilung für die Ukrainer zu verunmöglichen. Um wiederum sowohl die Information über das kriegsverbrecherische Vorgehen der Russen in den sozialen Netzwerken als auch die Vernetzung und Kommunikation der Ukrainer über das Internet zu behindern, galten die ersten Schläge der russischen Armee nun jedoch genau dieser Internet-Infrastruktur des überfallenen Landes.

Was Russlands Strategen nicht bedacht hatten: Auch ihre Internet-Kommunikation war auf die ukrainische Logistik angewiesen. Mit der Zerstörung der entsprechenden Infrastruktur konnte die ukrainische Seite zwar auf ein speziell hierfür von Elon Musk bereitgestelltes Satelliten-System umsteigen – doch die Russen blieben nun ohne Möglichkeit, das WorldwideWeb für ihre Kriegsführung einzusetzen. Um dennoch untereinander kommunizieren zu können, stiegen die Kommandeure auf das klassische Mobiltelefon um – noch dazu basierend auf ukrainischen Sim-Cards, wie sie vom FSB auch bei der Übermittlung der Todesnachricht Gerassimows genutzt worden war. Mit diesem Umstieg auf das ukrainische Mobiltelefon-Netz konnten die Ukrainer nicht nur mithören, was die Russen sich untereinander zu berichten hatten – es konnten auch die genauen Standorte der jeweiligen Offiziere ermittelt werden. So gelang es in mindestens zwei der bekannten vier Fälle, die Kommandeure gezielt durch Scharfschützen auszuschalten.

Putin enthauptete seine eigene Armee

Für die russische Angriffsorganisation war der Tod von mindestens vier der vermutlich 20 eingesetzten Kommandeure dieses Dienstrangs ein kaum zu ersetzender Verlust. Eine weitere und noch schwerwiegendere Attacke auf die Einsatzfähigkeit der Invasionsarmee allerdings hat Putin höchstpersönlich zu verantworten. Als der Überfall nicht, wie von ihm und seinem Umfeld erwartet, innerhalb weniger Stunden mit dem totalen Sieg endete, sondern sich entgegen der Geheimdienstberichte die Bürger der Ukraine kollektiv zusammenschlossen, um sich den Aggressoren entgegenzustellen, soll Putin weitere acht Generäle entlassen und teilweise unter Hausarrest gestellt haben. Am 14. März soll es zudem mit Roman Gawrilow den Vizechef der Nationalgarde getroffen haben – einer der ranghöchsten Offiziere der russischen Armee, dem noch eine Anklage wegen Hochverrat drohe.

Die Tatsache, dass Putin mit dem Verlauf seiner „Militäraktion“ alles andere als zufrieden ist, ist kein Geheimnis. So sucht er offenbar nach Schuldigen, denen er sein eigenes Versagen anlasten kann. Es kursieren unterschiedliche Meldungen und Informationen, welche nicht nur auf die Unzufriedenheit der in der Ukraine eingesetzten Truppen hinweisen, in deren Reihen es sogar schon zu Meuterei gekommen sein soll, weil sich die einfachen Soldaten weigern, gegen die Ukrainer vorzugehen. Auch soll es mittlerweile den Auslands-Geheimdienst FSB getroffen haben, dessen Spitze angeblich unter Hausarrest steht und von einer Hochverratsanklage bedroht ist.

Verwirrspiele im Kampf um die Macht

Einen vorläufigen Höhepunkt der Verwirrspiele um die Vorgänge hinter den Mauern des Kreml lieferte nun eine israelische Quelle. Danach habe Putin Ermittlungen gegen seinen Verteidigungsminister Sergej Shoigu einleiten lassen, weil dieser im Verdacht stehe, mit dem amerikanischen CIA zu konspirieren. Sehr wahrscheinlich ist eine solche Anschuldigung allerdings nicht: Der Halbtuwine gilt als konsequenter Vertreter russischer Weltmachtambitionen und führungsstarker Oberbefehlshaber der russischen Armee. Auszuschließen ist dennoch nicht, dass der Armeegeneral als nächster ins Blickfeld des Präsidenten gerät, wenn es um die Suche nach Schuldigen für das Ukraine-Desaster geht, denen irgendwelche absurden Anklagen drohen, um Putins Versagen zu verschleiern.

Sendung am 24.03.2022
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Längst schon hat Putin angesichts der Tatsache, dass die USA über Informationen aus höchsten Militär- oder Geheimdienstkreisen verfügen, sein Umfeld kontinuierlich verkleinert und eine Kultur des Misstrauens aufgebaut. Der Kreis der „Verräter“ scheint sich insofern einkreisen zu lassen. Da Putin bei Weitem nicht über Macht und Charisma eines Stalin verfügt, wäre es mit seiner Führung dennoch schnell vorbei, wenn sich Geheimdienste und Militär einig sind, dass der Überfall auf die Ukraine ein in jeder Hinsicht unsinniges Unterfangen gewesen ist, welches Putin persönlich zu verantworten hat.

Das im Zweifel nicht nur politische Überleben des Leningraders hängt insofern davon ab, wie lang es ihm gelingt, Kooperationen der Machtzentralen seines Umfelds durch gegenseitiges Misstrauen zu verhindern. Ob ihm dieses jedoch auf Dauer gelingen kann, wird umso fraglicher, je mehr die Köpfe in seinem Umfeld sich persönlich durch Schuldzuweisungen bedroht sehen. Tatsächliche oder erdachte Leaks wie das einer Anklagevorbereitung gegen Shoigu können insofern auch gezielt platzierte Versuche sein, die Sollbruchstellen in der russischen Führung sich überdehnen zu lassen.

Die Unruhe im Heer ist unbestreitbar

Dass die Unruhe in den Kreisen des Militärs wie der Dienste Russlands zunimmt, wird allerdings auch dadurch offenbar, dass jüngst ein Kreml-höriges Internetmedium unter Berufung auf das Verteidigungsministerium Opferzahlen der Invasionstruppen veröffentlichte, die knapp an die 10.000-Marke heranreichten. Zwar verschwanden die Zahlen kurz nach ihrer Veröffentlichung wieder und es wurde von einer „Hackerattacke“ fabuliert – doch die Zahlen, die den internationalen Erkenntnissen deutlich näher sind als jene durch den Kreml veröffentlichten, sind nun in der russischen Welt und könnten Putins Rolle unterminieren.

Gleiches gilt für die nicht mehr zu übersehenden Logistik-Probleme der Russen, deren Nachschubwege gezielt von den Ukrainern zerstört werden. Der Unmut der Truppe, gepaart mit der Erkenntnis der Militärführung, dass die Invasion ein militärischer Fehlschlag und eine politische Katastrophe ist, kann Kräfte in Bewegung setzen, die Putin beispielsweise durch eine Militärregierung ersetzen lassen. Wie wenig Shoigu von Putin tatsächlich hält, ließ er bereits angesichts des Bereitstellungsbefehls der Atomwaffen kurz aufblitzen.

Gegen Putins Zukunft spricht zudem, dass es mittlerweile vor allem sein „Dackel“ Dmitri Medwedew ist, der den Westen mit absurden Drohgebärden einzuschüchtern sucht. Bei Nato und EU allerdings setzt sich zunehmend die Auffassung durch, dass es sich bei diesen Drohungen weitestgehend um Schattenboxen handelt. So deuten beispielsweise Aufnahmen der angeblich von Russland eingesetzten Hyperschallrakete darauf hin, dass diese Flugmaschine mit Hyperschall nicht das Geringste zu tun hatte. Unabhängig davon sind nicht nur Washington und Brüssel erstaunt, in welch einem dysfunktionalen Zustand sich die russischen Invasionstruppen unübersehbar befinden.

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